GSF-Chef zu Tschernobyl
Drei Tage nach dem Tschernobyl-Unfall wurde ich bei einer Rede vor Opfern der CS-Gas Angriffe der Polizei in Wackersdorf eilig ans Telefon gerufen und von einem Mitglied des bayerischen Landtages gefragt "wie man Jod dosiert, da gerade eine hochradioaktive Wolke Bayern durchquert".
Auf diese blöde Frage gab ich eine Gegenfrage: "Wie ernst schätzen die Gesundheitsbehörden die Gefahr ein?". Dann hörte ich, dass alles jedoch geheim gehalten werde.
Mit meinen kleinen vier Kindern fuhr ich rasch heim ohne die Lüftung im Auto. Zuhause führten wir sofort Messungen mit dem Geigerzähler durch. Sprachlos waren alle über das Trommelfeuer, das lautstark aus dem Zählrohr kam. Sofort eilte ich zum Telefon und rief meinen ehemaligen Mitschüler, den Chef der radioaktiven Abteilung der GSF in Neuherberg, Professor Herwig Paretzke an und fragte ihn nach der Strahlenintensität. Er freute sich zwar über meinen Anruf, war jedoch sehr gehetzt: „Wir müssen sofort möglichst viel Regenwasser sammeln, denn es hat eine so hohe Radioaktivität, wie wir nie zum Experimentieren genehmigt bekommen hatten. In unsere Labors kommen wir gerade nicht, da die Schutztüren sich nicht öffnen lassen, da die äußere Radioaktivität alle Türen automatisch verschließt.
Wir vereinbarten sofort eine Aufklärung der Bevölkerung. Ich organisierte einen kostenpflichtigen Vortragssaal in der Leitstelle beim Roten Kreuz in der Holbeinstrasse und wir beide redeten vor allen schnell Eingeladenen ganz ehrlich über die erforderlichen Schutzmaßnahmen und die zu erwartenden Folgen von Tschernobyl. Natürlich gab Paretzke die zu erwartende Quote von Schilddrüsenkrebsen in den nächsten Jahrzehnten bekannt und dass Bayern in den nächsten 30 Jahren keine Waldpilze und Wildfleisch essen dürfen. Er riet zu Trockenmilch für Säuglinge und meiden des Regens in den nächsten Tagen.
Im Gegensatz dazu riet das Städtische Gesundheitsamt meinem Vetter, er solle seine Kleinkinder unbedingt in den Regen führen und deort spielen lassen, denn alles sei nur Panikmache.
Wir besorgten sofort für unsere Patienten Trockenmilch aus dem Vorratslager in Moosburg zum Füttern an ihre Kleinkinder.
Als die Abendzeitung mich einige Tage später im Pschorrkeller zur Wiederholung des Vortrages vor 3000 Zuhören bat, sagte Paretzke ab, jetzt dürfe er auf Geheiß der bayerischen CSU-Regierung nicht mehr direkt die Wahrheit sagen, jeder Wissenschaftler müsse vorher in der Evangelischen Akademie in Tutzing vorher einen „Redekurs für Politiker“ machen, damit die Aussagen beruhigen und nicht hellhörig machen bzgl.Fehlern.
Wir haben zwar dann alle Problempatienten nach einem Ganzkörperscan auf incorporierte Aktivität kostenlos bei Paretzke ausmessen lassen, durften aber keinen schriftlichen Befund erwarten.
Alle Erststatements von Paretzke habe ich sofort in einer Nachlieferung meines Lehrbuches „Klinische Toxikologie“ unter „Radioaktivität“ veröffentlicht. Natürlich erfuhr (wie so vieles anderes) nie jemand etwas von unseren „Geheiminformationen und ihren Quellen“.
Nur erwarten wir seither niemals mehr eine ehrliche Information der GSF an Bürger.