Autos enthalten neu 100 giftige Chemikalien
Berlin (AP) Der intensive Geruch in neuen Autos hat es in sich. Er kommt von giftigen Substanzen, die vor allem aus Lacken und Textilfarben ausdünsten. Die Naturschutzorganisation BUND veröffentlichte am Mittwoch Ergebnisse von Untersuchungen an sechs Pkw-Modellen, bei denen fast 100 gesundheitsschädliche Chemikalien in der Innenraumluft identifiziert wurden.
Die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron erklärte: "Der Giftcocktail in den Autos ist Besorgnis erregend. Die Konzentration der Chemikalien überschreitet die erlaubten Grenzwerte teilweise um ein Vielfaches." Die giftigen Substanzen gasen besonders stark aus, wenn die Sonne auf und in das Auto scheint. Ein Teil dieses Dampfs kann sich als hauchdünner Film an den Fensterscheiben niederschlagen.
Bei empfindlichen Personen ruft der Neuwagenmief bereits in sehr geringer Konzentration Augen-, Atemwegs- und Hautreizungen hervor. Schon etwas mehr als ein Milligramm flüchtige organische Verbindungen (VOC) pro Kubikmeter Innenraumluft kann dazu ausreichen. Der höchste gemessene VOC-Wert betrug den Angaben zufolge jedoch 15 Milligramm pro Kubikmeter. Cameron warnte: "Noch Monate nach Herstellung der Autos gasen die Chemikalien in die Raumluft der Pkw aus und gefährden die Gesundheit der Fahrer und Mitfahrer."
An den Untersuchungen war auch "Global 2000" beteiligt, die österreichische Schwesterorganisation des BUND. Den Angaben zufolge wurden in Autos von Opel, Mercedes-Benz und Renault Formaldehyd und Benzol nachgewiesen, die als Krebs erregend gelten, ferner über 50 flüchtige organische Verbindungen in zum Teil gesundheitsschädlichen Konzentrationen. Auch Autos von Mitsubishi, Volkswagen und Alfa Romeo wiesen erhöhte VOC-Werte auf, wie der BUND berichtete.
Cameron forderte: "Wenn Wissenschaftler beispielsweise für Formaldehyd einen Maximalwert von 0,125 Milligramm pro Kubikmeter Luft empfehlen, in Autos aber die dreifache Menge gefunden wird, muss dringend gehandelt werden." Die rund 100 bei der Untersuchung gefundenen Chemikalien würden im EU-Raum seit langem verwendet und gehörten zu rund 100.000 so genannten Altstoffen, hieß es. Nur für einige dieser Stoffe, deren Gefährlichkeit eher zufällig entdeckt worden sei, gebe es geeignete Analysemethoden.
Um alle Altstoffe genau untersuchen und schädliche Substanzen ersetzen zu können, müsse die derzeit auf europäischer Ebene verhandelte Chemikalienverordnung mit der Bezeichnung REACH möglichst streng ausgelegt werden, meinte der BUND. REACH steht für Registrierung, Evaluierung (Bewertung) und Autorisierung (Zulassung) von Chemikalien. Anfang Oktober wird der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments über den umstrittenen Gesetzentwurf zu REACH abstimmen. Cameron rief den EU-Industriekommissar Günter Verheugen und die Autoindustrie auf, sich für möglichst strenge REACH-Regeln einzusetzen.
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Quelle: http://www.solms-braunfelser.de/ap/apnews.php?code=20050921APD7678