Beruhigungsmittelsucht bei 1,5 Millionen
Deutschen
Ärzte verschreiben zu häufig Medikamente mit
Abhängigkeitspotential. Das kritisieren Suchtbeauftragte bundesweit. Einer
Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zufolge können knapp zwei Millionen
Deutsche nicht mehr ohne Pillen oder andere Medikamente leben.
Medikamenten-Abhängigkeit
hat inzwischen das Ausmaß der Alkoholsucht erreicht, Missbrauch von
Arzneimitteln ist zum Massenphänomen geworden. Das sagte die Drogenbeauftragte
der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), auf einer
bundesweiten Fachkonferenz, auf der rund 600 Fachleute
von heute bis Mittwoch über Suchtprävention und -Behandlung beraten.
Eine Million Deutsche sind abhängig von Schlaf- und
Beruhigungsmitteln, wie aus einer heute in Dresden veröffentlichten Studie der
Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hervorgeht. Insgesamt liegt die
Zahl der pillen- und medikamentensüchtigen Deutschen zwischen 1,4 und 1,9
Millionen. "Das ist alarmierend", sagte Bätzing.
Als
eine Ursache des Problems nennt Renate Walter-Hamann vom Caritasverband den
Trend, dass "Menschen Lebensprobleme chemisch regeln". Unter anderem
seien Ärzte an dieser Entwicklung beteiligt, da sie "häufig zu lange und
in zu hoher Dosierung" Schlaf-, Schmerz- und Beruhigungsmittel
verschrieben, sagte Walter-Hamann. Problematisch seien vor allem die so
genannten Benzodiazepine, die unter anderem angst-
und krampflösend, beruhigend und schlaffördernd
wirken.
Frauen
halten Tablettenkonsum oft lange geheim
Bätzings
Einschätzung zufolge weisen mehrheitlich Frauen einen Hang zum
Missbrauchsproblem auf, vor allem in höherem Alter. Ihnen verordneten Ärzte im
Schnitt mehr bedenkliche Medikamente. Gleichzeitig nähmen Frauen sie auch
häufiger ein, beispielsweise um Alltagsbelastungen in Familie, Partnerschaft
und Beruf besser bewältigen zu können. Oft behielten Frauen die Krankheit so
lange für sich.
Vor
diesem Hintergrund appellierte DHS-Vize-Geschäftsführer Raphael Gaßmann an Ärzte, verantwortungsvoller zu handeln, weniger
leichtfertig Arzneimittel zu verschreiben und Patienten umfassend aufzuklären.
Einen Leitfaden mit Hinweisen für Ärzte zur Verordnung von Medikamenten mit
Missbrauchspotential veröffentlicht die Bundesärztekammer voraussichtlich noch
Ende dieses Jahres, wie die Drogenbeauftragte ankündigte. Zusätzlich seien
weitere Schritte geplant, gemeinsam mit Bundesärztekammer und Apotheken. Die Krankheit
müsse in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen werden.
Werbung
verharmlost Nebenwirkungen
Zu
dem Suchtphänomen tragen aber nicht nur verschreibungspflichtige, sondern auch
frei verkäufliche wie auch sogenannte
Lifestyle-Produkte bei, wie es in der Studie heißt. Kommerzielle Werbung preise
derartige Produkte oft nicht nur an, sondern verharmlose zusätzlich deren
Nebenwirkungen, sagte Walter-Hamann. Das bewirke einmal mehr, dass zum einen
das Abhängigkeitspotential steige, zum anderen das Problembewusstsein in der
Bevölkerung schrumpfe.
Selbstmedikation,
etwa mit Potenz- und Haarwuchsmitteln, Stimmungsaufhellern wie Johanniskraut
oder auch mit Medikamenten, die zu verringerter Fettaufnahme aus der Nahrung
führen, bereite den Boden für die Einnahme stärkerer Mittel. Und diese verfehle
die Linie des medizinischen Systems, sagte Walter-Hamann.
Sachsens
Gesundheitsministerin Helma Orosz (CDU) forderte
überdies, auch gegen klassische Suchtmittel verstärkt vorzugehen und
bezeichnete dies "mehr als bisher" als eine
"gesamtgesellschaftliche Aufgabe
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,448193,00.html
s.
Benzodiazepinkranke Medizinopfer www.toxcenter.org/artikel/K785FB.php</FONT<
a>
s. Benzodiazepinentzug mit
Physostigmin unsere Entdeckung 1976