Schon länger gibt es den Verdacht, dass Umweltgifte wie Blei,
Quecksilber, Cadmium, Arsen und Herbizide wie Paraquat
neben ihren
jeweils typischen akuten Vergiftungen auch noch über einen allgemeinen,
gemeinsamen Weg auf einen Organismus einwirken können. Um diesen Weg zu finden,
setzten Mark Noble und seine Kollegen in ihrer Studie nun Vorläuferzellen des
zentralen Nervensystems im Labor Quecksilber, Blei und Paraquat in Mengen aus,
wie sie auch in der Umwelt zu finden sind, und beobachteten die Entwicklung der
Zellen.
Das Ergebnis: In Anwesenheit aller drei Substanzen aktivierte
sich ein Protein namens Fyn-Kinase, das dann ein
weiteres Eiweißmolekül mit Namen c-Cbl anschaltete.
Dieses sorgte wiederum dafür, dass einige Signaleiweiße, die für die
Zellteilung und das Überleben der Zelle zuständig sind, von der zelleigenen
Müllabfuhr zerstört wurden – mit der Folge, dass jegliche Aktivität der
Stammzelle gestoppt wurde. Der erste Schritt in dieser Reaktionsabfolge wurde
dabei durch eine Störung im so genannten Redox-Gleichgewicht
der Zelle ausgelöst, also ihrer Fähigkeit, mit aggressiven Verbindungen wie
etwa freien Radikalen fertig zu werden.
Dass schon die geringen Mengen der verwendeten Gifte
ausreichten, um dieses Gleichgewicht zu stören, zeige, wie empfindlich die
Stammzellen auf derartige Einflüsse reagieren, erklären die Forscher. Besonders
problematisch seien solche Schwermetallbelastungen daher für Ungeborene oder
auch kleine Kinder, bei denen funktionierende Vorläuferzellen essenziell für
die Entwicklung von Gehirn und Rückenmark seien. Die Entdeckung des generellen
Wirkmechanismus biete außerdem die Möglichkeit, das schädigende Potenzial eines
neuen oder nur unzureichend untersuchten Stoffes relativ schnell analysieren zu
können, so die Wissenschaftler. Sie wollen nun die konkreten Auswirkungen der
molekularen Vorgänge im Organismus genauer untersuchen und zusätzlich nach
Wegen suchen, diesen Effekten entgegenzuwirken.
Mark Noble (University of
Rochester) et al.: PLoS Biology, Bd. 5, Nr.
2, Artikel e35
ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel