Beide Stammzell-Studien
gefälscht: Hwang Woo Suk hat den bislang spektakulärsten
Fälschungsskandal der Wissenschaftsgeschichte ausgelöst
Er
hat nie den ersten menschlichen Embryo geklont, nie maßgeschneiderte
menschliche Stammzellen angefertigt: Hwang Woo Suk, einstiger Superstar unter
den Stammzellforschern, hat seine beiden Studien gefälscht.
Die beiden als bahnbrechend gefeierten Stammzell- Studien des umstrittenen
südkoreanischen Klonforschers Hwang Woo Suk sind nach Angaben seiner
Universität gefälscht worden. Hwangs Team habe nicht beweisen können, dass es
maßgeschneiderte Stammzellen für Patienten oder jemals menschliche embryonale
Stammzelllinien geklont habe. Das teilte eine Kommission der
National-Universität in Seoul am Dienstag zum Abschluss ihrer einmonatigen
Untersuchungen zu dem Fälschungsskandal um den Tiermediziner mit. Die
Kommission kam jedoch zu dem Schluss, dass Hwangs Team wie behauptet den ersten
Klonhund geschaffen habe.
Der Durchbruch beim therapeutischen Klonen ist
noch nicht erreicht
Der Ausschuss hatte bereits zuvor festgestellt, dass die Studie aus dem Jahr
2005 über patientenspezifische Stammzellen komplett gefälscht wurde. Auch die
Ergebnisse für die Studie aus dem Jahr 2004 über die Gewinnung einer
Stammzelllinie aus geklonten menschlichen Embryos seien manipuliert, hieß es am
Dienstag. Hwang und sein Team hatten im US-Fachjournal "Science"
berichtet, sie hätten als erste weltweit eine Stammzelllinie aus einem
geklonten Embryo gewonnen.
Die Ergebnisse der Kommission zerstörten endgültig die Hoffnung, dass Hwangs
Team ein Durchbruch beim so genannten therapeutischen Klonen gelungen war.
Forscher hoffen, einmal embryonale Stammzellen herstellen zu können, um damit
zerstörte Organe zu ersetzen. Die Ernsthaftigkeit der Datenfälschung erfordere
disziplinare Maßnahmen gegen alle beteiligten Personen, erklärte der Ausschuss.
"Diese Personen könnten nicht als Repräsentanten der Wissenschaft in Korea
angesehen werden."
Den ersten Klonhund
Snuppy soll Hwang allerdings wirklich
geschaffen haben.
Staatsanwaltschaft ermittelt
"Wir haben unsere eigenen Ermittlungen (in dem Fall) aufgenommen",
teilte am Dienstag ein Beamter des Büros der Obersten Staatsanwaltschaft in
Seoul mit. Die Ermittlungen sollen sich auf die Ergebnisse der Untersuchungen
der Seouler Nationaluniversität zu dem Fälschungsskandal um den Tiermediziner
stützen. Eine Komitee der Universität hatte zuvor
festgestellt, dass beide gefeierten Studien Hwangs aus den Jahren 2004 und 2005
über geklonte Stammzellen gefälscht worden seien.
Die Nachforschungen der Anklagebehörde soll sich nach
eigenen Angaben darauf richten, ob Hwangs Team bei der Verwendung von Fördergeldern
für seine Arbeiten oder bei der Beschaffung von Eizellspenden für die Forschung
möglicherweise gegen Gesetze verstoßen habe.
Seit 1998 hat die Regierung nach einem von der nationalen Nachrichtenagentur
Yonhap zitierten Bericht des Wissenschaftsministeriums an das Parlament knapp
41 Milliarden Won (etwa 34,6 Millionen Euro) für die Forschungen Hwangs zur
Verfügung gestellt. Allein im vergangenen Jahr habe Hwangs Labor 11,3
Milliarden Won erhalten. Das Ministerium hatte nach der Aufdeckung des Skandals
angekündigt, die finanzielle Förderung für Hwangs Team einzustellen.
Hescheler: Koreas Stammzell-Fälschung Schaden für gesamte Disziplin
Mit seinen gefälschten Stammzell-Studien hat der südkoreanische Klonforscher
Hwang Woo Suk nach Ansicht des renommierten Kölner Forschers Jürgen Hescheler
"der gesamten embryonalen und adulten Stammzellforschung einen
Bärendienst" erwiesen. "Es gibt da nichts zu beschönigen. Ein
Fälschungsskandal ist das Schlimmste, was in der Wissenschaft überhaupt passieren
kann", sagte Prof. Hescheler am Dienstag in einem dpa-Gespräch in Köln.
"Den größten Schaden hat er angerichtet bei den Patienten, die auf eine
baldige Therapie gehofft hatten", kritisierte der Stammzellforscher vom
Institut für Neurophysiologie an der Universität Köln. Nach einmonatiger
Unterprüfung hatten sich beide Studien des Südkoreaners, die als bahnbrechend
gefeiert worden waren, als gefälscht erwiesen.
"Hwang
hat dem hohen Erwartungsdruck mit Blick auf ein klinische Anwendung offenbar
nicht standgehalten, und er hat die Erwartungen auch selbst zu hoch
geschraubt", meinte der Kölner Experte. Eine Kommission der
National-Universität in Seoul hatte zuvor klargestellt, dass Hwangs Team nicht
beweisen konnte, dass es maßgeschneiderte Stammzellen für Patienten oder jemals
menschliche embryonale Stammzelllinien geklont habe.
Hescheler, dem 2004 ein weltweiter Durchbruch bei der
Herzmuskelzellen-Gewinnung gelungen war, sieht seine eigenen Forschungsarbeiten
durch den Skandal nicht beeinträchtigt. "Wir haben nicht auf diese Studien
aus Südkorea gebaut." Da die deutsche Gesetzgebung therapeutisches Klonen
verbiete, müsse das Kölner Team ohnehin auf alternative Techniken setzten.
DPA , Stern 10.01.06