Phthalat
Weichmacher bei Neugeborenen auf Intensivstationen
Erst vor wenigen
Tagen hatten Forscher auf mögliche negative gesundheitliche Auswirkungen einer
Exposition mit Weichmachern (Phthalate) aus Plastik
für Neugeborenen hingewiesen. Jetzt berichten Wissenschaftler der
Harvard-Universität über erhöhte Phthalat-Werte im
Urin von Neugeborenen, die auf Intensivstationen behandelt wurden.
Phthalate werden immer dann
eingesetzt, wenn das an sich rigide PVC zu einem äußerst weichen und flexiblen
Kunststoff verarbeitet werden soll. Solche Materialien sind in der Medizin
stark verbreitet. Phthalate sind in Infusionsbeuteln
und Blutkonserven, Kathetern, PVC-Schlauchsystemen und Handschuhen enthalten.
Einige dieser Weichmacher wie Di(2-ethylhexyl)-Phthalat (DEHP) haben eine hormonartige Wirkung. Sie
stören den Testosteronstoffwechsel, was sich in der intrauterinen, aber auch
der postnatalen Lebensphase negativ auf die Entwicklung der Geschlechtsorgane
bei Jungen auswirken kann. Im Tiermodell lassen sich regelmäßig Störungen
induzieren. Kürzlich fand die Gruppe um Shanna Swan von der Universität Rochester im US-Staat New York
eine Assoziation von subtilen Entwicklungsstörungen wie einer verringerten anogenitalen Distanz oder einer Wachstumsstörung von Skrotum
oder Penis mit der Konzentration von Phthalat-Metaboliten
im Blut der Mutter (Environmental Health
Perspectives 2005 doi:10.1289/ehp.8100).
Jetzt zeigt die Arbeitsgruppe um Howard Hu von der Harvard
School of Public Health, ebenfalls in Environmental Health Perspectives (2005 doi:10.1289/ehp.7932), dass Neugeborene,
die auf Intensivstationen behandelt werden, besonders stark belastet sind. Die
Forscher unterteilten die Patienten in drei Gruppen: Als niedrig exponiert
wurden Patienten eingestuft, die nur über Magensonden oder mit der
Flaschennahrung mit Plastik in Verbindung kamen. Eine mittlere Belastung
bestand, wenn außerdem Nährstoffe intravenös zugeführt wurden und/oder die
Neugeborenen per Nasensonde beatmet wurden. Eine hohe Belastung wurde angenommen,
wenn die Nabelvene katheterisiert war, eine endotracheale Intubation
vorgenommen wurde und wenn die Kinder intravenös ernährt wurden und weitere
Sonden gelegt worden waren.
Diese Kinder mit hoher Belastung hatten fünfmal höhere
Konzentrationen des DEHP-Metaboliten
Mono-(2-ethylhexyl)-Phthalat (MEHP) im Urin. Die
vermehrte Exposition allein beweist nicht, dass die Neugeborenen geschädigt
werden. Die Forderung der Autoren, dass weitere Studien in dieser Richtung
durchgeführt werden sollten, ist jedoch ohne weiteres nachvollziehbar. Dpa 12.06.05/rme Dr.Schwinger
Links zum Thema:
PDF der Studie der Arbeitsgruppe Howard Hu
http://ehp.niehs.nih.gov/members/2005/7932/7932.pdf
PDF der Studie Shan et al.
http://ehp.niehs.nih.gov/members/2005/8100/8100.pdf
Pressemitteilung der Harvard
http://www.hsph.harvard.edu/press/releases/press06082005.html
DÄ online: Schadet Plastik der Gesundheit?
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=20257
Hintergrund Phthalate der Uni
Erlangen
http://www.arbeitsmedizin.uni-erlangen.de/Koch_Phthalate.htm