Plazebo-Wirkung Ritual entscheidend
Plazebo ist
nicht gleich Plazebo: Schmerzpatienten, die eine
Scheinakupunktur erhalten, spüren größere Linderung als solche, die wirkstofffreie
Maisstärkepillen nehmen. Woran liegt es?
In der ersten Phase einer einfach verblindeten Studie schien
noch die Maisstärkepille einen leichten Vorteil zu haben, doch später schlug
das Pendel in die andere Richtung aus. Eingeschlossen waren 270 Patienten mit
Hand- und Armschmerzen (z.B. auf Grund einer Sehnenscheidenentzündung) Die
Hälfte nahm 14 Tage lang täglich eine angebliche Amitriptylin-Tablette. Die
anderen wurden zweimal wöchentlich mit Nadeln behandelt, die nur scheinbar ins
Gewebe eindringen, sich aber wie ein Teleskop zusammenschieben. Der Schmerz wurde durch beides
leicht gebessert, ebenso subjektive Symptom- und Funktionsscores. Angehörige
der Tablettengruppe berichteten auch über bessere Nachtruhe.
Letzteres erklären Professor Dr. TED J. KAPTCHUK von
der Harvard Medical School und Koautoren mit einem psychischen Effekt: Es war
darüber informiert worden, dass Amitriptylin müde macht und deshalb zur Nacht
genommen werden soll. Auf ein objektives Diagnosekriterium (Kraft der Hand)
hatte kein Plazebo irgendeinen Einfluss.
Dass die Scheinakupunktur im Verlauf der mehrwöchigen zweiten Studienphase
immer besser wirkte, erklären die Kollegen u.a. mit der „Droge Arzt“.
Schließlich hatten die scheinbar Akupunktierten jede Woche zweimal beim Ritual
des vermeintlichen Stechens die Zuwendung eines Doktors genossen, die Pillenschlucker
aber nicht. abc Ted J Kaptchuk et al., BMJ 2006; online first
Quelle: MT 10.03.2006