Colitis Chronische durch Spülmittel
Vermehrt
entzündliche Darmerkrankung bei Mäusen durch Reinigungsrückstände / Mutationen
schwächen Barrierefunktion der Darmwand
Die Zahl der Patienten mit chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn
oder Colitis ulcerosa ist
in den vergangenen Dekaden weltweit gestiegen. Unter den Umweltfaktoren, die
bei einer genetischen Disposition Ursache dafür sein könnten, werden auch
allgegenwärtige Emulgatoren und Detergenzien
aus Spül-, Reinigungs- und industriell gefertigten Nahrungsmitteln vermutet.
Hinweise für einen ursächlichen Zusammenhang
gibt es aus Tierversuchen. Wird etwa der Durst von Versuchsmäusen über einen
längeren Zeitraum mit spülmittelhaltigem Wasser gestillt, manifestiert sich bei
ihnen überzufällig häufig eine chronische Colitis.
Das hat Professor Christoph Gasche von der gastroenterologischen Abteilung des Universitätsklinikums
Wien gesagt.
Damit erscheint plausibel, dass etwa spülmaschinenbedingt vermehrte Spülmittelrückstände in
Trinkgefäßen und auf Essbestecken sowie chemisch ähnliche Detergenzien
und Emulgatoren in einer wachsenden Zahl industriell
gefertigter Lebensmittel einen Teil der steigenden CED-Inzidenz
erklären.
Allerdings: Einen solchen Kausalzusammenhang
zu beweisen, ist kaum möglich. Experimentelle Expositionsstudien mit Menschen
verbieten sich, wie Gasche auf einer Pressekonferenz
von Ferring Arzneimittel in München betont hat. Man
solle aber Nahrungsmittelzusätze strenger als bisher unter die Lupe nehmen und
jeweils prüfen, ob sie tatsächlich erforderlich sind.
Ein bisher vermutetes Nord-Süd-Gefälle in
der CED-Inzidenz gebe es im übrigen
zumindest für Europa nicht, so Gasche. In den
skandinavischen Ländern erscheine die CED-Prävalenz
wohl nur deshalb überdurchschnittlich hoch, weil man dort diese Erkrankungen
schon lange besonders gewissenhaft diagnostiziert und registriert hat. Heute
weiß man, dass etwa auf Kreta die Colitis-ulcerosa-Inzidenz
höher ist als in Norwegen.
Die erhöhte genetische Disposition für
chronisch entzündliche Darmerkrankungen aufgrund einer Mutation im CARD15-Gen
ist - abhängig von den Ethnien - unterschiedlich
verteilt. CED sind in manchen Regionen der Erde wesentlich häufiger als in
anderen. So tragen zum Beispiel bis zu 20 Prozent der europäischen Weißen CED-disponierende CARD15-Mutationen. Dagegen trügen bei
mongolischen Ethnien einschließlich den Indianern weniger als ein Prozent das entsprechende
Merkmal in ihrem Erbgut, sagte Gasche.
Mutationen des CARD15-Gens, auch als
NOD2-Gen bekannt, sind die bislang bedeutsamsten bekannten genetischen
Merkmale, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für chronisch entzündliche
Darmerkrankungen assoziiert sind. ÄZ 7.2.08ss
Weitere Infos zu CED und CARD15 unter www.kompetenznetz-ced.de
STICHWORT
CARD15-Gen
Das Card15-Gen steuert die Synthese eines
Proteins, das für die Barrierefunktion der Darmwand gegen Enterobakterien
wichtig ist. Mutationen in diesem Gen können die blockierende Funktion
schwächen. Forscher vermuten, dass dann leichter in die Darmwand eindringende
Bakterien die Aktivierung reaktiver, autoaggressiver Immun- und
Entzündungsreaktionen fördern. (wst)