Jeder dritte Forscher mogelt
Forschungsskandale und Datenmanipulationen haben wiederholt die
Glaubwürdigkeit der Wissenschaft erschüttert. In den USA hat eine groß
angelegte Studie jetzt erstmals das Fehlverhalten unter Forschern
zahlenmäßig erfasst - mit erschreckenden Ergebnissen.
DPA
Labor: Fehlverhalten in den USA an der Tagesordnung
In schaurig-schöner Regelmäßigkeit stolperten in den vergangenen Jahren
selbst prominente Wissenschaftler über Betrugsskandale. Doch die wenigen
spektakulären Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs, wie jetzt die erste
groß angelegte Studie über wissenschaftliches Fehlverhalten in den USA
nahe legt.
Ein Team um Brian Martinson von der Health Partners Research Foundation
hat 3247 US-Wissenschaftler befragt - darunter Biologen, Mediziner,
Chemiker, Physiker, Ingenieure und Sozialwissenschaftler. Das
erschreckende Ergebnis, nachzulesen in der aktuellen Ausgabe des
Fachblatts "Nature": Jeder dritte Forscher hat nach eigenen Angaben allein
in den vergangenen drei Jahren mindestens ein potentiell strafwürdiges
Vergehen begangen.
6 Prozent der Befragten haben eingeräumt, in ihren Fachartikeln Daten
verschwiegen zu haben, die ihren eigenen Forschungsergebnissen
widersprochen hätten. 15 Prozent hätten Daten ignoriert, von denen sie
"aus dem Bauch heraus" geglaubt hätten, sie seien falsch. Besonders
bedenklich: Weitere 15 Prozent der befragten Wissenschaftler hätten den
Aufbau, die Methodologie oder die Ergebnisse einer Studie verändert, weil
sie von ihren Geldgebern unter Druck gesetzt worden seien.
"US-Wissenschaftler zeigen Verhaltensweisen, die weit über Fälschungen,
Erfindungen und Plagiate hinausgehen", schreiben Martinson und seine
Kollegen. Es sei vor allem das scheinbar banale, dafür aber weit
verbreitete Fehlverhalten, das für die Integrität der Forschung
mittlerweile eine große Gefahr darstelle. Man müsse daher mehr als nur die
prominenten, aber seltenen Fälle von Forschungsbetrug betrachten.
Als Gründe für die immer weiter um sich greifenden Verstöße machen die
Forscher eine ganze Reihe von Faktoren aus. So seien Wissenschaftler
heutzutage hartem Wettbewerb und strenger Regulierung ausgesetzt, heißt es
in "Nature". Hinzu kämen gesellschaftlicher Druck und immer höhere
Anforderungen aus den Chefetagen von Unternehmen.