Im Steinsalz, 800
Meter tief unter der Erde, lagern 2,6 Millionen Tonnen vergifteter Müll: Herfa-Neurode in Nordhessen ist die
weltweit erste und bislang grösste Untertagedeponie für Sondermüll. Etwa
zwanzigmal pro Tag liefern Spediteure in Herfa hochbrisante Fracht an. Zwar
wird hier noch immer Kali abgebaut. Aber in den ausgeräumten, leeren
Grubenfeldern verschwindet seit 35 Jahren der gefährlichste Abfall unserer
Zivilisation.
In diesem Kali-Bergwerk lagert ein ganzes Arsenal hochgiftiger Substanzen:
Hier lagern aber auch stumme Zeugen unrühmlicher Umweltskandale:
Und jährlich kommen 50 000 Tonnen Sondermüll dazu. Nicht allein aus
Deutschland. Auch die europäischen Nachbarn wie Frankreich, Österreich und die
Schweiz liefern an, weil sie selbst nicht über vergleichbare Deponien verfügen.
Jede Tonne kostet sie im Durchschnitt 260 Euro Einlagerungsgebühr.
Reise in achthundert Metern Tiefe
Herfa-Neurode nimmt keine flüssigen, keine radioaktiven oder leicht
entzündlichen Stoffe an. Ist der Inhalt überprüft und akzeptiert, tritt die
heikle Fracht eine Reise im Förderkorb bis in 660 Meter Tiefe an. Von dort aus
geht die Fahrt weiter in 800 Meter Tiefe. Ein verwirrendes Netz von Strassen
durchzieht die 25 Quadratkilometer große Deponiefläche. Stockdunkel ist es in
der Unterwelt. Nur die Scheinwerfer der Transporter beleuchten die Wände aus
Steinsalz. Meist sind sie schmutzig-grau, gelegentlich aber auch leuchtend
rot-orange, eingefärbt von Magnesium.
Pfeiler aus Steinsalz – zwischen 25 und 50 Metern dick – stützen das System der
Hohlräume. Per Gabelstapler werden sie mit Tonnen, Containern oder „Big Bags“
genannten Kunststoffsäcken gefüllt. Ist eine Kammer voll, wird sie mit einer
Backsteinmauer verschlossen. 17 Stoffgruppen verzeichnet die Deponie. Ihr
wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist ihre Verträglic
Giftmülllager „natürlich“ abgedichtet
Über den gefüllten Kammern türmen sich natürliche Barrieren auf: 300 Meter
gasdichtes Salzgebirge, 500 Meter dicke Buntsandsteinschichten und dazwischen
100 Meter mächtige Tonschichten. Gerade sie haben grosse Bedeutung - denn sie
verhindern das Einsickern von Wasser.
Wenn die Mauern längst zerbröckelt, Tonnen und Tore verrostet sind, wird das
Salzgebirge den Giftmüll fest eingeschlossen haben. „Das Salzgebirge reagiert
plastisch auf Beanspruchungen durch Kräfte in der Erdkruste“ sagen Experten.
Wie ein Hefeteig dehnt es sich aus und dichtet alle Ritzen und Fugen ab.
Deponiefeld I und II sind inzwischen voll, Deponiefeld III ist gerade eröffnet.
Es bietet Platz für die nächsten 30 – 40 Jahre. Aber das gesamte Grubenfeld hat
Raum für hunderte von Jahren.
Müll mit hohen
Metallanteil werden fürs Recycling interessant
Längst nicht alle Stoffe, die hier unten landen, sind für immer „aus den Augen,
aus dem Sinn“. So mancher erlebt ein unerwartetes Revival – Transformatoren zum
Beispiel. Sie waren wegen ihres PCB-verseuchten Kühlmittels in die Unterwelt
verbannt worden. Das Kühlmittel ist längst abgelassen worden, aber Reste
enthalten die Trafos noch immer. Seit allerdings der Kupferpreis auf dem
Weltmarkt exorbitant gestiegen ist, rücken andere „inneren Werte“ der Trafos
wieder ins Blickfeld. Sie enthalten auch Kupfer. Und Weicheisen – beides
attraktive Metalle, die gern zurückgeholt werden. Das allerdings ist erst
möglich, seit auch Recycling-Verfahren Fortschritte gemacht haben. Wenn die
Entwicklung so weiter geht, wird mancher rare Rohstoff den Weg retour ins
Diesseits nehmen – vorausgesetzt, die eingelagerten Mengen sind nennenswert und
mit wenig Aufwand zurück zu holen.
Und manch anderer wird gar nicht erst ins Jenseits befördert, weil er vorher
schon recycelt werden kann. Bemerkenswerter Weise sind schon jetzt die
eingelieferten Mengen rückläufig.
http://www.daserste.de/wwiewissen/thema_dyn~id,uvqqsav9cbvbgi65~cm.asp
Sondermüll
Bericht über die Sondermülldeponien in Deutschland.
Bei Planet Wissen (WDR/SWR).