Seehofer
durch Zahnärzte unter unvorstellbaren Druck gesetzt
"Druck übersteigt das menschlich vorstellbare
Maß"
Dass Gesundheitsminister Seehofer anlässlich seines
Abschieds von Bonner Journalisten nach seinen schlimmsten Erfahrungen in seiner
Amtszeit befragt wurde, lag angesichts der vielen Anfeindungen der vergangenen
Monate nahe. Nahe liegend auch die Antwort: „Das war der Druck der Zahnärzte“ -
auf ihn, auf Freunde, frühere Studienkollegen, die Mitarbeiter und deren Familien. Seehofer: „Das übersteigt
das menschlich vorstellbare Maß.“ Die Zahnarzt- Funktionäre hätten sogar Druck
auf den Verleger seiner Heimatzeitung ausgeübt, dem man wegen der positiven
Berichterstattung über ihn mit der Kündigung von Abos gedroht habe. Offenbar
sind die Standesvertreter nicht mal vor Missbrauch ihrer Mitglieder
zurückgeschreckt. Nach einer von zahlreichen Zahnärzten unterzeichneten Anzeige
gegen ihn hatten ihm viele geschrieben, sie hätten nichts von ihrer
Unterschrift gewusst. Die versuchte Einflussnahme der Zahnärzte hat offenbar
auch die bekanntermaßen erfolgreiche Lobbytätigkeit der Pharmaindustrie
übertroffen. Der attestierte Seehofer, dass auch sie „eine perfekte Lobby hat,
aber nie falsches Spiel getrieben hat.“ Abschließend zum Kapitel Zahnärzte gab
der Minister auch freimütig zu, die Einführung der Kostenerstattung zur
direkten Abrechnung mit den Patienten sei ein Fehler gewesen. „Das geht nur mit
Leuten, die auch verantwortungsvoll damit umgehen.“
Quelle: Die Zeit, 22.10.98