Deutschland droht Brennstoff-Armut

 © Iris Maurer/ddp

Mit Mütze und dicken Socken in der Wohnung. Ist eine warme Bude bald Luxus?

 

Von Silke Haas

Der Rohölpreis ist auf ein Rekordniveau gestiegen und damit auch die Preise für Benzin und Heizöl. Verbraucherschützer warnen, dass besonders Mieter durch Energiekosten massiv belastet sind und fordern Maßnahmen.

Öl ist so teuer wie noch nie. Experten kündigen an, dass wegen des Atomstreits mit dem Iran der Benzinpreis schon bald über 1,50 Euro je Liter schnellen könnte. Aber nicht nur die Spritpreise steigen, auch die Heizölpreise klettern in die Höhe. Besonders die privaten Verbraucher sind der Preistreiberei der großen Konzerne meist hilflos aufgeliefert.

"Wir erwarten, dass dieses Jahr die Energiekosten im Durchschnitt pro Haushalt auf 2.500 Euro ansteigen werden", sagt
Dr. Holger Krawinkel, Fachbereichsleiter des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale Bauen, Energie, Umwelt. "Das wäre eine Kostensteigerung von rund 200 Euro im Monat."

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Wer soll und vor allem kann diese Mehrbelastung für Strom, Treibstoff und Heizung bezahlen? Werden sich demnächst auch deutsche Haushalte ein warmes Zuhause nicht mehr leisten können und von der sogenannten "Fuel-Poverty", also "Brennstoff-Armut", betroffen sein? "Solche Verhältnisse, wie sie in England oder Amerika herrschen, sind vorstellbar, wenn sich hier nichts ändert", so der Energieexperte Krawinkel.

 

 

Vermieter erhalten finanzielle Unterstützung
Um sich in Zeiten von knappen Ressorcen vor horrenden Ausgaben zu schützen, müssten Verbraucher selbst Maßnahmen ergreifen, um den Energieverbrauch zu senken. Dämmen heißt das Zauberwort bei Wohngebäuden. Damit könne der Heizölverbrauch teilweise um 50 Prozent gesenkt werden, rechnet Krawinkel vor. Während Mieter wenig Einfluss darauf haben, ob ihre Wohnung heizkostenfreundlich renoviert ist, können Hauseigentümer den Zustand ihres Eigenheims selbst bestimmen. Und bei einer energiesparenden Sanierung winken dem Vermieter sogar finanzielle Zuschüsse vom Staat.

Vermieter haben Vorteile
Die KfW Förderbank, die Bank des Bundes und der Länder, vergibt zinsgünstige Kredite an renovierungswillige Eigentümer, die Energiekosten senken wollen. Die Sanierungsmaßnahmen werden allerdings nicht kontrolliert. Der Vermieter muss niemandem Rechenschaft ablegen, wie er die Gelder verwendet hat. Theoretisch könnte er Fördermittel einstreichen ohne tatsächlich entsprechende Maßnahmen durchgeführt zu haben, kritisiert Krawinkel.

 

Mieter müssen handeln
Deswegen setzt sich die Verbraucherzentrale bereits dafür ein, dass das Mietrecht geändert wird. Neue Gesetze sollen dem Mieter ein Recht auf Mietminderung geben, wenn der Vermieter die Wärmeschutzvorschriften nicht umsetzt. Je höher die Ölpreise steigen, desto stärker müssten sich die Mieter selbst dafür stark machen, dass ihre finanziellen Interessen gewahrt werden, so Krawinkel.

 

Umstieg auf sparsame Autos
Nicht nur die Heizkosten, auch die astronomisch in die Höhe schnellenden Benzinkosten könnten Deutschland schon bald in eine Zweiklassengesellschaft spalten. Die Ölkonzerne schieben die Verantwortung dem Staat zu. "Eine Lösung wäre, der Staat senkt den hohen Steueranteil, der je Liter Benzin bis zu 75 Prozent beträgt", sagt beispielsweise
Dr. Barbara Meyer-Bukow, Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes.

Mehr staatliche Regulierung
Auch Energieexperte Holger Krawinkel nimmt den Staat in die Verantwortung, allerdings in einer völlig anderen Richtung: "Damit sich etwas ändert, muss die Politik den Kraftstoffverbrauch für Autos zwingend vorgeben", so Krawinkel. Jetzt liege die Beschränkung des Kraftstoffverbrauchs freiwillig in der Hand der Automobilindustrie und sei zudem auf den CO2-Ausstoß konzentriert. Soll Autofahren ein Volksvergnügen bleiben, muss der Treibstoffverbrauch jedes Neuwagens halbiert werden - auf drei Liter je 100 Kilometer.

Letzendlich ist der Konsument zu einem erheblichen Teil zumindest am Spritpreis-Debakel selbst Schuld. Schließlich hat er mit seinem Kauf- und Fahrverhalten energiefreundliche Bemühungen ad absurdum geführt. "Die Autoindustrie ist dem Ruf nach dem drei-Liter-Auto gefolgt und hat beispielsweise den 3-Liter-Lupo gebaut. Nur haben die Verbraucher ihn nicht angenommen", sagt Meyer-Bukow.