Kunststoff Brände

Insassen aus brennendem PKW gerettet - an Giftgas gestorben

Geraten Autos bei einem Unfall in Brand, so können die zahlreichen Kunststoffe in Bau- und Ausstattungsteilen noch lebenden Insassen zum Verhängnis werden: Tödliche Gifte - z.B. Zyanide - werden frei.

 

Ein Vorfall, der sich bei einer Massenkarambolage auf der Autobahn A6 Heilbronn-Nürnberg im Januar 1990 zutrug, illustriert dies: Insassen eines brennenden PKWs brachen bei dem Versuch, sich durch das Heckfenster zu retten, plötzlich zusammen. Blutanalysen, die Dr. R. Nowak und Kollegen an der Abteilung für Rechtsmedizin der Universität Ulm durchführten, ergaben: Beim Tod dieser 3 Menschen spielten nicht Aufprall- oder Brandverletzungen, sondern Zyanide die entscheidende Rolle - eventuell im Verbund mit Kohlenmonoxid und anderen eingeatmeten Giftgasen. Das Zyanid stammte aus Polstern, Schonbezügen, Armaturenteilen, Fußmatten etc. Denn aus den zahlreichen darin verarbeiteten Kunststoffen werden bei Verbrennung oder Verschmorung Noxen wie Furane, Dioxine oder Zyanide freigesetzt. Die im Blut der drei Opfer nachgewiesenen Konzentrationen an Kohlenmonoxid waren nicht hoch genug, um deren Tod zu erklären.

 

Um den Rückständen bei Fahrzeugbränden auf die Spur zu kommen, inszenierten die Ulmer daraufhin zusammen mit der Feuerwehr einen Autobrand (3er-BMW). Die entstehenden Gase wurden abgesaugt und analysiert: 31 verschiedene organische Verbindungen wurden darin identifiziert. Die Auto(zubehör)hersteller sind deshalb gefordert zu prüfen, ob tatsächlich so giftige Stoffe verarbeitet werden müssen.

 

Da manche eingeatmeten Stoffe sich sehr fest an Blutproteine binden können, ist es sogar möglich, dass die angewandten Trennverfahren bei Blutanalysen nicht einmal ausreichen, um alle Noxen nachzuweisen. Ein Feld für weitere Forschung, die dringend notwendig erscheint.

 

Quelle: uni ulm intern 160/Okt. 1990, S. 19