1952 Liebe zu alten Möbeln

Verwandte, die Osterrieder, bekamen alle antiken Möbel im Krieg geliehen, als sie ausgebombt waren. Sie wollten sie behalten, man musste sie beknien. So entstanden die ersten Briefe auf der Schreibmaschine, die Max tippte. Er hatte sie von alten Rechtsanwalt Briefen abgeschrieben. Die Mutter hielt den Versuch für völlig wertlos, unterschrieb aber die endlich tippfehlerfreie Fassung mürrisch. Infolge des barschen Tones gaben die Verwandten nach jahrelangem Briefverkehr und Rechtsanwaltsdrohung 1955 uns die Möbel zurück. Alles war erheblich beschädigt, der große, eingelegte Barockschrank vorne mit Ölfarbe übergossen, eine Kiste mit herabgefallenen Furnieren lag dabei. Vater war entsetzt über den Gestank nach altem Holz und den Holzwurm. Das Aussehen war erbärmlich. In einer einjährigen Arbeit wurden alle Furniere ihrem Platz zugeordnet. Der Großteil der Möbel fand seinen Platz im Speicher. Der Barockschrank hatte es Max angetan. Vater wollte ihn verheizen, Mutter war abwartend. Die Entscheidung fiel, als Vater anbot, an seiner Stelle einen neuen Sperrholzschrank vom Schreiner, dem Vater eines Mitschülers zu bestellen. Max hatte 40,- DM gespart und den Vater des Mitschülers Brunner Otto, einen Antiquitätenhändler, in die Wohnung geholt. Der war begeistert. Das sei der einzige erhaltene Barockschrank aus der Münchner Schule, 1779 steht groß oben drauf. Er wollte ihn sofort für 4.000,-DM kaufen - ein unvorstellbar hoher Preis für damals - mehr als ein Volkswagen kostete. Jetzt war der Schrank von Interesse. Papa willigte ein zur Restaurierung, die Max ganz bezahlte. Ein fehlendes Scharnierteil vom Schlosser gegossen und Füße, nach eigenem Entwurf vom Schreiner gedrechselt, vervollständigten das Bild. Dem ging ein eingehendes Studium des Barocks und seiner Schränke voraus. Natürlich litt darunter das Interesse am Gymnasium, das ohnehin nur mitlief.

(Auszug aus meiner neuen Biografie)