1995 Fehldiagnosen anderer berichtigt
Die Mutter des damaligen Ministerpräsidenten sollte im Alkoholentzugsdelir auf die TOX übernommen werden. Der Notarzt aus Garmisch lenkte jedoch um und steuerte zur Strafe das Bezirkskrankenhaus Haar an, weil die alte Frau so aggressiv um sich schlug. Dort wurde sie sofort an eine hochdosierte Distraneurin -Infusion zur Schlaftherapie angehängt. Nachdem der Wert des Aufnahmblutes mit Blutzucker eintraf, bemerkte man, dass die Patientin im Schock durch langanhaltenden Unterzucker bereits verstorben war. Der Unterzucker im Alkoholrausch ist die häufigste tödliche Fehldiagnose bei der ersten Alkoholvergiftung. Paradoxerweise starb ihr Sohn nach einem Oktoberfestbesuch ebenfalls nach kräftigem Alkkoholgenuß, weil er an Erbrochenem erstickte und sein begleitender Leibarzt den Tubus statt in die Lunge in den Magen steckte.
Als Vergiftung laufen viele seltene Erkrankungen, die ein unerfahrener Arzt nicht kennt. Zufällig sah ich auf der TOX-rechts der Isar einen kräftigen, 18-jährigen Jungen, dem wegen heftiger Bauchschmerzen nach dem Essen wegen " Leberkäsvergiftung" der Magen gespült wurde. Er hatte zwar erbrochen, aber keinen Durchfall, der unbedingt dazu gehört hätte. Ich stoppte die Magenspülung, untersuchte ihn und ließ ihn eiligst in die chirurgische Nothilfe bringen. Dort wurde sofort sein durchgebrochener eitriger Blinddarm operiert und er genas rasch.
- Viele Schwerkranke nach einer Hirnentzündung (Enzephalitis) nach Zeckenstich, Herpes, Meningokokken u. ä. kamen, weil sie sich durch übliche Wohngifte schlecht fühlten und ihnen die Psychiater einen Vergiftungswahn (Psychose) fälschlich angedichtet hatten. Die dabei routinemäßig erhobene Kernspin-Diagnose zeigte die wirkliche Ursache, die dann durch Entfernung aller Allergene aus Mund und Wohnung gebessert wurde. Mein ältester Sohn Michael, der einen Forschungsauftrag der Universität am Kernforschungszentrum in Jülich hatte, sprach dort die führenden Psychiater aus der Forschung in Deutschland. Sie sagten u. a., dass die Sammeldiagnose "Schizophrenie" durch 80 verschiedene Kernspinveränderungen hervorgerufen wird. Diesen Wahnsinn versteht nur derjenige, der weiß, dass alle Krankheiten dann mit einem einzigen Psychopharmakon behandelt werden, das als Pillenmasse Titan enthält, auf das die Allergiker übel reagieren - nie gesund, nur kränker werden und später eine Hirnschrumpfung bekommen.
- Bei Konsilien wurden in verschiedenen Krankenhäusern über 50 Alte gerettet, die kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus wegen Schreiens als vermeintliches Alkoholentzugsdelirium in die Psychiatrie verlegt werden sollten. So zum Beispiel stellte ich nach dem Aufheben der Bettdecke fest, dass der Hüftkopf herausstand, beim Berühren war er hoch schmerzhaft: die Hüfte war gebrochen. Vor Schmerzen schrie der Patient alle, da sie dadurch auch ausgetrocknet waren, waren sie unverständlich und verwirrt. Manche hatten auch durch den Blutverlust eine Minderdurchblutung des Gehirns bis hin zum Schlaganfall. Nicht ein Abschieben in die Psychiatrie, sondern ein sofortiges Verlegen in die Chirurgie half. Auch hier sah ich, je schlechter ein Arzt ist, desto mehr psychiatrische Fälle sieht er - anstelle der wirklichen Ursache.
- Fünfzehnmahl wurde ich in Gefängniszellen der Münchner Polizeireviere als Notarzt gerufen, weil Passanten oder Gefangene typische Zeichen eines Alkoholenzugsdelirs hatten. Bis auf dreimal handelte es sich jedoch um einen lebensgefährlichen Unter-
zucker bei neun Diabetikern und drei Jugendlichen, die erstmalig eine leichte Alkoholvergiftung hatten. Der Blutzuckerschnelltest, der routinemäßig bei einer veränderten Bewusstseinslage durchgeführt wurde, brachte es an den Tag. Anfangs spritzten wir den Tobenden mühsam eine hochprozentige Zuckerlösung in die Vene (100 ml der 50% Lösung), später flössten wir nur Coca-Cola ein, da das Coffein zusätzlich half. Dreimal spritzte ich - so wie bei schweren Alkoholvergiftungen in unzähligen Fällen das Antidot Physostigmin und nach fünf Minuten waren alle wie nüchtern und voll kooperativ.
- Als Notarzt wurde ich zu einem älteren Patienten gerufen, der wegen eines Schlaganfalles vom Hausarzt auf eine Privatstation eingewiesen wurde, der Transport aber wegen schwerer Herzrhythmusstörungen ohne Arzt lebensgefährlich war. Bei meinem Eintreffen fiel mir auf, dass die Pupillen extrem weit waren und die Haut trocken und heiß war, er führte bewusstlos agitiert Bewegungen durch, das typische anticholinerge Bild durch Atropin. Ich spritzte daher eine Ampulle Physostigmin in die Vene. Kurz darauf erwachte er und berichtete, dass er beim Hundausführen von einem Strauch vermeintliche schwarze Brombeeren gegessen hatte, was nachweislich Tollkirschen waren. Danach wurde er aufgergt, bekam er einen starken Durst und Angst, dann wusste er nichts mehr. Statt auf die Privatstation, auf der er sicher gestorben wäre, kam er kurz auf die TOX.
- Eine Patientin hatte Doppelbilder und bekam von einem renommierten Schwabinger Augenarzt dagegen tagelang Infusionen verabreicht. Dann rief sie bei mir an. Ich fragte sie nach ihrem Essen eine Woche zuvor. Bohnen u. ä. hatte sie nicht gegessen. Ich bestellte sie auf die TOX und ließ ihr Blut auf Botulismus untersuchen, es war Positiv. Dann bekam sie hochdosiert Botulismus-Serum, weil der Therapiebeginn sehr spät lag. Detektivisch stellte ich fest, dass sie als einzige von einem privat geräucherten Schinken gerade das Stück gegessen hatte, durch das die Aufhängeschnur gezogen war, die sich am Boden vorher mit den Botulismus Erregern infiziert hatte. Sie wurde völlig geheilt.
- Ebenso mysteriös war die Erkrankung eines Studenten, der im Januar nach Lackieren eines Schranken plötzlich Zeichen eines toxischen Leberversagens hatte. Da ohne Giftnachweis keine sinnvolle Behandlung möglich ist, befasste ich mich tagelang mit ihm allein. Dabei stellte ich fest, dass ihm eine Freundin aus Italien zu Weihnachten ein Glas mit selbstgesammelten und eingemachten Pilzen geschickt hatte. Darunter war ein Knollenblätterpilz, der ohne spezielle Maßnahmen nicht so glimpflich verkraftet worden wäre.
- Im Kasino erzählte unser Notarzt, dass er gerade einen Gast in einem Lokal erfolgreich wiederbelebt hatte, der jetzt auf der Kardiologie läge, aber immer noch bewusstlos ist. Ich fragte nach und hörte, dass er stecknadelkopfgroße Pupillen und ein "Lungen-
ödem" hatte. Ich sagte, das wird halt eine E-605-Vergiftung sein.
Schnell stürzte der Notarzt ans Telefon. Es stellte sich heraus, dass der Patient immer seiner Tochter sagte, wenn ein Konkurs droht, schluckt er sein E-605 und alles ist aus. So war es. Die notwendige Gegengiftbehandlung kam zu spät. Normalerweise werden so Vergiftete als Herzinfarkt oder Schlaganfall beerdigt!
-Ein Krankenhaus am Bodensee bat um Übernahme eines Schwervergifteten. Es wurde vermutet, dass er in Selbstmordabsicht ein Pestizid vom Typ des E 605 geschluckt hatte. Er bekam dort Toxogonin und Atropin, entwickelte aber ein starkes Atropinbild, sodass vermutet wurde, dass es versehentlich überdosiert war.
Bei meiner Ankunft fand ich einen sterbenden, hirntoten Patienten vor, den ich nicht so lange im Hubschrauber transportieren konnte, daher nahm ich nur Asservate mit heim. Klinisch war es keine Pestizidvergiftung. Daheim angekommen war der Patient in der Klinik gestorben. Im Giftnachweis und in der Anamnese stellte sich heraus, dass er an einer Magen-Blocker Intoxikation (Ranitidin) gestorben war.
-Aus dem Krankenhaus Landsberg übernahm ich mit dem Giftbus und
einem Feuerwehr- Vorausfahrzeug mit Sirene (wir fuhren leise, langsam und kontinuierlich) eine alte Frau, die sich vor Tagen im Garten einen rostigen Nagel in die Zehe gerammt hatte und dort Schmerzen hatte.
Am Giftnotruf wurde deswegen angefragt, welches Gift Kieferkrämpfe und eine toxische Psychose macht. Ich übernahm sie mit Verdacht auf Tetanus. Die Patientin saß wie eine Geisteskranke angezogen in der Nothilfe, es war nichts über sie aufgeschrieben. Alle waren sprachlos als ich sagte: "die stirbt doch am Tetanus" und ließ alles nachholen.
Trotz intensiven Bemühungen verstarb sie nachdem sie vorher noch ein Vorlesungs- und Ausbildungsfall war.
-Ein Mann wurde von den nahe liegenden optischen Werken mit Verdacht auf eine großflächige Verbrühung auf die Verbrennungsstation eingewiesen. Er war in einen Trichlorethylen - Bottich gefallen. Seine Haut sah so aus, als ob sie sich großflächig abgelöst hätte, es war aber nur eine Entfettung, die keine schwerwiegenden Folgen hatte. Jedoch war das anschließende Leberversagen durch das Lösemittel sehr ernst, wurde jedoch erfolgreich mit forcierter Abatmung beherrscht.
- EineTochter rief an, dass ihr mir bekannter 76 jähriger krebskranker Vater heute früh gestorben sei. Ich sagte, nach Beendigung meiner Umweltsprechstunde komme ich zur Leichenschau, da es nicht eilt. Weil ich noch einen Notfall hatte, kam ich sechs Stunden später hin. Weil meine Arzthelferin eine Leichenschau sehen wollte, nahm ich sie mit. Der „Verstorbene“ war versehen, aufgebahrt, Kerzen am Bett, Tochter und erwachsene Enkelin beteten. Ich bat sie hinaus. Ich deckte ihn ab, tastete den Puls, legte ein Notfall-Ekg an, war still, immer hektischer, sah nach den Pupillen, zwickte ihn und plötzlich schrie ich ihn an: "Herr Zaus, hören Sie mit dem Theater auf, stehen Sie sofort auf." Unwirsch ließ er die Füße zum Boden hinab, ich stützte ihn unter den Achseln, führte den voll Wachen zur Tür hinaus und sah die hell entsetzten Angehörigen, die vor Schreck oder Freude beinahe tot umgefallen wären. Erst dann war meine Wut über das Theaterspielen verraucht und ich kam zur Besinnung. Der Opa machte sich nur einen Spaß mit seinen überfürsorglichen Angehörigen und lebte noch muntere Jahre.
(Auszug aus meiner neuen Biografie)