VERKORKSTE LEICHENSCHAU
Nach einigen Jahren ist der Patient (siehe
„Beim Rasieren vergiftet“) tot im Bett
gelegen, die Tochter rief mich an und bat um die erforderliche Leichenschau.
Meine Hilfe, die später Heilprakterin wurde, wollte
unbedingt dabei sein und eine korrekte
Leichenschau sehen.
Ich ging wie immer mit Notarztkoffer und EKG
hin. Als wir gemütlich nach Erledigung der Kassenpraxis hinkamen, war der
Patient vom Pfarrer versehen, er lag gewaschen aufgebahrt in seinem Bett, die
Vorhänge zugezogen, 2 brennende Kerzen am Nachtisch, Tochter und Enkeltochter
weinend betend im Zimmer. Ich bat beide hinaus, deckte den Toten ab und zog ihn
aus. Dabei wunderte ich mich „über seine Mithilfe“. Dann legte ich das EKG an,
während ich meiner Hilfe wörtlich die Leichenschau erklärte, bedacht, keine
Angst bei ihr aufkommen zu lassen und sie zu beschäftigen. Plötzlich hielt ich
inne, taste zum Halspuls, zur Leiste, klopfte in der Ellenbeuge kurz auf den
Muskel, riss die Augen des Patienten auf, sah auf den Pupillenreflex, öffnete
den Mund des Patienten. Alles geschah gleichzeitig in wenigen Sekunden.
Plötzlich schrie ich laut: „Herr Zaus, hören`s mit
dem Theater auf“. Packte ihn wie ein Besinnungsloser unter dem Arm, schob seine
Füße aus dem Bett, half ihm hoch und begleitete ihn aus der Türe hinaus, vor
der seine Leute schreckensbleich vor meinem Wutanfall standen. Erst, als ich
sah, wie ich beide erschreckt hatte, kam
ich zur Vernunft, setzte ihn zurück aufs Bett und klärte die Situation.
Schon früher war mir das hysterische Verhalten
mit Neigung zum katatonen Stupor (Störungen der Psychomotorik, beruhend auf
Willens- und Denkstörungen: Bewegungslosigkeit, Erstarrung. Keine psychische
oder körperliche Aktivität bei wachem Bewusstsein, besonders bei Schizophrenie
und schwerer Depression) des schwerstkranken 76 jährigen Patienten mit
Herzinsuffizienz (Insuffizienz: verminderte
Funktions- u. Leistungsfähigkeit eines Organs oder Organsystems) mit Lungenstau, metastasierendem Prostatakarzinom und
Neigung zu Depressionen aufgefallen. Bei der anschließenden eingehenden
Untersuchung war er jedoch gesund. Er lebte noch über 2 Jahre mit seinen vielen
Beschwerden.
Seiner Enkeltochter machte ich später den
Trauzeugen im Wallfahrtsort Birkenstein. Seine Tochter betreute ich später mit
Alzheimer. Das damalige Ereignis schmiedete uns zusammen.