Selbstmorde in Guantanamo
Aufsehen erregten
international die Äußerungen des
Kommandeurs des Gefangenenlagers, Konteradmiral Harry Harris. "Sie sind
gerissen. Sie sind erfinderisch. Sie sind von ihrer Sache überzeugt",
sagte er mit Blick auf die Toten. "Sie haben keine Achtung vor dem Leben,
weder vor unserem noch vor ihrem eigenen. Ich glaube, das war kein Akt der
Verzweiflung, sondern ein Akt (...) der Kriegsführung gegen uns."
Eine Mitarbeiterin der
US-Regierung legte gestern nach. Die Selbstmorde seien "ein guter PR-Gag,
um Aufmerksamkeit zu erregen", sagte Colleen Graffy der BBC.
Dokumente des Pentagon
belegen, dass einer der Erhängten, Sahrani, 21 Jahre alt war - was bedeutet, dass er als
Jugendlicher in dem Lager auf Kuba eingesperrt wurde.
Die Selbstmorde sind nach
Auffassung eines australischen Anwalts Ergebnis der dortigen Haftbedingungen.
Sie zeigten, "in welche tiefe Verzweiflung Menschen fallen können, wenn
sie über lange Zeit keine Verbindung zur Außenwelt haben", sagte Major
Michael Mori, der Rechtsbeistand des "australischen Taliban" David
Hicks, am Montag dem australischen Rundfunksender ABC.
Auch sein Mandant sei bei
seinem jüngsten Besuch vor einer Woche in schlechter körperlicher und
seelischer Verfassung gewesen: Er habe Gewicht verloren, deutliche Zeichen
einer Depression gezeigt und sei wie ausgehungert nach menschlichem Kontakt
gewesen, berichtete Mori weiter.
Hicks, der der
Mitgliedschaft in der afghanischen Taliban-Miliz beschuldigt wird, ist nun
schon seit mehr als vier Jahren in dem US-Lager auf Kuba inhaftiert.
Der 31-jährige frühere
Landarbeiter zählt zu den zehn Häftlingen, gegen die bislang Anklage vor den
umstrittenen Militärkommissionen erhoben wurde. Die anderen mehr als 400
Insassen wissen teilweise nicht einmal, was ihnen zur Last gelegt wird. Laut
seinem Anwalt wurde Hicks vor drei Monaten ohne Begründung wieder in
Isolationshaft genommen. Davor hatte er schon einmal 16 Monate in Isolationshaft
verbracht, davon rund acht Monate in einer Zelle ohne Tageslicht.
Insgesamt sei geplant
gewesen, 141 der mehr als 600 Häftlinge aus Guantanamo in Kuba zu entlassen,
berichtete der britische Sender BBC, einer der Erhängten wusste nicht, dass er
bald nach Saudi-Arabien entlassen werden sollte. Quelle: ap,spiegel-online
12.6.06