Notfallmedikation durch Rettungssanitäter
Es hat die
Bundesärztekammer ein Papier zur Notkompetenz veröffentlicht. Der wesentliche
Inhalt: Die Gabe von Analgetika durch Rettungsassistenten im Rahmen der
Notkompetenz. Die Empfehlung ist im Anschluß im
Wortlaut abgedruckt.
Der Ausschuss
„Notfall-, Katastrophenmedizin und Sanitätswesen“ der Bundesärztekammer hat am
20.10.2003 folgende Liste ausgewählter Notfallmedikamente beschlossen, die im
Rahmen der Notkompetenz von Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten
verabreicht werden können.
Ist der
Rettungsassistent am Notfallort auf sich alleine
gestellt und ist rechtzeitige ärztliche Hilfe nicht erreichbar, so darf und
muss er, aufgrund eigener Befunderhebung und Entscheidung, die
Notfallmedikamente geben, die zur unmittelbaren Abwehr von Gefahren für das
Leben oder die Gesundheit des Notfallpatienten dringend erforderlich sind.
Dabei ist das am wenigsten eingreifende Mittel zu wählen, das für die dringend
erforderliche Behandlung ausreicht (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
Welche
Notfallmedikamente der Rettungsassistent aufgrund der eigenen Entscheidung
applizieren darf, ist vom ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes zu entscheiden
und muss fortlaufend überprüft und dokumentiert werden.
In diesem
Zusammenhang sind neben der Infusion von Elektrolytlösungen bei
Volumenmangelschock derzeit folgende Medikamente für die jeweils zugeordneten
Indikationsbereiche zu nennen:
Reanimation und Anaphylaktischer Schock: Adrenalin; Hypoglykämischer
Schock: Glukose 40%; Obstruktive Atemwegszustände: beta2-Smpathomimetikum als
Spray; Krampfanfall: Benzodiazepin als Rectiole; Akutes Koronarsyndrom: Nitratspray/-Kps.; Verletzungen und ausgewählte Schmerzsymptome:
Analgetikum.
Anamnese,
klinischer Befund, Indikation und Dosierung müssen obligat dokumentiert werden.
Der ärztliche Leiter Rettungsdienst entscheidet über die Auswahl, Dosierung und
Applikation der Notfallmedikamente und hat Weisungsbefugnis bei der Auswahl und
bei dem Ausschluss der die Maßnahmen durchführenden Rettungsassistenten.
Jede medikamentöse
Therapie durch einen Rettungsassistenten muss verpflichtend dem ärztlichen
Leiter Rettungsdienst zur ständigen Qualitätssicherung vorgelegt werden.
Kommentar
Diese Empfehlung
ist nach meiner Meinung wieder ein großer Schritt in Richtung Ziel. Die
Empfehlung vom 20.10.2003 ist als Ergänzung zur Stellungnahme der BÄK von 1992
zu verstehen. Stellungnahmen der BÄK haben zwar nicht die rechtliche Qualität
von Rechtsnormen, dennoch kommen ihnen, insbesondere für die rettungsdienstliche
Praxis, besondere Bedeutung zu.
Bei der gegewärtigen Bedrohung durch den internationalen
Terrorismus ist ein Anschlag mit einer Vielzahl von Schwerverletzten auch in
der Bundesrepublik nicht ausgeschlossen. Aber auch durch Unfälle im modernen
Massenverkehr kann es jederzeit und an fast jedem Ort zu einem Massenanfall von
Verletzten kommen.
Deshalb sind
Rettungsassistenten so zu qualifizieren, dass sie bei starken Schmerzzuständen
gegebenenfalls auch selbständig adäquate Analgetika verabreichen können.
Nach der BÄK sind
jetzt die regional zuständigen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst an der Reihe.
Sie müssen die Empfehlung der BÄK in ihren Rettungsdienstbereichen in die
Praxis umsetzen.
Quelle: Rettungsdienst Journal, 01-2004
r. Gerhard Nadler, Organisations- und Rechtsfragen, ISBR,
München-Neubiberg