Thermoholz
imprägniert mit Hitze ersetzt Tropenholz
Buche
verdrängt Tropenhölzer
Neue
Verfahren machen heimisches Holz so widerstandsfähig wie Gewächse aus dem
Regenwald
Die
Angreifer sind überall, doch die Verteidigung steht: In den Tropen wimmelt es
vor Insekten und Mikroben, die Pflanzen zu schaffen machen. Bäume trotzen den
Schädlingen mit Abwehrstoffen, die sogar nach dem Absterben vor dem Vermodern
schützen. Hersteller von Gartenmöbeln setzen deshalb oft auf Tropenholz: Teak
und Palisander überdauern im Freien drei bis vier Mal länger als Fichte, Kiefer
oder Buche. Bis jetzt – denn dank neuer Verfahren könnten auf deutschen
Balkonen künftig auch heimische Hölzer stehen.
Ein
Trend, den auch Global Player wie die Ludwigshafener BASF, einer der weltweit
führenden Chemiekonzerne, vorantreiben. Dabei setzen die Forscher auf die in
den vergangenen Jahren verbesserte Behandlung mit Hitze als auch mit neuen
chemischen Stoffen. Diese vertreiben Pilze, Insekten und Bakterien – ohne
chemische Holzschutzmittel. „Mit solchen Techniken kann man sogar Buchenholz –
das schlechteste Holz, das es gibt – auf die Qualität von Teakholz anheben“,
sagt Holger Militz, Direktor des Instituts für Holztechnologie an der Universität
Göttingen.
Eine
stark steigende Nachfrage erlebt derzeit Thermoholz. Dabei werden Bretter
Temperaturen von 180 bis 240 Grad Celsius und Wasserdampf ausgesetzt. Die
sogenannten „Hydroxylgruppen“ im Inneren, die Wasser binden, verknüpfen sich.
Nach einigen Stunden im Ofen ist das Holz deutlich trockener. Mikroben können
in diesem Milieu nicht leben. Das macht auch Buchenholz, eigentlich für
Fenster, Parkbänke und Türen ungeeignet, so witterungsbeständig wie tropische
Ware.
Zudem
arbeitet das Thermoholz kaum noch. Ohne die Hydroxylgruppen quillt es weder auf
noch schrumpft es in großem Umfang. Tische und Stühle aus modifiziertem Holz
bleiben so in Form – und Lack platzt nicht ab. Mehr als 30 Unternehmen in
Europa stellen mittlerweile Thermoholz her. Der Absatz ist in den vergangenen
Jahren rapide gestiegen. 2007 lieferten die Produzenten 130000 Tonnen
Thermoholz an Schreinereien und Möbelwerkstätten – mehr als das Dreifache der
Menge von 2002. Auch die Verbraucher profitierten, sagt Wolfram Scheiding, Forscher
am Dresdner Institut für Holztechnologie. Diese wollten keine Holzschutzmittel
nutzen, aber trotzdem Naturprodukte kaufen.
Thermoholz
ist allerdings nicht frei von Makeln. Die hohen Temperaturen machen es spröde
und brüchig. Tragende Konstruktionen wie Brücken oder Schaukeln für
Kinderspielplätze sind noch ungelöste Herausforderungen. Holzforscher Scheiding
will nun in einem Forschungsprojekt die Festigkeit erhöhen, indem er Bretter
miteinander verklebt.
Nach
besseren Verfahren sucht auch der Göttinger Wissenschaftler Militz – und setzt
dabei auf Chemie. Ebenso wie Hitze fördert Essigsäureanhydrid die nötige
Vernetzung der Hydroxylgruppen. Dafür muss die Chemikalie das Holz bei hohem
Druck durchdringen. Dabei nimmt nur der Anteil der ohnehin vorhandenen
Acetylgruppen zu. Das Unternehmen Titan Wood aus Arnheim hat daraus bereits ein
Geschäft gemacht. In diesem Jahr wollen die Niederländer zwei vierspurige
Brücken aus modifizierter Kiefer bauen. Für die Firma bedeutet das Projekt
nicht nur Prestige: Es soll beweisen, dass sich die Methode für große Vorhaben
eignet.
Aber
auch hier sieht Forscher Militz, der Erfinder der Methode, noch
Verbesserungsbedarf. Weil Essigsäureanhydrid eine starke Chemikalie ist, kann
sie nur in geschlossenen Anlagen zum Einsatz kommen. Für kleine Anlagen ist das
unwirtschaftlich: Die Arbeitsschutzmaßnahmen sind zu umfangreich. Militz testet
daher einen Stoff aus der Textilindustrie. Der sogenannte Textilvernetzer
bringt Kleidung in Form, indem er die Hydroxylgruppen der Baumwolle miteinander
verknüpft. Der Stoff verbindet auf ähnliche Weise auch Holzfasern und verdrängt
das enthaltene Wasser – ähnlich wie bei der Hitzebehandlung.
Davon
hat sich die BASF überzeugen lassen. Die Ludwigshafener vermarkten die Technik
als „Belmadur-Verfahren“ – und haben schon Partner gefunden. In Brakel in
Westfalen baut die auf Holzverarbeitung spezialisierte Firma Becker damit
wetterfeste Buchenholzfurniere. Kunden in Frankreich, Deutschland und Spanien
fertigen daraus seit zwei Jahren Gartenmöbel und Parkbänke.
Dem
modifizierten Holz winkt eine große Zukunft – auch wegen des Raubbaus am
Regenwald. Denn der Preis für Tropenhölzer steigt, während ihre Qualität
nachlässt. „Die Urwälder sind erschöpft“, sagt Experte Scheiding. „Es gibt
zunehmend Lieferschwierigkeiten.“ Heimisches Holz sei die Alternative – und
könnte zudem helfen, die Abholzung des Urwalds zu begrenzen.^
Quelle:
Handelsblatt, Mittwoch, 11.06.2008, Seite 17