Kleinstpartikel Schäden

 

Rückversicherer fürchten das große Risiko aus Kleinstpartikeln  Branche sucht Berechenbarkeit bei „Emergins Risks"  Elektromagnetische Felder, Nano- und Gentechnik sind besonders unbeliebt

 

"Tierversuche haben teilweise Ergebnisse gezeigt, die uns an Asbest erinnern", gibt Bürge zu. Deshalb seien die Rückversicherer sehr bestrebt,   wissenschaftliche Erkenntnisse über die Nanotechnologie zu sammeln.

Die Möglichkeit zu Tierversuchen macht die Risiken wenigstens in Ansätzen berechenbarer. Aber das ist offenbar nicht der einzige Grund dafür, dass in diesem Bereich Ausschlüsse seitens der Rückversicherer eher unüblich sind . "Nanotechnologie wird sich zu einem Riesengeschäft entwickeln, auch für die Versicherer". prognostizierte Bürge. Wir ver versuchen mit  Hilfe  von Wissensuchen mit Hilfe von Wissenschaftlern sicherzustellen, dass jeder, der Nanopartikel in die Welt setzt, zuvor die Folgen testen muss."

Mobilfunkantenne auf Dach. winzigste Nanopartikel in der Sonnencreme, die genmanipulierte Tomate auf dem Frühstücksbrötchen       überall   lauern   unerforschte   Gefahren.   Im   Versicherungsdeutschen heißen sie "Emerging Risks" und gelten als heikle Fälle

„Tierversuche

mit Nanoparti-

keln erinnern uns

teilweise an

Asbest"

 (Marcel Bürge Bürge, Swiss Re)

"Die Versicherbarkeit von Emerging Risks muss dem strikten Grundsatz nach vielfach verneint werden", heißt es in einer Analyse der Swiss Re. Dennoch müsse man das Damoklesschwert der neuen Risiken „bestmöglich versicherbar machen".

Gerade für die  Rückversicherer sind Emerging Risks eine enorme Herausforderung: Da ein Schadensfall in der Vergangenheit noch nicht eingetreten ist, gestaltet sich die Berechenbarkeit des Risikos und damit der nötigen Prämien als äußerst schwierig.

Tritt der Schadensfall ein, passiert das häufig graduell und mit großen Zeitabständen. Oft herrscht sogar Unsicherheit darüber, ob überhaupt ein Risiko besteht.

Elektromagnetischc Felder (EMF) sind so ein umstrittenes Problem: Sie werden durch Mobilfunkantennen. Handys oder Starkstromleitungen erzeugt.    Bei    vielen    Menschen herrscht Angst vor Krankheiten oder anderen Schädigungen  die solche Felder auslösen    könnten.    "Die Risikoperzeption ist  hoch",  nennt das Marcel Bürge, Leiter des Bereichs Risk Engineering bei der Swiss Re. "Ein Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen elektromagnetischer Strahlung und Erkrankungen ist wissenschaftlich aber nicht nachgewiesen" Trotzdem hat es bereits   Klagen   gegen Mobilfunkbetreiber  gegeben. Bis der Gegenbeweis erbracht ist, bleibt das EMF-Risiko für die Rückversicherer weitgehend unkalkulierbar.

Mit einem solchen Risiko will die Branche so wenig wie möglich zu tun   haben.   In   einem Ranking der  Swiss  Re taucht EMF als das schwierigste un-ter den Emerging Risks auf - noch vor Genfood und Rinderwahn. "Wenn wir   alleine   darüber   entscheiden könnten, würden wir EMF am liebs-ten zumindest aus proportionalen Industrie-Versicherungsverträgen ausschließen", sagte Swiss-Re Mana-ger Bürge. Je nach Kunde gebe es bereits Ausschlussklauseln in diesem Bereich:   "Ein Mobilfunkantennen-Besitzer wird es schwer haben, von uns eine uneingeschränkte Deckung zu bekommen, die EMF einschließt." Dass die Rückversicherer Angst vor dem Versichern bekommen, ist vorallem bei solchen Risiken der Fall, die sie selbst durch komplzierte mathematische Modelle in ihrer Höhe nicht abschatten können. "Solange wir die Risiken anhand von Szenarien eini-germaßen berechnen können, und sie versicherbar", so Bürge.

In die Kategorie versicherbar fallen die  Risiken  der   Nanotechnologie. Diese relativ neue Technik nutzt winzigste industriell gefertigt Partikel um beispielsweise schnellere Computerchips herzustellen, effizientere Batterien   oder   feuchtigkeitsspendende Sonnencrenmes. Ungeklärt ist bisher aber, was Nanopartikel an richten können, wenn sie in den menschlichen    Körper    gelangen.

 

Generell gilt für Emerging Risks: Je besser sie zu berechnen sind, desto besser sind sie zu versichern. Große Schwierigkeiten sieht Bürge derzeit im Bereich der Identifikations-Mikrochips sowie in einem möglichen Szenario von Antibiotikaresistenz bei Patienten. Solche Falle seien für die Rückversicherer wegen mögli-cher Klagen von Betroffenen über-haupt nicht abschätzbar, sagt Bürge.

Genmanipulierte Tomaten oder Sojabohnen hak der Experte persönlich für eher unschädlich. Dennoch verhalte es sich damit ähnlich wie mit EMF: Die psychologische Risk-operzeption in der Bevölkerung so sehr hoch. Das kann über kurz oder lang auch zu vielen Klagen und möglicherweise Urteilen gegen die Hersteller genmanipulierter Produkte führen, ganz unabhängig vom naturwissenschaftlichen Nachweis einer Schädlichkeit. Dazu kommt, dass gentechnisch veränderte Pflanzen kaum sauber getrennt von anderen Agrarprodukten angebaut werden können. Das kann zu einer Haftung der Gen-Bauern führen - wie sie im deutschen Gesetz auch ausdrücklich vorgesehen ist. In der Liste der problematischen Emerging Risks der Swiss Re schaffen es Nahrungs- und Genussmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen daher auch auf Platz zwei.

 

 Financial Times Dtschl.10/04

 

 

 

 

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