1981 Vergessene
Vergiftete half mir zur Klinikskündigung
Da mein Chef im Klinikum rechts der Isar nach einer schweren
Hirnoperation unausstehlich war und alle sadistisch drangsalierte, wollte ich
dieses Treiben nicht mehr länger unterstützten.
Als mein Chef heimlich aus meinem Oberarztzimmer in der Klinik mit einem
Nachschlüssel mein Manuskript für mein neues Handbuch „Klinische Toxikologie“
aus Eifersucht geklaut hatte, wiegelten alle Ordinarien ab und meinten, da könne ich nichts machen.
Daraufhin war mir klar, dass ich gehe.
Ich las im Münchner Ärzteblatt, dass ein Internist gegenüber der Klinik
in der Maximilianstr. 56 einen Praxisteilhaber suchte. Ich sah mir das an und
unterschrieb sofort. Da ich eine Kassenzulassung hatte, konnte ich sofort anfangen
und ein Praxisschild anbringen. Nur mein Chef war mit meiner Kündigung nicht
einverstanden. Ich hatte einen unkündbaren Arbeitsvertrag. Er wollte noch lange
in Urlaub gehen und vieles anderes. Er dachte nicht daran, zu arbeiten. Ab
Anfang Januar 1981 war ich nach der Klinik in meiner Praxis. Ich wartete
sehnsüchtig auf eine Kündigungsmöglichkeit.
Anfang April rief mich ein Kollege an und sagte, seine alte Mutter hätte
eine schwere Lebensmittelvergiftung mit Durchfall und Austrocknung. Ich bot ihm
an, sie auf meiner Privatstation aufzunehmen. Er wollte es überlegen. 3 Tage
lang ließ ich mir alle neuen Patienten zeigen, aber die Lebensmittelvergiftete
alte Mutter war nicht dabei. Dann rief der Kollege wieder an und schimpfte, so
hätte er sich die medizinische Behandlung bei mir nicht vorgestellt. Nie hätte
seine Mutter in den letzten drei Tagen eine Schwester oder gar einen Arzt
gesehen, litt unter furchtbaren Durchfällen in dem noblen Privatzimmer mit
Toilette und habe nur Leitungswasser getrunken. Jetzt habe er sie wieder
heimgenommen. Ich sagte der Station, der Oberin, dem Klinik-Chef und dem
Verwaltungs-Direktor, dass entweder die für diesen Fehler verantwortliche
Schwester, die die Einlieferungspapiere ausfüllte, geht - oder ich. Natürlich wusste ich, dass nie eine Schwester entlassen wird. Emsig
belud ich mein Auto mit meinen restlichen Privatsachen und verließ am Abend
trotz vieler flehentlicher Bitten aller Verantwortlicher die Klinik, um am
nächsten Tag ganz in meiner Praxis zu stehen.
Um kein Aufsehen zu machen, wurde ich am 10.4.1981 anstandslos
freigestellt.
Als Nachfolger wurde Zilker, ein Diabetes-Spezialist
dienstverpflichtet. Er ist der Bruder des Direktors des
Bezirks-Nervenkrankenhauses Haar, kennt keine chronischen Vergiftungen („das
gibt es nicht“), sondern sieht nur psychische Krankheiten.