Datenübertragung zukünftige

Kann man Licht einfangen? Ja. US-Physiker haben Laserlicht in einer extrem kalten Substanz gestoppt, gespeichert und dann andernorts wieder austreten lassen. Der verblüffende Quanteneffekt könnte eines Tages zur Speicherung von Informationen genutzt werden.

Jedes Kind stellt sich irgendwann einmal die Frage, ob man Licht fangen kann - all jene, die die Suche nach einer Antwort nicht loslässt, werden womöglich Physiker. Lene Vestergaard Hau und ihre Kollegen von der Harvard University haben bereits 1999 gezeigt, dass man Licht abbremsen kann. Ein paar Jahre später gelang es dem Team der dänischen Physikerin sogar, einen Laserstrahl in einem sogenannten Bose-Einstein-Kondensat ganz zu stoppen.

In diesem extremen Aggregatzustand vereinen sich bei Temperaturen sehr nahe des absoluten Nullpunkts von Minus 273,15 Grad Celsius alle Atome einer Substanz zu einer Art Superatom. Das bedeutet, dass sich die Atome sozusagen im Gleichschritt bewegen, sie befinden sich im selben quantenmechanischen Zustand.

Nun ist Hau und ihren Kollegen der nächste Coup geglückt: Sie haben einen Laserstrahl in einem Bose-Einstein-Kondensat verschwinden und anschließend aus einem zweiten, einen zehntel Millimeter davon entfernten Kondensat wieder austreten lassen. Das Licht wurde also gespeichert, gebeamt und wieder abgerufen.

Das Bose-Einstein-Kondensat bestand aus etwa zwei Millionen Natriumatomen, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagezin "Nature" (Bd. 445, S. 623). In dieses System sandten sie einen Laserimpuls, der den Takt dieses Gleichschritts des Superatoms beeinflusste. Die im Laser enthaltene Information wurde so auf das Bose-Einstein-Kondensat übertragen.

"Quantenzauberei"

Bis dahin war der Ablauf der Experimente nichts Ungewöhnliches. Kohärentes Licht in die Spins von Atomen einzuprägen, gehöre zu den "Standards der Quantenzauberei", schreibt der Kaiserslauterner Physiker Michael Fleischhauer in einem Kommentar in "Nature". Spannend für die Wissenschaftler war jedoch der zweite Teil des Experiments: Hau und ihre Kollegen konnten nämlich Sekundenbruchteile später in dem zweiten, mehr als einen zehntel Millimeter entfernten Bose-Einstein-Kondensat den Laserimpuls wiederaufleben lassen. Das zweite Kondensat sandte einen Laserimpuls aus, der dem ersten exakt glich.

Wie gelangte die Information über das gespeicherte Licht von einem Kondensat zum nächsten? Über sogenannte Messenger-Atome, die in Wellenform überspringen, erklärt Fleischhauer von der TU Kaiserslautern im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Die Atome bekommen einen Impuls übertragen und laufen als Wellenpaket aus dem ersten Bose-Einstein-Kondensat heraus." Ein Atom kann zugleich als Welle als auch als Teilchen betrachtet werden - ein typisches Quantenphänomen.

Anwendung optische Datenübertragung

Diese Wellenpakete erreichen das benachbarte Kondensat und verändern dessen Zustand. Allerdings passiert dort zunächst nicht. "Die Atome im zweiten Kondensat würden von allein in dem Spinzustand bleiben. Der Zustand ist relativ stabil", sagt Fleischhauer. Es bedürfe einer zusätzlichen Stimulierung durch einen Laser, damit das gespeicherte Licht emittiert werde.

Genau das hat das Team von Hau dann getan. Das zweite Kondensat sandte daraufhin jene Lichtinformationen aus, die im ersten Kondensat gespeichert worden waren. Die Intensität war jedoch deutlich geringer als beim Original: Sie betrug nur ein Fünfzigstel.

Das störte die Physiker jedoch nicht besonders. Entscheidend für sie war, dass es ihnen gelungen war, Laserlicht zu speichern und an anderer Stelle wieder auftauchen zu lassen. Das Ganze ist weit mehr als eine quantenmechanische Spielerei: Der Effekt könnte dazu genutzt werden, um Informationen aus Licht zwischenzuspeichern, etwa an einem überlasteten Hub eines Netzwerkes, in dem Daten optisch übertragen werden. Auch könnten mithilfe von Bose-Einstein-Kondensatoren hochempfindliche Messgeräte gebaut werden, um beispielsweise die Gravitationskraft zu messen.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,465076,00.html