Helicobacter Gastritis-Dogma gestürzt,
Nobelpreis für Entdecker
In einem normalen Magen
wachsen keine Bakterien, und wenn`s anders wäre, hätte man es längst erkannt.
Immer wieder musste sich der australische Pathologe Robin Warren diese
Argumentation anhören, wenn er mit Klinikern über seine Entdeckung diskutierte.
In Magenbiopsien von Gastritispatienten hatte er bogenförmige Keime entdeckt.
Seit 1979 war Robin Warren vom Royal Perth Hospital den
seltsamen Bakterien im Magen auf der Spur. In immer mehr Magenbiopsien hatte er
sie nachweisen können. Seine Überzeugung wuchs, dass sie mit der Gastritis assoziiert
waren. Kollegen davon zu überzeugen, schien zwar völlig unmöglich, doch Warren
traute mehr seinen Augen als den medizinischen Lehrbüchern und Honoratorien.
Ehefrauen als einzige Unterstützung
1981 nahm der Pathologe den Gastroenterologen Barry Marshall
von der University of Western Australia mit ins Forschungsboot. Der begann mit
Versuchen, die neu entdeckten Magenkeime zu kultivieren, was ihm 1982
schließlich gelang. Als er seine ersten Ergebnisse präsentierte, erntete er
allerdings nur herablassende Kritik. Doch daran waren er und Robin Warren
mittlerweile gewöhnt. Moralische Unterstützung erhielten die beiden Wissenschaftler
zu dieser Zeit nur von ihren Ehefrauen.
Selbst dem Lancet nicht wichtig genug
Im Folgejahr publizierten die beiden einen Leserbrief im
„Lancet“ mit einem histologischen und elektronenmikroskopischen Bild des
entdeckten Organismus. Im gleichen Jahr wurde Barry Marshall nach London
eingeladen, um vor Mikrobiologen einen Vortrag zu halten. Zwar schienen seine
Zuhörer anschließend überzeugt; die Ärzte von ihren alten Vorstellungen
abzubringen, erwies sich dagegen als deutlich schwieriger. Noch im Jahre 1984
mussten die beiden Wissenschaftler für ihre erste große Publikation im „Lancet“
hohe Hürden überwinden − zunächst wollten sich nämlich partout kein Rezensent finden, der die
Arbeit als wichtig und interessant einstufte.
Selbstversuch soll Ärzte überzeugen
Einigermaßen frustriert startete Barry Marshall noch im
selben Jahr seinen berühmt gewordenen Selbstversuch: Er trank eine
Magenbakterien-haltige Lösung, infizierte sich damit selbst und bekam prompt
eine Gastritis. Aber noch immer waren viele Kliniker nicht überzeugt.
Erst in den frühen 90er Jahren wurden die
Erkenntnisse von Robin Warren und Barry Marshall schließlich allgemein
anerkannt und in therapeutische Strategien gegen den Magenkeim Helicobacter
pylori umgesetzt. Am 3. Oktober des Jahres 2005 erhielten die beiden Forscher
dann die größte Anerkennung für ihre Arbeit: den Nobelpreis für Medizin.
Stephen
Pincock; Lancet 2005; 366: 1429
Quelle:
Medical Tribune, 40. Jg, Nr. 50, 16.12.2005
Siehe auch: Psychiatrie–Irrtümer
http://www.toxcenter.org/artikel/98AYSP.php
Schlimm ist, dass sich die Psychiater Jahrzehnte nicht davon abbringen
ließen, dass es sich bei der chronischen Gastritis um eine reine
Psychosomatische Erkrankung handelt und viele Patienten wegen „Uneinsichtigkeit“
gesund geschrieben wurden.