Malerfarben früher
Wurde die
rheumatische Arthritis, an der Rubens, Renoir und Dufy litten, oder die
Sklerodermie von Paul Klee durch Schwermetallhaltige Farben
verursacht?
Ein Vergleich mit zeitgenössischen
Künstlern zeigt, dass diese Maler leuchtendere und hellere Farben benutzen, die
vorzugsweise Schwermetallsalze und weniger Erdfarben enthielten. Ein strahlendes Gelb, Rot,
Weiß, Grün, Blau oder Violett enthält toxische Metalle wie Quecksilber, Cadmium,
Arsen, Blei, Antimon oder Chrom.
In Erdtönen wie Ocker, Olivgrün oder
Braun finden sich harmlosere Eisenkomponenten und nicht-toxische Mengen von
Silizium und Aluminium.
Ein Blick auf verschiedene Bilder der vier erwähnten Maler verrät, dass diese kräftige Farben bevorzugten. Die Vögel auf Klees Bildern strahlen in Rot und Weiß in blauen und grünen Gärten, Renoirs Menschen sind in leuchtendes Rot oder Blau gekleidet, und Dufy und Rubens liebten ebenfalls diese klaren Farben.
Dänischen Rheumatologen fiel der Zusammenhang zwischen dieser Farbwahl und der rheumatischen Erkrankung bei diesen Malern auf. Sie verglichen ihre Bilder daraufhin mit denen von zeitgenössischen Künstlern, die in der gleichen Gegend und unter ähnlichen Bedingungen gelebt hatten. Für Rubens wurden zum Vergleich Rembrandt und Vermeer herangezogen, für Renoir Monet und Degas, für Dufy Rouault und Derain und für Klee Kandinsky und Schmidt-Rottluff. Bei den Recherchen stellte sich übrigens heraus, dass Renoir und Monet in ihrer Jugend sich sogar ein Atelier geteilt hatten.
Die Farbanalyse von verschiedenen Bildern ergab, daß die vier Maler mehr strahlendes, Quecksilber und Cadmium enthaltendes Rot, kräftiges arsen-, Cadmium- und bleihaltiges Gelb und mit Kupfer, Kobalt, Aluminium und Mangan versetztes Blau verwendeten als die ,,Kontrollen“, bei denen mehr Erdfarben
vorherrschten.
Es gab für die vier Maler verschiedene Möglichkeiten, sich mit den schwer-metallhaltigen Farben zu kontaminieren. So kann man sich vorstellen, dass Renoir, der ein starker Raucher war, beim Drehen der Zigaretten mehr von dem an seinen Händen klebenden Quecksilber an dem Papier verstrich, als ihm zuträglich war. Ein Künstler, der selbstvergessen mehrmals am Tag am Pinsel kaut, nimmt jedesmal schätzungsweise 0,05 ml Zinnober auf, was zusammen-gerechnet die wöchentlich noch tolerierbare Menge Quecksilbers von 0,3 mg um ein Mehrhundertfaches übersteigt.
Arme Künstler lebten, kochten und aßen überdies in ihren Ateliers. Wasser und Nahrung konnten dadurch leicht mit toxischen Schwermetallen kontaminiert werden. Außerdem wurden die Ateliers durch Öfen geheizt, auf denen farben-befleckte Kleider getrocknet oder in denen, aus Mangel an anderem heizbaren
Material, ausrangierte Bilder verbrannt wurden - beides Quellen toxischer Metalldämpfe.
Die dänischen Rheumatologen
kommen zu dem Schluß, daß die Exposition gegenüber Quecksilber,
Cadmium, Arsen, Blei, Antimon, organischem Kupfer, Mangan oder Kobalt
die Entwicklung einer rheumatischen Erkrankung bei Rubens, Renoir, Dufy und
Klee fördern konnte. Die Aufnahme dieser Metalle
und
Metallsulfide mag auch heute noch bei der Ätiologie einer rheumatischen Arthritis
oder der Sklerodermie eine Rolle spielen.
Interessant ist auch die
Beobachtung, dass die Meister in ihren Werken eine deutliche Chronik ihres
Leidens hinterließen. So konnte Dufy in seinen späten Jahren nur noch grobe
Pinselstriche ziehen.
Quelle:
PEDERSEN, C.M.: Arthritis berühmter Maler. Ärztliche Praxis; Seite 3068. XL.
Jahrgang Nr. 97 vom 3. Dezember 1988
Aus:
Daunderer - Klinische
Toxikologie - Giftinformation - Giftnachweis - Vergiftungstherapie
Loseblattwerk in 13 Ordnern mit Aktualisierungsservice oder CD-ROM
- 90.
Erg.-Lfg. 12/94
Kapitel Metalle (umfasst 767 laufende
Seiten)
III-9.1 Allgemeines
Seite 4-5
(CD-ROM Ausgabe 2/2002 laufende Seite 4-5)
ISBN 3-609-70000-9