Metallhaltige Nanopartikel
können in menschlichen Lungenzellen oxidativen Stress auslösen. Dies haben
Schweizer Wissenschaftler in einer neuen Studie herausgefunden, über die sie
in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ berichten.
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Nanotechnologie
© NASA
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Kaum eine Technologie hat in den letzten Jahren eine
derart breite Anwendung gefunden und von sich reden gemacht wie die
Nanotechnologie. Vom leistungsfähigeren, nicht löschbaren magnetischen
Datenspeicher über ultraleichte und trotzdem robuste Sportgeräte bis zu
funktionalisierten Textilien - Nano allenthalben. Doch wie sicher ist die
neue Technologie? Welches sind unbedenkliche Anwendungen, wo sollten wir
Vorsicht walten lassen?
Neben der Entwicklung neuartiger Materialien mit verbesserten Eigenschaften
dank „Nano“ untersuchen die Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und
Forschungsanstalt - und die ETH Zürich mit verschiedenen Partnerinstitutionen
auch mögliche Gefahren, die in erster Linie von freien und „langlebigen“
Nanopartikeln ausgehen können. Dabei stehen Fragen im Vordergrund wie: Welche
Auswirkungen haben Nanopartikel auf menschliche und tierische Zellen und
Gewebe? Was geschieht, wenn die Teilchen von diesen aufgenommen werden?
Je reaktiver die Nanopartikel, desto stärker reagieren
Zellen auf die Partikel
Eines der gängigsten „Versuchskaninchen“ für toxikologische Untersuchungen
sind Zellkulturen, die verschiedenen Chemikalien - oder eben Nanopartikeln -
ausgesetzt werden. In einem Zelltest mit menschlichen Lungenzellen kam das
Forscherteam der ETH Zürich und der Empa dem Mechanismus auf die Spur, mit
dem bestimmte metallhaltige Nanopartikel Zellen „stressen“ können - und
erhielten erste Anhaltspunkte, welche Eigenschaft bestimmte Nanopartikel für
Zellen potenziell gefährlich macht.
Entzündungsreaktionen und andere Zellschäden beginnen häufig mit „oxidativem“
Stress, einer Überproduktion von reaktiven Sauerstoffverbindungen - zum Beispiel
so genannte freie Radikale oder Peroxid. Diese Substanzen können zelluläre
Proteine und die DNA schädigen. Daher untersuchten die Wissenschaftler
verschiedene metallhaltige Nanopartikel, die als Katalysatoren bei
verschiedenen chemischen Reaktionen eingesetzt werden und sich in ihrer
katalytischen Aktivität zum Teil deutlich unterscheiden, etwa Titanoxid-,
Kobaltoxid- und Manganoxid-Partikel.
Es zeigte sich, dass katalytisch aktive
Nanopartikel wie Kobaltoxid- und Manganoxid-Partikel die Zellen deutlich mehr
unter Stress setzen als inerte Titanoxid-Partikel, die die Zellen kaum
beeinträchtigen. Es scheint demnach in
erster Linie die chemische Zusammensetzung der Partikel zu sein - und somit
ihre chemische Reaktivität -, die Nanopartikel für Zellen gefährlich macht.
Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, so Empa-Forscher Peter Wick, „könnte
uns dies eine Art Dringlichkeitsliste
liefern, welche Partikel als Erstes genauer unter die Lupe genommen werden
sollten.“
Ein „trojanisches Pferd“ im Nanometermaßstab
Erstaunlicherweise waren mangan- oder kobalthaltige Salzlösungen für die
Zellen deutlich weniger schädlich. Die Zellmembranen schützen die Zellen also
vor gelösten Schwermetallionen. Werden die Zellen aber mit vergleichbaren
Mengen von kobalt- oder manganhaltigen Nanopartikeln konfrontiert, dann
bilden sie bis zu achtmal mehr von den reaktiven Sauerstoffverbindungen.
Nanopartikel scheinen also die katalytisch aktiven Metalloxide in die Zellen
zu „schmuggeln“, wo sie dann oxidativen Stress verursachen können - weshalb
die Forscher die Partikel mit einem „trojanischen Pferd“ vergleichen.
Die Entwicklung von sicheren und nachhaltigen „Nano“-Anwendungen steht sowohl
an der ETH Zürich als auch an der Empa im Zentrum der Grundlagen- und
Anwendungsforschung. „Langfristig können wir die riesigen Vorteile der
Nanotechnologie nur umsetzen, wenn wir parallel zur Technologieentwicklung
immer auch eine Risiko- und Nachhaltigkeitsanalyse durchführen“, so
ETH-Forscher und Studienleiter Wendelin Stark. „Dabei nimmt interdisziplinäre
Zusammenarbeit wie hier zwischen der ETH Zürich und der Empa eine
Schlüsselstellung ein und erlaubt, Wissen aus verschiedenen Fachbereichen zu
kombinieren.“
Als Nächstes wollen die Empa-Forscher der Frage nachgehen, wie das
menschliche Immunsystem auf Nanopartikel reagiert. In einem von der EU im 7.
Rahmenprogramm geförderten Projekt, das Anfang 2008 anlief, untersuchen
Forscher aus elf europäischen und US-amerikanischen Labors die Auswirkungen
von Nanopartikeln auf T- und B-Zellen oder Makrophagen, die Fresszellen des
Immunsystems. Aber auch komplexe Gewebesysteme wollen die Empa-Forscher
etablieren, die eine realistischere Abschätzung der Gefährlichkeit
von Nanomaterialien erlauben als reine Zellkulturen.
Ausgezeichnete Zusammenarbeit
Die neue Studie der Empa und der ETH Zürich wurde von der Fachzeitschrift
„Environmental Science & Technology“ als beste Arbeit des Jahres im
Bereich Umweltwissenschaften ausgezeichnet.
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