Wie lange war ich weg
 
Fast zehn Jahre lang wurde Donald Herbert von Pflegern gewaschen, gefüttert, angekleidet und im Rollstuhl in den Garten geschoben, ohne dass der frühere Feuerwehrmann seine Umgebung bewusst wahrgenommen hätte. Der heute 44-Jährige lebte in einem so genannten vegetativen Zustand - einer Art Wachkoma -, seit er im Dezember 1995 bei einem Einsatz von den Trümmern eines herabstürzenden Daches getroffen und begraben worden war. Minutenlang ohne Sauerstoff wurde sein Gehirn stark geschädigt.

Seit sieben Jahren wohnt Donald in einem Pflegeheim in Buffalo im US-Staat New York. Seine Familie besuchte ihn, so oft es ihr möglich war. Zu keinem Zeitpunkt hatten sie den Mann aufgegeben, obwohl er weder sprach noch sonst eine Reaktion zeigte. Doch dann kam dieser magische Moment Ende April dieses Jahres: "Ich will meine Frau sprechen", sagte Donald nach zehnjährigem Schweigen.

Seine vier Söhne, andere Familienmitglieder und Freund eilten sofort an das Pflegebett. Und Donald sprach - fast ohne Unterbrechung - 14 Stunden lang. "Wie lange war ich weg?", fragte er seine Frau Linda und war über die Antwort sehr erstaunt. Die zehn Jahre waren in seinem Empfinden nur drei Monate gewesen. An Kleinigkeiten aus der Vergangenheit konnte sich Donald noch erinnern. Aber seine Söhne musste er neu kennen lernen.

Für den behandelnden Arzt Jamil Ahmed kamen die Fortschritte seines Patienten nicht ganz unerwartet. Der aus Pakistan stammende Mediziner machte sich Beobachtungen bei anderen hirnverletzten Patienten zu Nutze. Schon Monate zuvor hatte er Donald auf eine neue Medikamententherapie eingestellt. Zur Anregung der Hirnzellenaktivität verabreichte er nach Absprache mit der Familie eine Kombination aus Alzheimer- und Parkinson-Medikamenten, ein Antidepressivum und ein weiteres Pharmazeutikum, das sonst gegen Hyperaktivität eingesetzt wird.

Seit seinen ersten Worten hat sich Donalds Zustand noch immer nicht vollständig stabilisiert. Sein Wahrnehmungsvermögen ist nicht mehr so klar wie in den ersten Stunden Ende April. Dennoch ist sein Arzt zuversichtlich: Schließlich habe der 44-Jährige das Lachen wieder gelernt, die ersten Geh-Versuche unternommen und eine Physiotherapie begonnen. Auch sei er schon in der Lage, wieder Fußball zu spielen.

Nach Expertenangaben ist eine derart plötzliche Verbesserung des Zustandes eines Wachkomapatienten von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Dabei spiele die Medikation eine entscheidende Rolle. Vor allem die Nebenwirkungen von Arzneimitteln könnten den entscheidenden Anstoß geben.

© 2005 The Associated Press.