Neurodermitis verläuft meistens chronisch wellenförmig. Stabile Phasen mit nahezu intakter Haut wechseln sich mit Phasen juckender Entzündungen ab. Da diese Schübe individuell sehr unterschiedlich verlaufen, gestaltet sich auch die Hautbehandlung individuell. Die Therapie hängt dabei hauptsächlich vom Entzündungsgrad der Haut, der Jahreszeit und den Wünschen des Betroffenen ab.
Eine gute Basispflege verbessert das gestörte Gleichgewicht der Haut bei Neurodermitis und stellt ihre Barrierefunktion wieder her. Damit kann man die Phasen ohne Krankheitszeichen verlängern und die Häufigkeit und Schwere von Entzündungsphasen eindämmen. An der Basispflege sollten Sie bei Neurodermitis nicht sparen, sondern die Haut reichhaltig und häufig eincremen.
Da die Haut bei Neurodermitis phasenweise unterschiedliche Bedürfnisse hat, empfiehlt es sich, zu Hause eine Auswahl an verschiedenen Pflegeprodukten bereit zu halten. Entwickeln Sie ein Gespür dafür, was Ihrer Haut gut tut. Sie müssen eine Creme wirklich mögen, damit Sie sie auch tatsächlich drei- bis viermal täglich benutzen.
Im Allgemeinen haben sich die Begriffe Creme oder Salbe für eine streichfähige Pflegezubereitung eingebürgert. Creme steht dabei für wasserhaltige, Salbe für fettreiche Zubereitungen. Doch die Auswahl ist viel größer. Durch unterschiedliche Mengen an Wasser und Fett sowie eine große Auswahl an Fetten und Zusätzen entstehen immer wieder neue Pflegepräparate. Apotheken können Pflegeprodukte (ohne Konservierungs- und Parfümstoffe) auch individuell dem Kundenwunsch entsprechend beziehungsweise nach Rezept zusammenstellen.
Hydrogele, Lotionen und Cremes
Diese Präparate enthalten mehr Wasser als Fett (O/W-Zubereitungen). Das Wasser kühlt und trocknet die Haut durch die Verdunstung und nimmt den Juckreiz bei Neurodermitis. Es sind leichte, feuchte Zubereitungen, die für rote, warme, entzündete und nässende Haut oder für den Sommer geeignet sind.
Cremesalben, Salben, Fettsalben und Ölbäder
Solche Produkte enthalten mehr Fette und Öle als Wasser (W/O-Zubereitungen). Sie dichten die Haut ab, sodass die hauteigene Feuchtigkeit nicht verdunsten kann. Diese schweren, fetten Zubereitungen eignen sich für trockene, schuppende Haut oder für den Winter.
Harnstoffzubereitungen
Bei Neurodermitis-Haut ist der Harnstoffanteil in der Haut niedriger als bei gesunder Haut. Harnstoff unterstützt die Haut in ihrer Fähigkeit, Wasser zu speichern. Sie wird dadurch elastischer und widerstandsfähiger. Außerdem lindert Harnstoff den Juckreiz. In höheren Dosierungen löst er sogar Hautschuppen ab. Pflegende Substanzen können dadurch besser eindringen und den Zustand der Haut zusätzlich verbessern. Shampoos mit Harnstoff helfen gegen trockene, schuppende Kopfhaut.
Harnstoff ist auch im Urin enthalten (daher der Name). Früher konnten äußerlich angewendete Urintherapien tatsächlich den Hautzustand verbessern. Angenehmer und besser ist es jedoch, eine gereinigte Harnstoffzubereitung anzuwenden, die die Haut zusätzlich auch pflegt.
Verschlechtert sich die Neurodermitis, muss die Basispflege verstärkt werden. Bei örtlich begrenzten Irritationen eignen sich für die betroffenen Stellen Extra-Pflegeprodukte. Es ist auch möglich, sich manche Stoffe in die Basispflege mixen zu lassen.
Zinkoxid: Es gibt Präparate mit unterschiedlichem Zinkgehalt und unterschiedlichen Grundlagen. Von der wässrigen Zinkoxidschüttelmixtur über weiche Cremes bis zu dicken, weißen Pasten eignen sich Zink-Produkte bei Neurodermitis. Je mehr Zink enthalten ist und je wässriger die Grundlage ist, desto größer ist auch ein austrocknender Effekt, etwa bei nässenden Ekzemen bei Neurodermitis.
Teer, Schieferöle: Sie gehören zu den ältesten Wirkstoffen. Sie hemmen hauptsächlich die Entzündung, mildern aber auch den Juckreiz und verhindern, dass sich die Haut verdickt. Unangenehm sind allerdings die oft schwarze Farbe, die schon so manches Kleidungsstück ruiniert hat, und der strenge Geruch.
Gerbstoffe: Bei leichter Ekzembildung, können kalte Umschläge mit Gerbstoffen die Abheilung von Ekzemen beschleunigen und den Juckreiz bei Neurodermitis besänftigen. Bevor ein Umschlag durchtränkt wird, sollte die Flüssigkeit einige Zeit im Kühlschrank kühlen. Gerbstoffe gibt es fertig als Arzneimittel zum Auflösen, aber auch schwarzer Tee ist reich an diesen Stoffen. Damit möglichst große Gerbstoffmengen gelöst werden, muss der Tee mindestens zehn Minuten ziehen.
Bittersüß: Das Nachtschattengewächs aus Großmutters Kräuterapotheke enthält den Wirkstoff Solasodin. Er wirkt ähnlich entzündungshemmend wie Kortison, wenn auch deutlich schwächer, dafür jedoch ohne dessen Nebenwirkungen. Die ebenfalls enthaltenen Gerbstoffe wirken ähnlich beruhigend wie schwarzer Tee und reduzieren die Schweißbildung. Bittersüßstengel-Extrakte können allerdings auch giftige Pflanzenstoffe (Alkaloide) enthalten. Darum sollte man dieses Heilmittel nicht über einen längeren Zeitraum anwenden.
Antihistaminika: Wenn die Haut bei einer Allergie oder bei Neurodermitis heftig juckt, steckt der körpereigene Botenstoff Histamin dahinter. Antihistaminika verhindern die Wirkung von Histamin, und der Juckreiz bleibt aus. Es gibt Präparate mit Antihistaminika zum Auftragen auf die Haut oder zum Einnehmen.
Polidocanol: Dieses Lokalanästhetikum macht die Haut unempfindlich gegenüber Reizen und wirkt damit juckreizlindernd und schmerzstillend.
Antiseptika: Die Haut von Neurodermitikern ist weniger gut gegen Bakterien, Pilze und Viren geschützt als gesunde Haut. Oft ist sie chronisch mit Bakterien, vor allem Staphylokokken, besiedelt. Bei häufigen und großflächigen Infektionen kann daher der Basispflege zum Beispiel das unspezifische Antiseptikum Triclosan zugemischt werden.
Bei offener, entzündeter Haut wirken Bäder mit Kaliumpermanganat desinfizierend. Wegen seiner stark austrocknenden Wirkung muss die Haut anschließend gut eingecremt werden. Bei vereinzelten, örtlich begrenzten Infektionen sollten dagegen spezifische Desinfizientien eingesetzt werden: Antibiotika gegen Bakterien, Antimykotika gegen Pilzinfekte und Virustatika gegen Virusinfektionen wie Herpes.
Gamma-Linolensäure ist eine essenzielle Fettsäure, die an der Steuerung von Immun- und Entzündungsreaktionen beteiligt ist. Sie ist nicht übermäßig in unserer Nahrung enthalten. Der Körper kann den Stoff aber aus Linolsäure umwandeln, die wir mit der Nahrung reichlich aufnehmen. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass Neurodermitiker mit diesem Umwandlungsprozess Schwierigkeiten haben. In diesem Fall könnte es helfen, die Gamma-Linolensäure selbst vermehrt einzunehmen. Apotheken bieten eine ganze Reihe von Präparaten an, die Gamma-Linolensäure aus Borretsch oder Nachtkerze enthalten.
Neurodermitis ist langfristig nur in den Griff zu kriegen, wenn der gesamte Mensch betrachtet wird. Diese Erkenntnis brachten Modellprojekte, in denen Betroffene gemeinsam mit Ärzten, Psychologen, Ernährungs- und Hautpflegeberatern sowie Leidensgenossen eine erfolgreiche Lebensstrategie austüftelten. Durch genaues Beobachten und Ausprobieren ist es möglich, herauszufinden, was die Haut in Aufruhr versetzt.
Zu einer erfolgreichen Neurodermitis-Therapie gehören eine konsequente Hautpflege, die Vermeidung von individuellen Allergieauslösern, seelische Stabilität und Medikamente. So viel Aufwand braucht Zeit: In den meisten Fällen ist ein ganzes Jahr nötig, um den eigenen Körper zu verstehen und die Krankheit in den Griff zu bekommen. Viele haben jedoch Angst, ihre eigenen Lebensumstände zu hinterfragen und hoffen lieber auf eine bequeme Wunderpille. Dubiose Heilungsversprechen fallen bei den verzweifelten Menschen darum oft auf fruchtbaren Boden und lassen sie um eine Hoffnung und etliche Euro ärmer zurück. Die besten Aussichten haben Patienten, die selbst Verantwortung für die Krankheit übernehmen, statt passiv Hilfe von außen zu erwarten.
Dr. med. Silke Stachowitz, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Bei Neurodermitis ist eine tägliche Hautpflege mit rückfettenden Ölbädern, Cremes und Lotionen zugleich Therapie der trockenen Haut. Im beschwerdefreien Zeitraum angewendet, kann sie dabei helfen, neuen Krankheitsschüben vorzubeugen.
Im akuten Stadium helfen wirkstoffhaltige Cremes. Kortison unterdrückt die überschießende Immunreaktion und dämmt die Entzündung ein.
Cremes mit den Wirkstoffen Tacrolimus und Pimecrolimus werden ebenfalls direkt auf die Haut aufgetragen. Pimecrolimus ist schwächer wirksam als Tacrolimus. Ärzte empfehlen es daher für die leichten bis mittelschweren Formen der Neurodermitis. Akute Ekzemschübe können verhindert werden, wenn eine Behandlung mit Pimecrolimus unmittelbar nach dem Auftreten der ersten Symptome begonnen wird. Bei einer mittelschweren bis schweren Form der Neurodermitis, die nicht auf herkömmliche Therapien anspricht, verordnen Ärzte häufig Tacrolimus. Das 0,1-prozentige Tacrolismus wird nur bei Personen über 17 Jahren empfohlen. Sowohl Tacrolismus als auch Pimecrolismus werden nicht bei Kindern unter drei Jahren angewendet.
Bei schweren, chronischen Formen der Neurodermitis kommt auch der Calcineurin-Inhibitor Ciclosporin zum Einsatz. Die Dosierung richtet sich individuell nach Körpergewicht und Behandlungserfolg. In der Regel erfolgt die Behandlung mit Ciclosporin bei Neurodermitis im Rahmen einer Kurzzeit-Intervall-Therapie, bei der die Dosis schrittweise reduziert wird. Verschlechtert sich der Hautzustand wieder, wird es erneut verwendet.
Weitere Therapie-Maßnahmen bei Neurodermitis können sein:
Melanie Iris Zimmermann, Apothekerin