Medizinische Kohle -
Renaissance eines Wirkprinzips
Schon die alten
Ägypter kannten 1550 Jahre vor Christus die medizinische Anwendung von
Holzkohle. Zur Zeit des Hippokrates (400 v. Chr.) wurde Kohle gegen Epilepsie,
Schwindel und Flatulenz eingesetzt (1, 2). Im Jahre 1773 erkannte Scheele das
Adsorptionsvermögen von Kohle für Gase. Zu Demonstrationszwecken schluckte 1831
der Apotheker Touery vor der Französischen Akademie der Wissenschaften die
zehnfache letale Dosis von Strychnin zusammen mit 15 Gramm Kohle (3). Obwohl
Touery das Experiment überlebte, zeigte sich die medizinische Fachwelt nicht
sehr beeindruckt. Mitte des 19. Jahrhunderts konnten Garrod (4) und Rand (5)
die Brauchbarkeit der Holzkohle bei einer Vielzahl von Intoxikationen bei
Tieren und beim Menschen nachweisen. Sie untersuchten auch den Einfluss von
unterschiedlichen Giften bzw. Kohledosierungen auf die zu beobachtende
Antidotwirkung, sowie die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Gifteinnahme und
Applikation der Kohle. Die Beurteilung der Antidotwirkung konnte zu dieser Zeit
lediglich an Hand der Vergiftungssymptomatik vorgenommen werden. Mit den
heutigen chemisch-analytischen Möglichkeiten ist es selbstverständlich viel
besser möglich, den Effekt von medizinischer Kohle auf die Kinetik eines
Giftstoffes zu untersuchen, und damit die Brauchbarkeit als Antidot zu
beurteilen. Holt und Holz (6) wiesen 1963 auf den Nutzen der Aktivkohle bei
bestimmten Vergiftungen, insbesondere bei Kindern, hin.
Die wichtigsten
Eigenschaften der Aktivkohle sind ihre große Bindungskapazität für eine Vielzahl von Verbindungen und ihr
praktisch völlig inertes Verhalten.
Letzteres ist die wesentliche Ursache für die Unschädlichkeit der Kohle. Man
gewinnt Aktivkohle durch Pyrolyse von pflanzlichem oder tierischem Material wie
Holz, Torf, Zellulose, Kokosnussschalen, Abfälle von Papierfabriken, Zucker,
tierischen Knochen, Fischen bzw. Blut. Die Pyrolyse wird bei etwa 600 bis 900°C
durchgeführt. Durch die Anwesenheit von bestimmten Metallchloriden,
insbesondere Zinkchlorid, während der Pyrolyse wird die Ausbildung kleiner Poren begünstigt. Die Chloride werden
später wieder ausgewaschen. Durch eine Nachbehandlung mit Schwefelsäure,
überhitztem Wasserdampf oder oxidierenden Gasen lässt sich das Pyrolyseprodukt
weiter aktivieren (65). Die Qualität der Aktivkohle wird im wesentlichen
an Hand folgender Eigenschaften beurteilt:
-
Adsorptionskapazität,
-
Anwesenheit
von Säure-, Lauge- bzw. Ethanol-löslichen Substanzen,
-
Schwefelgehalt,
-
Gehalt
an Metallen und
-
Aschegehalt.
Die Vorschriften
für die Reinheitsprüfung und für das Bindungsvermögen befinden sich im 3. Band
des Europäischen Arzneibuches und im DAB 6.
Für die Adsorptionskapazität
der Kohle ist die Größe der Oberfläche,
die insbesondere durch die Poren bestimmt wird, ein entscheidender Parameter.
Die Porenweite (20-500 Å) legt
die Geschwindigkeit der Adsorption fest. Die meisten Arzneimittel und Gifte
haben Molekulargewichte zwischen 100 und 800. Für solche Moleküle ist die
Bindungskapazität von Aktivkohle am größten, wenn die Poren eine Weite von etwa
10-20 Å haben. Für die Adsorption von Gasen
erweisen sich kleinere Poren als vorteilhaft. Makromoleküle werden am besten
adsorbiert, wenn die Porenweite in der Größenordnung von etwa 100 Å liegt.
Ein Gramm Aktivkohle hat eine adsorbierende Oberfläche von etwa tausend
Quadratmeter (2, 7).
Das
Adsorptionsvermögen der Aktivkohle ist, sowohl was die Verschiedenartigkeit der
adsorbierten Verbindungen als auch was die Menge an adsorbierbarer Substanz
betrifft, erstaunlich groß (2, 6, 8-11, 40, 41, 47). An der Oberfläche der
Kohlepartikel befinden sich sowohl Bindungsstellen für lipophile Gruppen von
chemischen Verbindungen (= hydrophobe
Bindungsstellen) als auch Bindungsstellen, die polare bzw. ionisierte
Gruppen zu binden vermögen (= hydrophile
Bindungsstellen). Dies bedeutet, dass die Stärke der Adsorption einer
Substanz von der Anwesenheit lipophiler und/oder hydrophiler Molekülfragmente
abhängt. In einem wässrigen Milieu, das im Falle von biologischen Systemen
immer auch die verschiedensten Ionenarten enthält, tragen polare Molekülteile
relativ wenig zur Adsorption bei. Die Bindung an die Aktivkohle wird hier im
wesentlichen durch die lipophilen Gruppen bestimmt. Man muss in diesem
Zusammenhang klar unterscheiden zwischen der Bindungskonstante im Equilibrium
und den beiden Geschwindigkeitskonstanten, deren Quotient die Bindungskonstante
ergibt:
-
Dissoziations- bzw.
Desorptions-Geschwindigkeitskonstante und
-
Assoziations- bzw.
Adsorptions-Geschwindigkeitskontante.
Vor
allem die Desorptionsgeschwindigkeit, deren Größe hauptsächlich durch die
physikochemischen Eigenschaften einer Verbindung festgelegt wird, bestimmt die
Bindungskonstante und damit die Verteilung verschiedener Substanzen auf das
wässrige Milieu bzw. die adsorbierende Kohle. Die Größe der
Adsorptionsgeschwindigkeit hängt hauptsächlich von der
Diffusionsgeschwindigkeit im wässrigen System ab, d.h. hauptsächlich vom
Molekülvolumen und von der Zugänglichkeit der Bindungsstellen an der
Aktivkohle. Relativ polare Substanzen (z.B. Ionen, kurzkettige Alkohole) können
auch in wässrigem Milieu in größerer Menge an Aktivkohle gebunden werden, wenn
die Außenkonzentration sehr hoch ist. Wird die Konzentration im wässrigen
Milieu erniedrigt, so kommt es wieder zur Desorption. Die ursprünglich
adsorbierte Substanz wird zum großen Teil wieder an das umgebende Milieu
abgegeben. Auf Grund der schnellen Desorption verhält sich die Aktivkohle in
diesem Fall wie ein Austauscher,
vergleichbar mit einem Ionenaustauscher.
In einem
organischen Lösungsmittel als äußerem Milieu wird die Adsorption an Aktivkohle
im wesentlichen von den polaren Molekülteilen einer
Verbindung bestimmt. Lipophile Gruppen spielen in diesem Fall eine geringere
Rolle. Dies hat aber für den Einsatz der Aktivkohle im Bereich der Medizin
keinerlei Bedeutung, da man es bei biologischen Systemen praktisch immer mit
einem wässrigen äußeren Milieu zu tun hat.
Bei der
Beurteilung der Brauchbarkeit von Kohle als Antidot muss berücksichtigt werden,
dass sich zwei (oder auch mehrere) organische Verbindungen gegenseitig an den
Bindungsstellen verdrängen können. Das Aktivkohle-Wasser-System stellt ein
Zweiphasensystem dar, das aus einer lipophilen und einer hydrophilen Phase
besteht, wobei die Bindungskapazität der lipophilen Phase (Kohle) begrenzt ist.
Im wässrigen Milieu läuft die Adsorption von organischen Verbindungen an
Aktivkohle parallel mit dem Verteilungskoeffizienten
eines Öl-Wasser-Systems (12-14). Die Mehrzahl der organischen Substanzen wird
relativ stark an Aktivkohle gebunden (2, 6, 8-11, 40, 41, 47). In der Tabelle 1
sind Verbindungen zusammengestellt, für die die Kohle als Adsorptionsmittel
weniger geeignet ist.
Tab.
1: Substanzen,
für die Kohle als Adsorptionsmittel nicht geeignet ist |
|
Schlecht
adsorbierbare Substanzen |
Blausäure |
Eisen-II-Ionen |
Thallium |
Borsäure |
DDT |
Alkali |
Mineralsäuren |
Wasserunlösliche
Substanzen |
|
Substanzen,
die leicht adsorbiert, aber rasch desorbiert werden |
Methanol |
Ethanol |
Ethylenglykol |
Da bei organischen
Säuren und Basen der Anteil an polarer ionisierter Form vom pH-Wert des Milieus
abhängig ist, werden Säuren besser bei niedrigen und Basen besser bei höheren
pH-Werten an Kohl adsorbiert (15, 17, 36, 46). Werden bei der Herstellung von
Aktivkohle-Zubereitungen für medizinische Zwecke organische Verbindungen als
Hilfsmittel, z.B. als Geschmackskorrigentien, eingesetzt, so muss man damit
rechnen, dass durch Adsorption dieser Hilfsstoffe an der Oberfläche der Kohle
die Bindungskapazität herabgesetzt wird (18-22). Außerdem können Geschmacks-
und Geruchskorrigentien durch die Bindung an die Kohle ihre Effektivität
einbüßen (23). Auch Bestandteile der Nahrung, wie Aminosäuren, Zucker oder
Fette, können an Aktivkohle adsorbiert werden und damit ihre Bindungskapazität
herabsetzen. Wird daher Aktivkohle zusammen mit Nahrung therapeutisch
eingesetzt, dann müssen, um die Effektivität der Kohle zu gewährleisten,
genügend große Mengen verabreicht werden.
Beeinflussung der
Toxikokinetik
Unter Toxikokinetik versteht man, analog der
Kinetik von Arzneistoffen (= Pharmakokinetik), die zeitliche Abhängigkeit aller
Prozesse, die die biologische Verfügbarkeit eines Giftstoffes bestimmen:
-
Adsorption,
-
Verteilung,
-
Biotransformation
und
-
Ausscheidung.
Die Begriffe Gift
und Pharmakon können nicht immer klar voneinander getrennt werden. Auch ein
Arzneistoff kann bei entsprechender Dosierung zum Gift werden. Im folgenden
wird versucht, die Möglichkeiten aufzuzeigen, mit Hilfe von Aktivkohle die
biologische Verfügbarkeit von Giftstoffen durch Beeinflussung toxikokinetischer
Parameter therapeutisch sinnvoll zu verändern.
Im Falle einer
Intoxikation ist primär dafür Sorge zu tragen, dass die Plasmakonzentration
eines Giftstoffes möglichst unter der toxisch wirksamen Konzentration bleibt,
oder so schnell wie möglich in nichttoxische Bereiche gesenkt wird. Dies
bedeutet, dass die therapeutischen Maßnahmen bei einer Vergiftung eine Verhinderung der Absorption weiteren
Giftes bzw. eine Verzögerung der
Absorption und eine Beschleunigung
der Elimination des Giftstoffes als Ziel haben müssen. Will man die
Absorption eines Giftes aus dem Magen-Darm-Trakt verhindern oder verzögern, so
ist die orale Gabe von Aktivkohle angezeigt. Eine Möglichkeit, die Elimination
bereits absorbierten Giftes aus dem Plasma zu beschleunigen, stellt die
Hämoperfusion über Aktivkohle dar. Es ist aber in bestimmten Fällen auch
möglich, mit Hilfe von oral verabreichter Aktivkohle die Elimination aus dem
Plasma zu beschleunigen.
Wird ein Giftstoff
im Magen-Darm-Trakt ohne nennenswerte Desorption an Aktivkohle adsorbiert, dann
verringert sich die effektive zur Absorption kommende Dosis. Durch diese
Verringerung (10-2 mg/kg) fallen die maximalen Plasmakonzentrationen zu
niedrigeren Werten ab und die biologische Verfügbarkeit (Fläche unter der
Plasmakonzentrations-Zeitkurve = AUC) nimmt ab. Die Plasmakonzentrationen des
Giftstoffes können in Abhängigkeit von der Dosierung der Aktivkohle bis zu
subtoxischen Werten abfallen. Ein solcher Effekt der Aktivkohle ist vor allem
bei sehr lipophilen Verbindungen zu erwarten. Wird ein Giftstoff bei hohen
Konzentrationen im Magen an Aktivkohle adsorbiert und dann im Bereich des
Darmes infolge eines Verdünnungseffektes durch Desorption wieder frei, dann
kommt es nur zu einer Verzögerung der Absorption, die Absorptionsgeschwindigkeit
wird kleiner. In diesem Fall ändert sich an der biologischen Verfügbarkeit des
Giftstoffes (AUC) nichts, die Plasmakonzentrationen können aber ebenfalls in
subtoxische Bereiche abfallen. Absorptionsverzögernd wirkt Aktivkohle vor allem
bei den in Tabelle 1 aufgeführten Verbindungen. Wird ein sehr lipophiler
Giftstoff nach der Absorption aus dem Plasma bzw. Gewebe teilweise wieder in
den Magen-Darm-Trakt abgegeben, dann kann durch oral verabreichte Aktivkohle
auch die Elimination beschleunigt werden. Die Eliminationshalbwertzeit wird
verkürzt, die maximalen Plasmaspiegel verringert und die biologische
Verfügbarkeit nimmt ab.
Aktivkohle als Antidot
In Abb. 2 ist der
Einfluss verschieden zusammengesetzter Nahrung auf pharmakokinetische Parameter
der Acetylsalicylsäure dargestellt. Im Gegensatz zu reinem Wasser verzögert
eine Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweiß-reiche Nahrung die Absorption der
Acetylsalicylsäure. Die maximalen Plasmakonzentrationen werden erniedrigt,
während die AUC praktisch gleich bleibt. D.h. die biologische Verfügbarkeit der
Acetylsalicylsäure wird durch die verschiedenen Nahrungsstoffe nicht merklich
verändert. Für die Verzögerung der Absorption der Acetylsalicylsäure durch die
Nahrung können im wesentlichen zwei Mechanismen verantwortlich sein. Entweder
verringert die Nahrung die Transportgeschwindigkeit aus dem Magen in den Darm
oder die Acetylsalicylsäure wird im Magen an Nahrungsbestandteile gebunden und
im Darm dann wieder freigegeben. Interessant in diesem Zusammenhang ist der Einfluss
von Aktivkohle auf die Absorption oral verabreichter Acetylsalicylsäure (26). Wird die Aktivkohle gleichzeitig mit der
Acetylsalicylsäure appliziert, dann wird die Absorption stark verringert, die
Bioverfügbarkeit ist nur noch gering. Dieses kinetische Verhalten deutet darauf
hin, dass die Acetylsalicylsäure ohne nennenswerte Desorption stark an die
Kohle gebunden wird. Die effektiv zur Absorption zur Verfügung stehende Menge
an Acetylsalicylsäure wird durch die Aktivkohle verringert. Weiterhin zeigt die
Abb. 3, dass die Zeitspanne zwischen der Gabe der Acetylsalicylsäure und der
Kohle einen großen Einfluss besitzt. Wird die Aktivkohle erst eine Std. nach
der Acetylsalicylsäure appliziert, dann hat sie praktisch auf die Absorption
des Analgetikums keinen Effekt mehr. Acetylsalicylsäure wird nach der
Absorption im Organismus in die relativ stark polare Salicylsäure umgewandelt,
die im Bereich des Darmes kaum noch an Kohle gebunden wird.
Dies bedeutet, dass
die aus dem Plasma bzw. Gewebe in den Darm zurückdiffundierende Menge an
Salicylsäure in ihrer Absorption durch die Aktivkohle, nicht behindert wird.
Dies mag, wenigstens teilweise, den Befund erklären, dass die Gabe von
Aktivkohle 1 Std. nach der Acetylsalicylsäure-Applikation praktisch keinen Effekt
mehr auf die Salicyl-Plasmaspiegel hat (3).
In Abb. 4 ist der
Einfluss von Aktivkohle auf die Kinetik des Antiepileptikums Phenytoin dargestellt (26). Die
experimentellen Bedingungen dieser Untersuchung entsprechen weitgehend der
Studie mit Acetylsalicylsäure. Bei gleichzeitiger Gabe von Aktivkohle und dem
sehr lipophilen Phenytoin ist dessen Absorption sehr stark vermindert. Im
Gegensatz zur Acetylsalicylsäure ist aber die Bioverfügbarkeit des
Antiepileptikums auch dann noch beträchtlich vermindert, wenn die Kohle erst
eine Stunde später verabreicht wird. Hierfür bieten sich folgende
Erklärungsmöglichkeiten an:
-
Verzögerung
der Magenentleerung,
-
noch
keine vollständige Absorption des Phenytoins nach 1 Std. und
-
Bindung
von Phenytoin, das nach der Absorption aus dem Plasma in den Darm diffundiert
ist.
Ähnliche
Verhältnisse wie beim Phenytoin liegen auch beim Theophyllin vor, das bekanntlich nur langsam absorbiert wird (27).
Auch hier verringert die Gabe von Aktivkohle 1 Std. nach der
Theophyllin-Applikation dessen Bioverfügbarkeit (AUC). Die wiederholte Gabe von
Aktivkohle nach 1, 2 bzw. 4 Std. ist noch effektiver. Auch bei Intoxikationen,
die nach oraler Einnahme von Retardpräparaten,
die den Wirkstoff im Magen-Darm-Trakt nur verzögert abgeben, auftreten, erweist
sich u.U. die Gabe von Aktivkohle auch noch nach längerer Zeit als günstig.
Für die
Effektivität der Aktivkohle als Antidot ist selbstverständlich das Mengenverhältnis Giftstoff (Arzneistoff):
Aktivkohle von entscheidender Bedeutung. Wie in Tabelle 2 dargestellt (28,
29, 46), wird die Absorption von Arzneistoffen (Giftstoffen) umso stärker
verringert, je kleiner der Quotient von 1/10 auf Gewichtsbasis ausreicht.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bei konstantem Quotienten
aber Erhöhung der absoluten Mengen von Giftstoff und Kohle die Effektivität der
Aktivkohle zunimmt (30, 31). Möglicherweise hängt dies damit zusammen, dass die
Kohle bei höherer Dosierung besser in der Lage ist, die verschiedenen Bereiche
im Lumen des Magen-Darm-Traktes zu erreichen. Alle diese Befunde zeigen, dass
man die unter Verwendung von relativ kleinen subtoxischen Dosierungen von
Arzneistoffen bestimmten optimalen Quotienten Arzneistoff/Aktivkohle (z.B.
1/10) ohne weiteres auf die Verhältnisse von akuten Intoxikationen übertragen
kann.
Tab.
2: Senkung der
maximalen Konzentration im Plasma |
|
|
|
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|
Pharmakon/Aktivkohle |
1:1 |
1:4 |
1:8 |
|
|
|
|
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|
|
Pentobarbital |
93 |
38 |
11 |
Isoniazid |
99 |
65 |
20 |
Chloroquin |
80 |
30 |
3 |
|
|
|
|
|
|
|
|
Erhöhung
der Aktivkohledosis verstärkt den Effekt. |
|
|
|
Tab.
3: Urinausscheidung
von Paracetamol (in % der Kontrollen bei verschiedenen oralen Dosen von Pharmakon
und Aktivkohle, beide aber in einem konstanten Verhältnis von 1 : 10 |
|
(Levy und
Houston, 1796 (30). |
|
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|
Pharmakon/Aktivkohle
(g) |
Paracetamol- |
|
|
|
|
0,5 : 5 |
42,5 |
1,0 : 10 |
34,9 |
2,0 : 20 |
22,6 |
3,0 : 30 |
14,8 |
|
|
Wie am Anfang schon
ausgeführt, spielt für die Effektivität der Aktivkohle als Antidot nicht nur
die Bindungskapazität eine Rolle, sondern auch die Adsorptionsgeschwindigkeit. Wird letztere durch irgendeinen Effekt
negativ beeinträchtigt, dann kommt es zu einer Erhöhung der absorbierten Menge
an Substanz im Organismus. Die Geschwindigkeit der Adsorption an die Kohle
hängt wesentlich von der Diffusionsgeschwindigkeit der Giftstoffmoleküle zur
Kohleoberfläche in den Poren ab. Wie in Abb. 6 dargestellt, wird die in vitro
gemessene Adsorptionsgeschwindigkeit stark von der Größe der Kohleteilchen beeinflusst (32). Die Geschwindigkeit der
Adsorption nimmt in folgender Reihenfolge ab: Pulver, schnell zerfallendes
Granulat, Tabletten, stabiles Granulat. In der Praxis ist daher Aktivkohle in
Form von Pulver bzw. schnell zerfallendem Granulat vorzuziehen.
Der negative
Einfluss der Zeitspanne zwischen Gifteinnahme und Applikation der Aktivkohle
sowie der Nutzen einer wiederholten Kohlegabe sind nochmals in den Abb. 7 und 8
am Beispiel des Nortriptylin
dargestellt (33, 34). Besonders beeindruckend in diesem Zusammenhang sind auch
die Ergebnisse einer Cross-over-Studie mit Phenobarbital
(35). In dieser Untersuchung wurde der Einfluss von Aktivkohle auf die
Serumspiegel von Phenobarbital unter drei verschiedenen Bedingungen geprüft:
-
Gleichzeitig
Gabe von Aktivkohle und Phenobarbital,
-
Verabreichung
der Aktivkohle 1 Std. nach der Phenobarbitaleinnahme und
-
Kohleapplikation
zwischen der 10. und 48. Std. nach der Einnahme des Hypnotikums.
Bei gleichzeitiger
Gabe von Aktivkohle und Phenobarbital kommt praktisch nichts mehr von dem
Schlafmittel zur Absorption. Auch wenn die Kohle erst 1 Std. nach dem
Phenobarbital gegeben wird, ist der maximale Plasmaspiegel des Hypnotikums
vermindert, die Absorption insgesamt deutlich geringer. Bei dem Versuch mit
wiederholter Kohleapplikation zwischen der 10. und 48. Std. verläuft die
Phenobarbital-Serumkonzentrationskurve zunächst genau wie bei den Kontrollen.
Die erste Gabe von Aktivkohle in der 10. Std. verursacht aber einen steilen
Abfall der Phenobarbitalkonzentration, und die weitere Verabreichung über 48
Std. hat einen weiteren positiven Effekt. Diese Befunde deuten eindeutig darauf,
dass die Aktivkohle in der Lage ist, schon absorbiertes Phenobarbital, das in
den Darm zurückdiffundiert ist, zu adsorbieren und einer weiteren Absorption zu
entziehen. Ähnliche Untersuchungsergebnisse wurden auch mit Carbamazepin (35) und mit den beiden
zur Chemotherapie der Lepra eingesetzten Substanzen Dapsone und Monoacetyl-Dapsone
erhalten (37).In allen diesen Fällen verhält sich das Darmepithel wie eine „Dialysemembran“. Die Oberfläche dieser
Membran ist aber um ein vielfaches größer als die austauschende Fläche bei der
Peritonealdialyse oder bei der Hämodialyse. Dazu kommt, dass durch die
Darmperistaltik die Aktivkohle ständig in optimaler Bewegung gehalten wird.
Wie weiter oben
schon ausgeführt, können Zusätze zu Kohlepräparaten deren Adsorptionskapazität
negativ beeinflussen. In der Abb. 10 sind die Ergebnisse einer Studie
zusammengefasst, in der an vier Versuchspersonen der Einfluss von Bentonit und eines Schokolade-haltigen Sirups auf die Bindungsfähigkeit von Aktivkohle
für Acetylsalicylsäure untersucht wurde. Gemessen wurde die kumulative
Ausscheidung von Salicylsäure nach oraler Gabe von Acetylsalicylsäure (21). Es
ist zu sehen, dass der Zusatz von Bentonit die Absorptions-verringernde Wirkung
der Aktivkohle leicht abschwächt. Schokolade-haltiger Sirup verstärkt diesen
Effekt noch deutlich.
Auch für andere
Hilfsstoffe, die das Einnehmen von Aktivkohle zu erleichtern vermögen, liegen
vergleichbare Beobachtungen vor (19, 20, 56.58). In diesem Zusammenhang ist
besonders das sog. „Universal-Antidot“,
eine Mischung aus Aktivkohle, Magnesiumoxid und Gerbsäure im Verhältnis 2:2:1
zu erwähnen. Der Vergleich der Effektivität von Aktivkohle und „Universal-Antidot“, Phentobarbital,
Malathion und Strychnin zu adsorbieren, zeigt, dass die Zusätze zur Kohle deren
Bindungskapazität herabsetzen (Tab. 4). Wenn man außerdem berücksichtigt, dass
die Gerbsäure nicht untoxisch ist, und unter anderem Leberschäden verursachen
kann, dann muss das sog. „Universal-Antidot“
heute als obsolet angesehen werden.
Tab. 4: Vergleich der Effektivität von
Aktivkohle und "Universalantidot" |
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In vitro Adsorption |
In vivo Effekte, |
||
|
(g/100 g) |
Gewebekonzentration |
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in % der Kontrollen |
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Aktivkohle |
Universalantidot |
Aktivkohle |
Universalantidot |
|
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Phenobarbital |
32 |
10 |
46a |
54a |
Malathion |
31 |
12 |
34b |
61b |
Strychnin |
22 |
9 |
28c |
55c |
|
|
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a =
Blutspiegel |
|
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|
b =
Blutcholinesterasehemmung |
|
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|
|
c =
Leberkonzentration |
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|
Die Aktivkohle
vermag nicht nur die Wirkung oral verabreichter Brechmittel aufzuheben. Man
muss immer daran denken, dass auch der therapeutische Effekt anderer oral
applizierter Antidote antagonisiert wird (61, 62, 64).
Wie oben schon
erwähnt, ist es sehr wichtig, die Zeitspanne zwischen Giftaufnahme und Beginn
der therapeutischen Maßnahmen möglichst kurz zu halten. Nun ist aber die
Latenzzeit bei Ipecachuanhazubereitungen relativ lange (Tab. 5). D.h., es
verstreicht, genau wie bei einer Magenspülung,
vom Beginn der therapeutischen Maßnahme bis zum Einsetzen des Effektes ziemlich
viel Zeit. Diese Zeit aber ist äußerst wichtig, denn besonders in der ersten
Viertel- bis Halbenstunde nach der oralen Giftaufnahme befindet sich der
Giftstoff noch in größeren Mengen im Magen. Hat dieser den Magen zum größten
Teil bereits verlassen, dann sind das Auslösen von Erbrechen oder eine
Magenspülung als zusätzliche Noxen anzusehen, die den
Patienten schädigen und belasten, ohne
Tab.
7: Vorteile und
Nachteile der Aktivkohle |
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Vorteile |
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|
Nicht
toxisch |
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Schnell
verfügbar |
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|
Unbeschränkt
haltbar |
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Wirksam
im Magen und Darm |
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Wirksam
gegen bereits absorbiertes Gift |
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||
Wirksam
gegen Erdölprodukte |
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Nachteile |
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Kontraindiziert
bei ätzenden Giften |
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Macht
andere orale Antidote wirkungslos |
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Hohe
Dosis |
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Tab. 8: Nachteile und Kontraindikationen |
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Nicht
direkt verfügbar |
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Nur kurz
haltbar |
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Toxisch |
|
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Aspirationsrisiko |
|
|
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Erzeugt
Hyperaemie in der Darmmukosa |
|
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Oft
wirkungslos (± 20%) |
|
|
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Große
Latenzzeit (± 20 min.) |
|
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Wirkung
ist beschränkt auf den Mageninhalt |
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Wirkungsverlust
bei Giften mit anti-emetischer Wirkung |
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Antagonisiert
die Wirkung von oralen Antidoten |
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Psychotrauma
vor allem bei Kindern |
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||
Kontraindiziert
bei ätzenden Giften |
|
||
Kontraindiziert
bei krampferzeugenden Giften |
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Kontraindiziert
bei Vergiftungen mit Erdölprodukten |
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dass sie noch
nützen. Auch in den Fällen, in denen Erbrechen oder eine Magenspülung als
sinnvoll erscheinen, kann durch die zusätzliche Gabe von Aktivkohle ein
zusätzlicher detoxifizierender Effekt erreicht werden (45). Wird die Aktivkohle
vor dem Auslösen des Erbrechens oder vor einer Magenspülung verabreicht, so
erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Giftstoff sich noch in
nennenswerter Menge im Magen befindet, aus dem er dann durch Erbrechen oder
Magenspülung entfernt wird. Nach dem Erbrechen oder der Magenspülung gegebene
Aktivkohle erreicht den Giftstoff auch noch im Darmlumen, wo er für die beiden
ersten Maßnahmen unerreichbar ist.
Die wichtigsten
therapeutischen Aspekte der Behandlung von Vergiftungen mit Aktivkohle bzw.
Sirupus Ipecac. sind in den Tab. 7 und 8 nochmals zusammengefasst.
Therapeutischer Stellenwert
der Aktivkohle
Die heute
vorliegenden Ergebnisse von experimentellen und klinischen Untersuchungen, sowie
die praktischen Erfahrungen bei akuten und chronischen Intoxikationen haben die
Brauchbarkeit der Aktivkohle zur Detoxifizierung eindeutig aufgezeigt. Aktivkohle ist nicht nur in der Lage, den
Anteil eines Giftstoffes, der noch nicht absorbiert ist, im Magen-Darm-Trakt zu
binden, sondern es ist auch möglich, bereits absorbierten Giftstoff mit Hilfe
der Aktivkohle aus dem Plasma bzw. Gewebe zu entfernen. Dies gilt vor allem für
sehr lipophile Verbindungen wie z.B. Phenobarbital oder Carbamazepin (35, 37).
Für diese Substanzen ist das Darmepithel in beiden Richtungen durchlässig. Sehr
lipophile Giftstoffe gelangen so durch passive Diffusion aus dem Plasma in den
Darm und können dort durch Aktivkohle adsorbiert und mit den Faeces
ausgeschieden werden. In vielen Fällen ist es nicht möglich, an Hand der
Plasmakonzentration eines Giftstoffes den Grad der Intoxikation eindeutig zu
beurteilen. Es gibt nämlich eine Reihe von Substanzen, die bei verhältnismäßig
niedriger Plasmakonzentration in hoher Konzentration in Gewebe vorliegt (51,
63). Eine einmalige Gabe von Aktivkohle führt hier nur zu einem zeitlich
begrenzten Effekt, da der Giftstoff aus dem Gewebe ins Plasma
zurückdiffundiert. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, die
Aktivkohle über eine Nasensonde kontinuierlich zuzuführen (= Enterale Dialyse). Es gelingt so z.B. bei schweren
Barbituratvergiftungen deren Eliminations-Halbwertzeit stark zu reduzieren,
beim Phenobarbital von normalerweise etwa 110 Std. auf etwa 24 Std. (48-50).
Bei der oralen Einnahme
von Aktivkohle - nicht nur bei Vergiftungen, sondern auch zur Therapie einer
Reise-Diarrhoe, bei Meteorismus oder Flatulenz (53-55) - muss immer an Wechselwirkungen mit anderen
gleichzeitig eingenommenen Pharmaka gedacht werden. Durch Bindung an die
Aktivkohle kann die Absorption z.B. von Antiepileptika, oralen Antikoagulantien
oder Neuroleptika so stark verringert sein, dass die Patienten nicht mehr
ausreichend therapiert sind. Das gleiche gilt auch für hormonale Kontrazeptive
(„Pille“).
Neben der oralen
Gabe gibt es ein weiteres Verfahren zur Giftentfernung, bei dem die Aktivkohle
eingesetzt wird, die Hämoperfusion.
Bei dieser Methode wird das Patientenblut unter kontinuierlicher
Heparinisierung entweder von Arterie zu Vene oder auch von Vene zu Vene unter
Zwischenschaltung einer sterilen, mit Aktivkohlegranulat gefüllten
Perfusionssäule geleitet. Um Kohlepartikelembolien zu verhindern und um die
Thrombozytenverminderung in Grenzen zu halten, sind die bei der Hämoperfusion
verwendeten Kohlegranula mit einer permeablen Kunststoffmembran umschichtet
(16). Die Adsorptionsgeschwindigkeit von Fremdsubstanzen an die
polymerbeschichteten Kohlegranula bei Hämoperfusion ist im Vergleich zu fein
dispergiertem Kohlepulver gering. Man kann davon ausgehen, dass in den Fällen,
in denen eine Hämoperfusion in der Lage ist, einen Giftstoff aus dem Blut des
Patienten zu entfernen, auch die „Enterale
Dialyse“ mit kontinuierlicher Verabreichung von Kohle über eine Nasensonde
effektiv sein wird (49, 50). Auch die Hämoperfusion muss bei Intoxikationen mit
Substanzen, die eine hohe Gewebebindung besitzen, über einen längeren Zeitraum
durchgeführt werden, um die Menge an Giftstoff, die aus dem Gewebe
nachdiffundiert, aus dem Blut zu entfernen. In der Abb. 12 wird dies am Beispiel
des Theophyllins demonstriert (52,
63).
Die
Kontraindikationen und Nachteile des Auslösens von Erbrechen und der
Magenspülung wurden oben schon angesprochen. Die Magenspülung ist ein
Verfahren, das durchaus nicht ohne Risiko ist und nicht selten eine
Hospitalisierung erfordert. Besonders bei Kindern kann neben einem physischen
Trauma - z.B. Schädigung der Luftwege oder der Speiseröhre, Auslösen von
Erbrechen durch die Sonde - durch eine Magenspülung auch ein psychisches Trauma
gesetzt werden (60). In Hinsicht auf die Dialysemembran ist die „Enterale Dialyse“ mit Aktivkohle auch
der Peritonealdialyse und der Hämodialyse eindeutig überlegen. Sowohl das
Peritoneum als auch die Membranen der künstlichen Nieren besitzen nicht die
riesige Oberfläche und die günstigen Permeabilitätseigenschaften des
Darmepithels.
Schlussbetrachtung
Die Aktivkohle
besitzt einen hohen Stellenwert in der Notfallbehandlung von Vergiftungen. Sie
ist praktisch völlig nebenwirkungsfrei und kann ohne Risiko auch vom
medizinischen Laien verabreicht werden. Sie sollte eigentlich in jedem Haushalt
vorhanden sein. Ist dies nicht der Fall, dann ist sie aus der nächsten Apotheke
schnell zu bekommen. Es muss natürlich darauf hingewiesen werden, dass im
Notfall, auch nach dem therapeutischen Einsatz von Aktivkohle durch einen
Laien, unbedingt so schnell wie möglich ein Arzt zu verständigen ist.
Ein großer Vorteil
der Aktivkohle ist die Tatsache, dass sie nicht nur Giftstoffe aus dem
Magen-Darm-Trakt zu entfernen vermag, sondern auch bereits absorbierte
lipophile Verbindungen aus dem Plasma. Auch in der klinischen Behandlung von
Intoxikationen, wo heute noch bevorzugt die Peritonealdialyse, Hämodialyse oder
Hämoperfusion angewandt werden, ergeben sich in der Form der „Enteralen Dialyse“ vielversprechende
Therapiemöglichkeiten mit Aktivkohle.
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Quelle: Schriftenreihe der
Bundesapothekerkammer zur wissenschaftlichen Fortbildung, MERAN 1985, XX. Internationaler
Fortbildungskurs für praktische und wissenschaftliche Pharmazie
Dr.Daunderer:
Vor 20 Jahren entwickelten wir einen Einmalbecher mit Kohle-Pulver, das binnen
Sekunden sich löst und auch für Allergiker völlig ungiftig ist.