88. Notfallmedikation
Es hat die
Bundesärztekammer ein Papier zur Notkompetenz veröffentlicht. Der wesentliche
Inhalt: Die Gabe von Analgetika durch Rettungsassistenten im Rahmen der
Notkompetenz. Die Empfehlung ist im Anschluß im Wortlaut abgedruckt.
Der Ausschuss
„Notfall-, Katastrophenmedizin und Sanitätswesen“ der Bundesärztekammer hat am
20.10.2003 folgende Liste ausgewählter Notfallmedikamente beschlossen, die im
Rahmen der Notkompetenz von Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten
verabreicht werden können.
Ist der
Rettungsassistent am Notfallort auf sich alleine gestellt und ist rechtzeitige
ärztliche Hilfe nicht erreichbar, so darf und muss er, aufgrund eigener
Befunderhebung und Entscheidung, die Notfallmedikamente geben, die zur
unmittelbaren Abwehr von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit des
Notfallpatienten dringend erforderlich sind. Dabei ist das am wenigsten
eingreifende Mittel zu wählen, das für die dringend erforderliche Behandlung
ausreicht (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
Welche
Notfallmedikamente der Rettungsassistent aufgrund der eigenen Entscheidung
applizieren darf, ist vom ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes zu entscheiden
und muss fortlaufend überprüft und dokumentiert werden.
In diesem
Zusammenhang sind neben der Infusion von Elektrolytlösungen bei
Volumenmangelschock derzeit folgende Medikamente für die jeweils zugeordneten
Indikationsbereiche zu nennen:
Reanimation und
Anaphylaktischer Schock: Adrenalin; Hypoglykämischer Schock: Glukose 40%;
Obstruktive Atemwegszustände: beta2-Smpathomimetikum als Spray; Krampfanfall:
Benzodiazepin als Rectiole; Akutes Koronarsyndrom: Nitratspray/-Kps.;
Verletzungen und ausgewählte Schmerzsymptome: Analgetikum.
Anamnese,
klinischer Befund, Indikation und Dosierung müssen obligat dokumentiert werden.
Der ärztliche Leiter Rettungsdienst entscheidet über die Auswahl, Dosierung und
Applikation der Notfallmedikamente und hat Weisungsbefugnis bei der Auswahl und
bei dem Ausschluss der die Maßnahmen durchführenden Rettungsassistenten.
Jede medikamentöse
Therapie durch einen Rettungsassistenten muss verpflichtend dem ärztlichen
Leiter Rettungsdienst zur ständigen Qualitätssicherung vorgelegt werden.
Kommentar
Diese Empfehlung
ist nach meiner Meinung wieder ein großer Schritt in Richtung Ziel. Die
Empfehlung vom 20.10.2003 ist als Ergänzung zur Stellungnahme der BÄK von 1992
zu verstehen. Stellungnahmen der BÄK haben zwar nicht die rechtliche Qualität
von Rechtsnormen, dennoch kommen ihnen, insbesondere für die
rettungsdienstliche Praxis, besondere Bedeutung zu.
Bei der
gegewärtigen Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist ein Anschlag
mit einer Vielzahl von Schwerverletzten auch in der Bundesrepublik nicht
ausgeschlossen. Aber auch durch Unfälle im modernen Massenverkehr kann es
jederzeit und an fast jedem Ort zu einem Massenanfall von Verletzten kommen.
Deshalb sind
Rettungsassistenten so zu qualifizieren, dass sie bei starken Schmerzzuständen
gegebenenfalls auch selbständig adäquate Analgetika verabreichen können.
Nach der BÄK sind
jetzt die regional zuständigen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst an der Reihe.
Sie müssen die Empfehlung der BÄK in ihren Rettungsdienstbereichen in die
Praxis umsetzen.
Quelle: Rettungsdienst Journal, 01-2004
r. Gerhard Nadler,
Organisations- und Rechtsfragen, ISBR, München-Neubiberg