Johanniskrautextrakt besteht auch gegen chemische Antidepressiva

 

Im Rahmen eines Symposiums auf dem DGPPN-Kongress im November letzten Jahres wurden die Daten einer Vergleichsstudie zwischen hoch dosiertem Johanniskraut (900 mg) und dem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Citalopram (20 mg) bei der Behandlung mittelschwerer Depressionen vorgestellt. Dabei zeigte sich das Phytotherapeutikum ebenbürtig in seiner antidepressiven Potenz, bei deutlichen Vorteilen hinsichtlich Verträglichkeit und Kostenersparnis.

 

Die Prävalenz depressiver Erkrankungen nimmt in Deutschland weiter zu. Als therapeutische Optionen stehen zum einen klassische Trizyklika und selektive Serotonin- und/oder Noradrenalinwiederaufnahmehemmer zur Verfügung, zum anderen die etablierten Johanniskrautpräparate, die von den Patienten aufgrund ihrer guten Verträglichkeit häufig bevorzugt werden. Doch wie steht es um die Effektivität dieser Phytotherapeutika im Vergleich zu den chemischen Präparaten bei der Therapie mittelschwerer Depressionen? Dieser Frage ging eine aktuelle Studie nach, die den Hypericumextrakt STW3-VI (Laif 900) gegen Citalopram 20 mg (Cipramil) und Plazebo verglich. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden kürzlich auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) vom Studienleiter Prof. Dr. M. Gastpar, Rheinische Kliniken Essen, vorgestellt.

 

IST JOHANNISKRAUTEXTRAKT CITALOPRAM EBENBÜRTIG?

 

An der multizentrischen, randomisierten doppelblinden Studie nahmen insgesamt 388 Patienten mit mittelschwerer Depression teil. Die Diagnose wurde zu Beginn der Studie anhand des Hamilton-Depression (ILAMD)-Score überprüft, der für alle Studiensteilnehmer vergleichbar war (Mittel 21,9). Die Patienten wurden in drei Gruppen aufgeteilt und erhielten einmal täglich entweder 900 mg des Hypericumextraktes STW3-VL, 20 mg Citalopram oder Plazebo über einen Zeitraum von sechs Wochen.

Ziel der Studie war es, die Nicht-Unterlegenheit von Laif 900 im Vergleich zu Citalopram nachzuweisen (weniger als drei Punkte Unterschied im HAMD-Score) und die signifikante Effektivität gegenüber Plazebo zu bestätigen.

 

DEUTLICHE VERBESSERUNG IM HAMD-SCORE

 

Als Behandlungserfolg wurden Werte <10 oder eine mindestens 50%-tige Verbesserung im HAMD-Core gewertet. Dieses Ziel wurde sowohl von der Citalopram- als auch von der Johanniskrautgruppe erreicht (jeweils 10,3 +- 6,4), von der Plazebogruppe hingegen nicht (13,0 +- 6,9). Damit war die Testung auf Nicht-Unterlegenheit von Hypericumextrakt STW3-VI gegenüber Citalopram eindeutig signifikant ( p < 0,0001), außerdem war STW3-VI Plazebo signifikant überlegen (p < 0,0001). Vergleichbare Ergebnisse zeigten sich auch hinsichtlich der sekundären Wirksamkeitsparameter Befindlichkeits-Skala nach von Zerssen (BfS-Score) und der Clinical Global Impression Score (CGI). Der Anteil der Therapieresponder lag in beiden Verumgruppen ebenfalls auf gleichem Niveau (55,0% Hypericumextrakt, 56,7% Citalopram) und deutlich über dem Wert der Plazebogruppe (39,2%).

 

BESSERE VERTRÄGLICHKEIT, WENIGER KOSTEN

 

Die Verträglichkeit der Studienmedikation wurde von den meisten Untersuchern als „gut“ oder „sehr gut“ bezeichnet. Insgesamt traten 222 unerwünschte Nebenwirkungen bei 138 Patienten auf. Dabei konnten in der Citalopramgruppe signifikant mehr unerwünschte Arzneimittelwirkungen festgestellt (53,2%) werden als in der Hypericumgruppe (17,2%) oder unter Plazebo (30%).

Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten hatte das Phytotherapeutikum eindeutig die Nase vorn. Von Vorteil erscheint auch die Compliance-freundliche einmal tägliche Gabe, die besonders in der Langzeittherapie einen nicht zu unterschätzenden Punkt darstellt.

Laif 900 gehört zu den Phytotherapeutika, die nach § 34 (Abs. 1, Satz 2, SGBV) verordnungsfähig sind.

Quelle: Ärztliches Journal, 12. Jahrgang, Nr. 1 2005