Raucher Selbstmörder

Eigentlich seien Raucher nichts andere als Selbstmörder meinte der bayerische Geistliche Jakob Balde im 17. Jahrhundert, nur „dass jene sich etwas langsamer umbringen“, Eine gewagte These, die schon vor 400 Jahren für hitzige Debatten sorgte. Schliesslich war seit der Entdeckung Amerikas Tabak eines der gefragtesten Genussmittel in Europa. Jahrhundertelang diente der braune Naturstoff sogar als Zahlungsmittel.

Die Nachteile des Rauchens erkannten die Machthaber jedoch recht schnell: Oft kam es zu gewaltreichen Auseinandersetzungen über den Besitz van Tabak, und gesundheitliche Schäden wurden mit Rauchen in Verbindung gebracht. Wegen dieser und machtpolitischer Gründe überrollte Europa und Asien Mitte des

17. Jahrhunderts eine Welle von Restriktionen gegen Raucher: So wurde in Russland den Qualmern die Nase abgeschlagen, manchmal sogar die Genitalien abgetrennt. In Persien liess Schah Abbas die Grossen Nasen und Lippen seiner rauchenden Gefolgschaft verstümmeln. Der türkische Sultan Murad IV. soll sogar höchstselbst Rauchern die Kehle durchtrennt haben, sobald er einem begegnete. Die Welle erreichte auch Bayern: Kurz nach der Rede von Jakob Balde in München entschied sich  Kaiser Leopold I.1668, ein Rauchverbot für Tirol zu verhängen. Hier drohten bei Verstoß jedoch nur Geld und Gefängnisstrafen.

Im Eifer des Gefechts vergassen die Herrscher jedoch, dass der Handel mit Tabak viel Geld in die Staatskassen gebracht hatte, das nun fehlte. Auch Leopold I. merkte schnell, dass er sich durch die ausbleibenden Einnahmen aus Steuern und Handelslizenzen sein geliebtes Jagdrevier nicht mehr leisten konnte. Der Kaiser klärte diese Angelegenheit, indem er das Rauchverbot

schleunigst wieder aufhob. Ebenso taten es zahlreiche europäische und asiatische Herrscher. In den folgenden Jahrhunderten wechselten sich so die Zeiten des Rauchverbots und des freien Rauchgenusses stets ab, bis heute.

 

Quelle: S.Z. 01.02.08