Muscheln mit Algentoxin
Ciguatera kann tödlich sein
Wer im Urlaub Fisch oder Muscheln isst, muss
aufpassen: Gelegentlich enthalten die Tiere Toxine von Algen. Meist verursachen
solche Gifte nur Durchfall und Erbrechen, einige können jedoch über Monate
hinweg neurologische Symptome wie Ataxien hervorrufen, das Gehirn irreversibel
schädigen oder tödlich wirken.
Vor allem im Indischen sowie Pazifischen Ozean,
aber auch in der Karibik kommt es saisonal immer wieder zu Muschelvergiftungen
mit ZNS-Beteiligung. Ursache ist eine plötzliche massenhafte Vermehrung
toxischer Algen.
Nach wenigen Tagen ist die Blüte oft vorbei, weil
Muscheln und Fische die Algen gefressen haben. Landen solche Tiere auf dem
Speiseteller, können sie Menschen gefährden. Vor kurzem sind
Muschelvergiftungen aber auch in Nordkanada beobachtet worden "Hier sind
Menschen drei bis vier Stunden nach der Mahlzeit plötzlich ins Koma
gefallen," so Professor Dietrich Mebs vom Institut für Rechtsmedizin in
Frankfurt/Main.
Fünf Patienten starben an der Vergiftung, bei
einigen war das Kurzzeitgedächtnis nach der Vergiftung irreversibel geschädigt.
Das Toxin stammte von Kieselalgen, die nie im Verdacht standen, so etwas
auszulösen, wie Mebs in Berlin auf einem Forum des Centrums für Reisemedizin
und des Auswärtigen Amtes sagte. Er rät deshalb, sich im Urlaub beim Verzehr von
Meeresfrüchten zurückzuhalten.
Die in den Tropen häufigste Vergiftung durch
Algentoxine nach Fischverzehr wird als Ciguatera bezeichnet. Die Erkrankung
tritt vor allem in der Karibik und im Indopazifik-Raum auf. Jedes Jahr
erkranken daran etwa 10 000 bis 50 000 Menschen. Raubfische wie Barrakudas
enthalten oft die größten Toxin-Mengen.
Charakteristisch für Ciguatera sind kurz oder erst
Stunden nach der Fischmahlzeit auftretende Symptome wie Erbrechen und
Durchfall. Das sei nach 24 Stunden vorbei, aber dann stelle sich oft etwas
Merkwürdiges ein, so Mebs: eine Umkehrung des Kalt-Warm-Empfindens. Kaltes wird
als heiß erlebt, Warmes als kalt. Auch Reflexminderung, Ataxien, Schwindel und
ein penetranter Juckreiz sind möglich. Diese neurologischen Symptome halten oft
Wochen bis Monate an.
Die Prognose bei Ciguatera ist gut. Nur für alte
und geschwächte Menschen kann es gefährlich werden: Sie können durch starke
Elektrolytverluste oder Kreislaufprobleme sterben. Außer Elektrolyt- und
Flüssigkeitssubstitution gibt es keine Therapie.
http://www.aerztezeitung.de/docs/2007/03/21/053a0401.asp?cat=/news