Cytisin ungeeignet
als Schlaftrunk
Cytisin
Frage:
Sehr geehrter Herr Prof. Daunderer,
Als Historiker für spanisches Früh-
und Hochmittelalter stehe ich vor dem Problem, daß in einer Quelle des 8. und
9. Jahrhundets berichtet wird, der westgotische König Wamba sei mit einem Trank
aus „spartus“, dem spanischen Ginster (Spartum junceum L.), betäubt worden,
damit man ihn im bewußtlosen Zustand durch Versetzung in den Pönitentenstand
herrschaftsunfähig machen konnte. Als der König aus seiner Bewußtlosigkeit
erwachte, fügte er sich in sein Schicksal und zog sich bis an sein Lebensende
in ein Kloster zurück.
Nach meiner Auffassung wurde diese Geschichte mit einer
bestimmten Absicht erfunden. Daß spartus als Gif
Von Prof. Thomas Zilker vom Klinikum recht der Isar in
München erhielt ich den Hinweis, daß es sich bei beim spanischen Ginster nicht
um die Substanz Spartein, sondern um Cytisin handelt. Das entsprechende
Stichwort in Ihrer „Klinischen Toxikologie“ habe ich zur Kenntnis genommen. Nur
bleiben für mich die entscheidenden Fragen, ob es überhaupt möglich ist, einen
Trank aus spanischen Ginster herzustellen, der tatsächlich eine vorübergehende
Bewußtlosigkeit zur Folge hat, und diesen Trank einem Ahnungslosen zum Trinken
zu geben, ohne daß jener etwa durch bitteren Geschmack darauf aufmerksam wird.
Ich habe mich zu dieser Frage bereits einmal in einem
Artikel für das Reallexikon für germanische Altertumskunde geäußert (Art.
„Wamba“), bin dort aber noch irrigerweise von der Substanz Spartein
ausgegangen.
Für Rat in dieser Sache wäre ich Ihnen sehr dankbar!
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Bronisch
PS: Die fragliche Stelle steht in
der asturischen Chronik Alfons’ III. (ed. Yves Bonnaz, Paris 1987)
und lautet: Herbam cui nomen est spartus illi dedit potandam statimque ei
memoria est ablata. Cumque episcopus civitatis seu et optimates palatii, qui
regis fideles erant, quos penitus causa potionis latebat, vidissent regem
iacentem et memoriam nullam habentem, causa pietatis conmoti ne rex sine ordine
migraret, statim ei confessionis ordinem seu et paenitentiae dederunt. Cumque
rex a potione surrexit et factum persensit, ad monasterium perrexit ibique quamdiu
vixit, in religione permansit.
Lois Lewin, Die Gifte in der
Weltgeschichte, kannte diese Geschichte in einer Version, die auf die Erwähnung
von spartus verzichtet und vermutete die Wirkung eines Opiats.
Antwort:
Ich halte alles für eine Ente oder wie so oft in
uralter Literatur um eine Verwechslung.
Zudem gibt es keine Pflanze in der Welt, die den
Charakter eines Menschen bis ans Lebensende verändert.
Geheimdienste arbeiten seit Jahrzehnten
fieberhaft an solchen Drogen – ohne jeglichen Erfolg! Zum Glück!!!
Auf Wunsch veröffentliche ich unseren
Schriftwechsel in meiner Homepage zum Zitieren!
Mit freundlichen Grüßen,
Dr.Max Daunderer
Daunderer M.: Klinische Toxikologie.
Giftpflanzen-Pflanzengifte,Cytisin.Losebl.Ecomed,Landsberg.
Sehr geehrter Dr. Daunderer,
herzlichen Dank für Ihre rasche Antwort! Damit
ist mir sehr gedient, weil es meinen eigenen Verdacht bestätigt, daß die
Geschichte von der Vergiftung mit „spartus“ erfunden ist. Diese Erfindung
diente natürlich einem bestimmten Zweck, auf den ich jetzt mi
Vielen Dank auch für Ihr Angebot, unseren Schriftwechsel
auf Ihrer Homepage zu veröffentlichen. Das würde meine Behauptungen, wenn ich
sie zukünftig in einer Publikation vertrete, nachvollziehbarer machen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Bronisch