24.02.2011 15:41 Uhr
Neues Drogenproblem in NRW-Gefängnissen: Häftlinge schnupfen Weichspüler
DÜSSELDORF Ein neues Drogenproblem breitet sich in den Gefängnissen aus. Häftlinge schnupfen eine milchige Flüssigkeit aus Nasensprayflaschen. Eine Analyse ergab nun: Es handelt sich um handelsüblichen Weichspüler. dpa
Ein neuer "Trend" in NRW-Gefängnissen: Immer mehr Häftlinge schnupfen Weichspüler. (Foto: dpa)
Die Indizien im Gefängnis
von Remscheid häuften sich: Zunächst schnellte der Bedarf an Nasenspray in die
Höhe, dann interessierte sich ein Rauschgift-Spürhund bei einer Kontrolle
auffällig für eines der Sprayfläschen und schlug Alarm. Der Inhalt war
merkwürdig milchig statt klar und kam ins Labor.
Dort war nach der Analyse dessen, was sich die Häftlinge da in die Nase zogen,
die Überraschung groß. Nicht Kokain oder Speed, nein mit handelsüblichem
Weichspüler traktieren die Gefangenen neuerdings ihre Nasenschleimhäute.
Konsum kann zum Tode führen
Den Weichspüler konnte man im Gefängnis legal erwerben, damit die Gefangenen in
den Zellen ihre Sportsachen von Hand waschen konnten. „Jetzt gibt es hier
keinen Weichspüler mehr. Unser Wasser ist ohnehin sehr weich“, sagt
Anstalts-Chefin Katja Grafweg. „Wir mussten darauf reagieren.“ Sie warnt: „Der
Konsum ist nicht ungefährlich und kann im Extremfall bis zum Tode führen.“
Inzwischen ist klar: Auch in anderen Gefängnissen wird Weichspüler als Droge
für einen schnellen Rausch missbraucht. Das NRW-Justizministerium hat jetzt
alle Gefängnisse des Landes aufgefordert zu prüfen, ob die Weichspüler aus den
Anstalten zu verbannen sind. Das bestätigte Justizsprecher Johannes Mocken am
Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.
Ähnlich zu KO-Tropfen oder Liquid Ecstasy
GBL (Gamma-Butyrolacton) heisst das neue Problem in den Gefängnissen. Er ist
verwandt mit der Gamma-Hydroxie-Buttersäure (GHB), dem Stoff, der auch als
Liquid Ecstacy, KO-Tropfen oder Vergewaltigungsdroge bekannt ist. Während die
GHB dem Betäubungsmittelrecht unterliegt, ist GBL weitgehend frei handelbar.
Die Substanz ist in einigen Weichspülern enthalten. Das muss aber offenbar
nicht sein: Beim Marktführer, dem Düsseldorfer Waschmittel-Hersteller Henkel,
betont eine Sprecherin, dass im hauseigenen Weichspüler keine GBL enthalten
sind.
Beim Industrieverband für Waschmittel in Frankfurt hört man zum ersten Mal vom
Missbrauch der Produkte, deutet aber an, dass der Stoff wohl notfalls
verzichtbar wäre. Der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren in Hamm ist der
Weichspüler-Missbrauch erst seit wenigen Tagen bekannt. Zu den Langzeitfolgen
des Konsums könne man daher noch nichts sagen.
Beim TÜV will man nun prüfen, welche Funktion die GBL im Weichspüler haben.
„Bekannt war das Problem bislang nicht.“ Je nach Ergebnis werde man die
Hersteller aber auffordern, den Stoff nicht mehr einzusetzen.
http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/region/hierundheute/art1544,1199696