MCS wenn die Umwelt
krankmacht
Zarte Aromen sorgen für gute Laune und Entspannung.
Doch immer mehr Menschen können die Flut an chemischen Duftstoffen nicht
verkraften. Auch wenn sie uns ein Gefühl von Frische und Frühling ins Leben zaubern:
Als so genannte Kontaktallergene machen Duftstoffe inzwischen rund einer
Million Menschen in Deutschland das Leben schwer. "Damit ist die
Duftallergie nach der Nickelallergie die zweithäufigste", so Dr. Johannes Huss-Marp vom Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM) der TU
München.
Diverse Verdächtige
Waschmittel kommen als Verursacher ebenso in Frage
wie Deodorants, Duftvernebler und Parfums. Genauso
Haushaltsreiniger und
Frischluftsprays. Kommt die Haut immer wieder mit dem
Allergen in Berührung, kann es zu entzündlichen Hautverdickungen kommen. Oft helfen
nur noch kortisonhaltige Salben. "Ein hohes Risiko haben ganz besonders
Menschen, die wiederholt mit potenten Kontaktallergenen
in Berührung kommen wie z.B. Frisöre. Aber auch Menschen, deren Hautbarrierefunktion
durch ständige Schädigung oder Reizung gestört ist (z.B. Ärzte, Köche,
Reinigungspersonal). Wenn bereits eine Kontaktallergie auf andere Substanzen
besteht (z.B . auf Nickel an Jeansknöpfen, Latex an Gummihandschuhen
oder sogar auf Ficus-Benjamini-Bäume), dann ist das
Risiko höher."
Schock beim Einatmen
"Schon in kleinsten Mengen können diese Stoffe
auch die Schleimhäute in Nase, Mund und Lunge reizen", sagt der
Zellphysiologe Prof. Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt von der
Ruhr-Universität Bochum. Symptome wie Kopfschmerzen, Unwohlsein und sogar
Asthmaanfälle können die Folge sein. "In seltenen Fällen kommt es zum
lebensbedrohlichen Schockzustand, weil sie die Atemwege extrem verengen",
warnt der Experte. Ein Allergietest beim Dermatologen kann unter Umständen Klarheit
bringen. Eine schwierige Aufgabe. Denn allein in einem Parfum können mitunter
bis zu 200 Duftstoffe enthalten sein.
Zurück zur Natur
In unserer Welt ist es fast unmöglich, Duftstoffe zu
meiden. Sie begegnen uns überall: in Duftkerzen, Parfums und Duschgels, in
Zahncremes, medizinischen Salben und Toilettenpapier.
Sie stellen das Immunsystem vor Identifikationsaufgaben, für die es
ursprünglich nicht konzipiert war. Zur Allergie kann sich deshalb im
schlimmsten Fall auch noch die so genannte MCS gesellen: die Multiple Chemische
Sensitivität (siehe Kasten oben), eine komplette Überlastungsreaktion des Nervensystems
als Abwehr auf diverse Chemikalien. Empfindlichen Menschen rät Prof. Hatt deshalb: "Verwenden Sie duftstofffreie Hautpflegeprodukte
und Waschmittel." Meiden Sie ätherische Öle, von denen bekannt ist, dass sie
Kontaktallergien verursachen können wie z.B. Teebaumöl oder auch Zimtaldehyd,
das oft als kostengünstige Duftkomponente in Haushaltsprodukten enthalten ist.
So entwickelt sich die
Allergie
Ein einziger Tropfen eines Duftstoffes auf der Haut
kann für die Sensibilisierungen ausreichen. Das Immunsystem wird aktiviert, um
den Körper gegen nachfolgende Kontakte mit dem Allergen zu wappnen. Auf der Haut
startet durch Vermittlung von Immunzellen, den so genannten T-Lymphozyten, eine
Entzündungsreaktion, um das Allergen abzuwehren. Der wiederholte Kontakt mit
dem Allergen führt 24 bis 72 Stunden nach dem Kontakt zu lokaler Rötung und
Schwellung der Haut. Im Extremfall kommt es zu quälendem Juckreiz oder sogar zu
Blasen.
MCS: Das vergiftete
Nervensystem
Multiple Chemical
Sensitivity (MCS) ist keine Allergie, auch wenn die Symptome ähnlich
erscheinen. Hintergrund der Krankheit ist ein durch Chemikalien vergiftetes
Nervensystem, welches sich nicht mehr aus eigener Kraft reinigen kann.
Gerlinde Felix, Frau im
Spiegel, 15.03.2007
GESUNDHEITSMAGAZIN