Backmohn
ist kein Schlafmittel für Säuglinge
BfR warnt vor schweren gesundheitlichen Schäden
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt davor,
Hausmittel mit Backmohn einzusetzen, wenn Säuglinge oder Kleinkinder nicht
durchschlafen. In alten Rezepten und auch neueren Kochbüchern wird den ob des
nächtlichen Geschreis entnervten Eltern geraten, Säuglingen die abgeseihte
Milch vom Backmohn zu trinken zu geben und so das Durchschlafen zu fördern.
"Backmohn kann aufgrund qualitativer Schwankungen unterschiedliche Mengen
der Alkaloide Morphin und Codein enthalten", sagt BfR-Präsident Professor
Dr. Dr. Andreas Hensel. "Bei Säuglingen können diese Alkaloide zu schweren
gesundheitlichen Schäden mit Atemnot bis hin zum Atemstillstand führen."
Dass alte Hausmittel zum Durchschlafen auch heute noch
eingesetzt werden, bestätigt ein aktueller Fall: Eine Mutter hatte ihrem sechs
Monate alten Säugling die abgeseihte Milch vom Backmohn in bester Absicht zum
Durchschlafen verabreicht. Das Rezept hatte sie einem Backbuch entnommen. Schon
wenige Stunden danach musste der Säugling mit einem Notarztwagen in eine Klinik
gebracht werden. Das Kind hatte Atemstörungen, das Bewusstsein war getrübt, und
es reagierte kaum auf Schmerzreize. Da ein Atemstillstand drohte, musste der
Säugling mit einer Sauerstoffmaske beatmet werden. Wegen des Verdachts auf eine
Opiat-Vergiftung wurde das Kind mit einem Gegenmittel behandelt. Eine
Urinuntersuchung, bei der hohe Mengen der Alkaloide Morphin und Codein
nachgewiesen wurden, bestätigte den Verdacht.
Nach Angaben des Giftinformationszentrums, das den Fall an
das BfR meldete, hatte die Mutter dem Kind 75 ml abgeseihter Milch gegeben, die
sie aus einer Mischung von 200 Gramm Mohn in 500 ml Milch hergestellt und mit
Honig angereichert hatte. In dem Hausrezept wurde sogar die doppelte Menge von
400 Gramm Mohn empfohlen.
Die ölreichen Samen, die als Backmohn für Lebensmittel
verwendet werden, sollen nahezu frei von Alkaloiden sein. Untersuchungen haben
aber gezeigt, dass Mohnsamen je nach Herkunft sehr unterschiedliche Mengen
dieser natürlichen Inhaltsstoffe enthalten. Der Morphingehalt kann um den
Faktor 100 variieren.
Der konkrete Fall unterstreicht: Hausmittel zum Ein- und
Durchschlafen haben ihre Tücken. Wenn Säuglinge und Kleinkinder Schlafstörungen
haben, sollten sich Eltern besser von einem Kinderarzt beraten lassen.
Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung 12/2005, 29.
April 2005