1975
Brummen als Körperschall identifiziert
In den 70er Jahren gab es
einen viel beachteten Fall von Brummen. In einem Rosenheimer Vorort waren
zahlreiche Menschen außerordentlich genervt durch ein nächtliches Geräusch.
Seit in einer Zahnarztpraxis in Traunstein das Koppen aus dem Spülbecken als
Geistertat durch die Presse geisterte (später als Scherz der 16jähr.
Zahnarzthelferin erkannt), war die Presse voll des „Geister-Spuks“. Die Leute
schwankten zwischen Geisterspuk und gefährlichem Erdbeben. Der Ortsteil hieß
„Gespensterstadt der Verrückten“. Ein Pendler diagnostizierte eine gefährliche
Wasserader, ein unterirdischer Bach wurde später bestätigt. Die Häuselbesitzer
wollten verkaufen und wegziehen. Niemand kaufte die Häuser. Zwei Bewohner der
Siedlung begingen daher Selbstmord. Ein Physikprofessor bat mich um Rat. Er
hatte einen Plan der betroffenen Bewohner erstellt. Wie eine gerade Linie zog
sich das Maximum durch den Ort, war noch in 10 km Entfernung wahrnehmbar. Zeitlisten erbrachten den Hinweis, dass alle
vier Stunden ein erdbebenartiges Brummen auftrat, bei dem die Scheiben
klirrten, Lampen herunterfielen und Geschirr zerbrach. Er legte sich auf die
Lauer, da wir davon ausgingen, dass nicht „ Geister“, sondern Menschen die
Verursacher seien. Es stellte sich heraus, dass das Geräusch ein Maximum an
einer Seite der Geraden durch den Ort hatte und sich fast 10 km weit
fortleitete. Wir dachten an unterirdische Sprengversuche, da das Geräusch an
einem Waldrand begann. Dann las der Physiker in der Zeitung über den drohenden
Konkurs einer Heizkörperfabrik hinter diesem Wald. Er sah sich das an und hörte
plötzlich einen lauten Rumpler. Er schlich sich hin und sah eine Riesenpresse,
die wohl vorher unter ohrenbetäubendem Krachen heruntergefallen war. Es wurden dort
die letzten gusseisernen Heizkörper hergestellt. In letzter Zeit immer
seltener. Kurz darauf wurde das Werk geschlossen. Das Brumm-Geräusch blieb weg.
Es hatte sich entlang eines unterirdischen Baches fortgeleitet. Im Rahmen der
damaligen Recherche entdeckten wir viele Quellen von Brummen:
-
Hochspannungsleitungen
im Sommer,
-
viel befahrene
Autostraßen,
-
neben Eisenbahnen,
-
Motoren,
-
Wasserpumpen, später
Geothermie u.v.a.
Stets wurde der Schall über
die Erde und Wasser als Körperschall weitergeleitet. Es wurde das Geräusch
meist nur nachts als störend empfunden, weil es tagsüber durch andere
überlagert war.
Findige Leute legten sich
mit dem Rücken aufs Bett und stopften sich Ohropax ins Ohr. Am lautesten war
das Geräusch, wenn man sich mit dem Ohr auf die Tischplatte oder die Matratze
legte, die dann als Klangkörper alles verstärkten. In allen untersuchten Fällen
wurde das Geräusch klaglos akzeptiert nachdem die Anlieger seine harmlose
Ursache erfahren hatten und im Physikbuch das Kapitel „Schall“ gelesen hatten.
Wissen ist Macht!
Gewidmet meinen Schwiegersohn, dem Physiker Peter Zoglmeier aus Großkarolinenfeld.
(Auszug aus meiner neuen Biografie)