Chemikalien verändern die Fruchtbarkeit von Ratten über Generationen hinweg
Erbliche Giftwirkung
Umweltgifte, die Geschlechtshormonen ähneln, können die männliche Fruchtbarkeit möglicherweise über Generationen hinweg beeinträchtigen. Das zeigt eine Studie an Ratten, die US-amerikanische Biochemiker im Wissenschaftsmagazin Science vorstellen. Männliche Tiere, die im Mutterleib dem Pilzbekämpfungsmittel Vinclozolin oder dern Insektizid Methoxychlor ausgesetzt waren, produzierten deutlich weniger - und schlechter bewegliche - Samenzellen als nicht belastete Männchen. Diese Fehlbildung gaben die betroffenen Tiere über mindestens drei Generationen hinweg an ihre männlichen Nachkommen weiter, auch wenn diese selbst keinen Kontakt mit den Agrargiften hatten.
Sowohl Vinclozolin als auch Methoxychlor greifen, in den Hormonhaushalt von Tieren und Menschen ein: Vinclozolin unterdrückt die Wirkung von männfichen Sexualhormonen (Androgenen); Methoxychlor ähnelt den weiblichen Östrogenen. Mit diesen Eigenschaften lässt sich jedoch nur die reduzierte Fruchtbarkeit der Männchen erklären, die während der Embryonalentwicklung direkt mit den Substanzen konfrontiertwaren.,
Studienleiter Michael Skinner von der Washington State University in Puüman und seine Mitarbeiter haben nun auch eine Erklärung dafür gefunden, warum der Spermienmangel an Söhne und Enkel vererbt wurde. Wie ihre Studie ergab, wies die Erbsubstanz der betrofenen Männchen ein anderes Methyllerungsmuster auf als die DNA nicht belasteter Tiere. Methylierungen sind geringfügige, biochemische Veränderungen an der DNA, mit deren Hilfe die Aktivität von Genen gesteuert wird. Sie unterscheiden sich von genetischen Mutationen, bei denen einzelne Bausteine der Erbsubstanz vertauscht sind oder fehlen. Durch die Abweichungen - im Methylierungsmuster könnten die Umweltgifte -offenbar die Samen bildenden Zellen der Tiere umprogrammieren, schreibt das Team um Skinner.
Ob der landwirtschaftliche Einsatz von Vinclozolin und Methoxychlör auch die Fruchtbarkeit von Menschen bedroht, wird nach Ansicht der Forscher erst durch weitere Studien geklärt werden können. Die Autoren weisen in ihrem Bericht zuderri darauf hin, dass die von ihnen verwendeten Giftmengen weitaus höher waren als in der Landwirtschaft zu erwartende Belastungen. Darüber hinaus waren die Substanzen den trächtigen Rattenweibchen direkt in die Bauchhöhle gespritzt worden. (beh.)
Bild: Im Hodengewebe gesunder Ratten reifen Keinizellen heran (links). Rechts sind Zellen einer unfruchtbaren Ratte zu sehen - einer ihrer Vorfahren war einem Agrargift ausgesetzt.
Science, Bd. 308, S. 1466