Genetik psychischer Störungen
Mit Pipetten, Zentrifugen und Computern rückten Forscher im Jahr 2005 dem
Hirn zu Leibe. Sie fanden Erhellendes heraus über den Zusammenhang zwischen
Genen und psychischen Störungen - wie dem Tourette-Syndrom
und der Schizophrenie.
Die entscheidende Botschaft der Forschungsergebnisse im Bereich
Genetik und Gehirn ist offenbar diese: Vor allem Erbinformation, die in der
Hirnentwicklung eine Rolle spielt, kann für viele später auftretende Störungen
verantwortlich gemacht werden.
|
|
Zwei Forscherteams befassten sich zum Beispiel
mit einem Gen namens DISC1. In Tierexperimenten fand eine Arbeitsgruppe heraus,
dass eine Hemmung von DISC1 veränderte Mäusegehirne hervorbrachte. Die
Abweichungen von normalen Nagerhirnen ähnelten denen, die auch Post-Mortem-Analysen der Gehirne menschlicher
Schizophreniepatienten gezeigt haben. Eine weitere Arbeitsgruppe konnte zeigen,
dass DISC1 auch die Entwicklung der Signalübertragung im Gehirn beeinflusst,
wiederum in ähnlicher Weise, wie man sie bei Schizophreniepatienten findet.
Im Oktober veröffentlichten Forscher eine Studie, die Aufschluss über die
Ursachen des rätselhaften Tourette-Syndroms gibt.
Diese Störung hat eine Vielzahl von Symptomen, etwa motorische Ticks oder
unkontrolliertes Fluchen. Jesse Abelson von der Yale
University und sein Team zeigten, dass ein bestimmter Gendefekt
für einen kleinen Teil aller Tourette-Fälle
verantwortlich ist. Entscheidend an der Entdeckung ist, dass sie den
Mechanismus der Störung offen legt: Eines der betroffenen Gene beeinflusst die
Art und Weise, in der sich Nervenzellen im Gehirn verzweigen. Die Ergebnisse
liefern auch Hinweise auf die Mechanismen hinter anderen Krankheiten, etwa
Zwangsstörungen.
Auch im Zusammenhang mit Dyslexie, also starken
Schwierigkeiten beim Umgang mit Schriftsprache, wurden wichtige Gene
ausgemacht, die für fehlerhafte Verdrahtung im Gehirn verantwortlich sein
könnten.
Zusammengenommen deuten die neuen Erkenntnisse laut der Redaktion des
Wissenschaftsmagazins "Science" darauf hin, dass schon im Mutterleib
durch genetische Irrläufer die Weichen für Probleme später im Leben gestellt
werden. Weil ein besseres Verständnis dieser Vorgänge auch helfen könnte,
Risiken zu reduzieren, zählen die "Science"-Redakteure
die Studien zu den wissenschaftlichen Durchbrüchen des Jahres.
Spiegel online 30.12.05
Dr.D.: Vergiftung führt zur Genabweichung!!