Labbyisten beim Europäischen Parlament 20 000

 

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From: NIEBLER Angelika

To: NIEBLER Angelika

Sent: Friday, April 11, 2008 10:40 AM

Subject: Europa-Telegramm April 2008/1 - Transparenzinitiative

 

Die Mär vom Geldkoffer - Interessenvertretung in Brüssel

 

"Willst Herzen und Stimmen du gewinnen, lass Köstliches durch die Kehle rinnen", spöttelte in den 1850-er Jahren ein Untersuchungsausschuss des US-amerikanischen Kongresses über Samuel Colt. Der Waffenmogul hatte versucht, Politiker mittels feucht-fröhlicher Feste oder kostbarer Geschenke dazu zu bewegen, für einen Gesetzesentwurf zu stimmen, der sein Patent auf den Trommelrevolver verlängern sollte. Angesichts solcher und ähnlicher Vorkommnisse klingt das Wort Lobbying noch heute nicht ganz ohne Grund nach Hinterzimmern, dicken Geldkoffern und luxuriösen Spesenreisen.

 

Die Realität in der europäischen Hauptstadt Brüssel ist davon jedoch weit entfernt. Hier ist seriöse Interessenvertretung für viele zum Beruf geworden. Die Brüsseler Politikberater und Public Affairs Experten sind aus dem Alltag des europäischen Gesetzgebungsprozesses nicht mehr wegzudenken. Ihre Expertise ist besonders bei fachspezifischen Detailfragen unentbehrlich, Lobbyisten stellen im Sinne eines offenen und pluralistischen Dialogs sowohl für die Europäische Kommission als auch das Europäische Parlament - z. B. in Form öffentlicher Anhörungen - eine wichtige Informationsquelle dar.

 

Dennoch kann man schnell den Überblick verlieren, wer welche Position bei wem erfolgreich vertreten hat, denn das Heer der Brüsseler Interessenvertreter zählt schon seit langem weit mehr Köpfe als das der Entscheidungsträger in Parlament, Kommission oder Rat. Allein 4.570 Personen sind beim Europäischen Parlament akkreditiert,

 die Gesamtzahl hauptberuflicher Lobbyisten in der europäischen Hauptstadt wird auf 15.000 bis 20.000 geschätzt. Wichtige Rahmenentscheidungen werden zunehmend auf europäischer Ebene getroffen und werden daher auch immer wichtiger für die Interessenvertreter. Geschätzte 80% der für die Industrie relevanten Gesetze in Deutschland haben heutzutage ihren Ursprung in Brüssel.

 

Um Korruptionsversuche schon im Ansatz zu ersticken und den Prozess der Interessenvertretung fair und transparent zu gestalten, hat die Europäische Kommission im Rahmen der Europäischen Transparenzinitiative eine Neuregelung für den Zugang von Lobbyisten zu den Europäischen Institutionen vorgeschlagen.

 

Damit traf sie im Europäischen Parlament auf breite Zustimmung. In einem kürzlich im Ausschuss für konstitutionelle Fragen verabschiedeten Bericht sprechen sich die Abgeordneten für die Schaffung eines gemeinsamen Registers für alle Europäischen Institutionen aus, das institutionenübergreifend Transparenz schaffen soll. Außerdem sollen nach dem Willen der Parlamentarier Lobbyisten ihre Einkünfte und Auftraggeber offen legen und einem gemeinsamen Verhaltenskodex unterworfen werden, dessen Nichtbeachtung Sanktionen nach sich zieht. Falschspieler und Geheimniskrämer müssen damit in Zukunft draußen bleiben.

 

Als derzeit einziges Organ, das bereits über einen Verhaltenskodex sowie ein de facto verpflichtendes Register von Lobbyisten verfügt, setzt sich das Parlament auch für eine größere Transparenz in den anderen europäischen Institutionen ein. Insbesondere die Europäische Kommission ist gefragt, offen zu legen, von wem sie sich beim Entwurf ihrer Gesetzesvorschläge beraten lässt. Nur durch klare, effiziente Regeln und transparente Angaben kann die Mär vom Geldkoffer für die europäischen Bürger entmystifiziert werden.

 

 

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann schreiben Sie mir bitte!

Mehr Informationen zu diesem Themenkomplex finden Sie auf folgenden Seiten im Internet:

 

Link zum Hintergrunddossier der Pressestelle des Europäischen Parlaments:

 

http://www.europarl.europa.eu/news/public/focus_page/008-25231-168-06-25-901-20080331FCS25217-16-06-2008-2008/default_de.htm

 

Link zum (bereits abgeschlossenen) öffentlichen Konsultationsverfahren:

 

http://ec.europa.eu/transparency/eti/index_de.htm

 

http://ec.europa.eu/commission_barroso/kallas/transparency_en.htm