Heilmethode ist rechtlich Sache
des Arztes
Rechtsprechung:
Ausgerissene Fingerkuppe
Die Pflicht des
behandelnden Notarztes, einen Patienten über alternative Behandlungsmethoden
aufzuklären, besteht nur dann, wenn der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hat.
Ansonsten darf der Arzt allein entscheiden. Das geht aus einem Urteil des
Oberlandesgerichtes Naumburg hervor.
Wie der
Anwalt-Suchservice mitteilt, hatte eine Frau aus der Altmark bei einem
Arbeitsunfall das Endglied ihres vierten Fingers der rechten Hand verloren. Es
war ihr aufgrund einer Quetschverletzung regelrecht „ausgerissen“ worden. Im
Kreiskrankenhaus entschieden sich die beiden behandelnden Notärzte für eine
Stumpfversorgung, statt die mitgebrachte Fingerkuppe wieder einzupflanzen.
Zuvor hatten sie den Rat eines Experten eingeholt, der ihnen aufgrund des
damaligen Befundes von einer Replantation abriet. Die Ärzte behandelten den
Stumpf fehlerfrei, ohne die Patientin vorher über die wenig sinnvolle
Alternative zu informieren.
Doch die Frau war
später der Ansicht, die Ärzte hätten auf jeden Fall versuchen müssen, das
Fingerendglied wieder einzupflanzen. Zumindest hätten die Mediziner sie über
diese Methode aufklären müssen. Die Frau verklagte die Ärzte auf insgesamt
15.000 € Schmerzensgeld.
Das OLG Naumburg
wies die Klage jedoch ab (Urteil vom 23.08.2004 - 1 U. 17/04). Die Wahl der
Heilmethode sei, solange die Behandlung dem fachärztlichen Standard genüge,
primär Sache des Arztes, so die Richter. Hier habe es zur bewährten Stumpfversorgung
keine sinnvolle Alternative gegeben. Und wenn eine Alternative erheblich
risikoreicher sei und kaum Heilungschancen habe, müsse ein Arzt den Patienten
auch nicht ungefragt darüber aufklären. Eine Aufklärungspflicht, so das
Gericht, gebe es nur dann, wenn der Patient eine echte Wahlmöglichkeit hätte.
Quelle: Anwalt-Suchservice