1969
Arzneimittelrevisionen im Krankenhaus durchgeführt
1969 waren
alle Stationen im Schwabinger Krankenhaus
veraltet, die Arzneimittelschränke voll mit uralten Medikamenten. Damals
gab es noch kein Verfallsdatum für Medikamente. Viele waren defekt, beschädigt
oder in falschen Hüllen. Auf meiner Station bestellte ich neue
Ampullenschächtelchen und eine Beschriftungsmaschine. Die Schwestern
beschrifteten die Schächtelchen. Ich beschränkte alle auf 100 Medikamente oder
Ampullen, nur die bekanntesten oder sehr teure, ¾ warf ich weg. Hier half mir,
dass ich alle Medikamente von den elterlichen Praxen kannte und auch geordnet
hatte.
Chef,
Oberärzte und alle Assistenten waren begeistern.
Dies war der
Grund, warum ich nach und nach Urlaubsvertretungen auf allen 18 Stationen bekam
und dann dort auch alles ordnete. So erwuchs eine ungeahnte Herzlichkeit zu
allen Kollegen, die noch heute zu spüren ist.
Beim
Mittagessen im Casino hörte ich, welch große Probleme jeder Arzt, mit Chef oder
Patienten hatte. Da entstand der Gedanke, für alle
einen offenen Kurs für Autogenes Training zu halten. Im Übungssaal für
Schwangere wurde jeden Dienstagnachmittag dort von mir ein offener Kurs
abgehalten. Neben vielen Problempatienten kamen bis zum Schluss viele Ärzte und
Chefs. Als Ausgleich konnte ich jeden Spezialisten etwas über meine Patienten
befragen und war so stets „up to date“.
Da alles in
unserer Mittagspause geschah, gab es keine Zeitkonflikte. Das Arbeitsklima im
ganzen Haus besserte sich unwahrscheinlich stark.
Nach meiner
Vorlesung in der Uni über die Hyperventilation bei Studenten, richtete die
Psychologische Fakultät mit Prof.Butollo mit mir und
4 Psychologen ein Forschungsvorhaben ein. Stets war ein Psychologe im Haus und
beteiligte sich an der Stationsarbeit, begleitete die Sterbepatienten und die
Vermittlung unheilbarer Krankheiten.
Auch Kollegen
mit Liebeskummer fanden Hilfe. Später wurde ein Zivildienstleistender
Psychologe eingestellt.
Dass Kranke am
Ende der langen Station ihr Essen kalt erhielten, bewog mich, einen Speisesaal
bzw. Aufenthaltsraum einzurichten. Ein nicht eingeplanter Riesensaal mit 12
Pflegefällen wurde energisch von mir geräumt, mit Bildern und Fernseher
versehen und eifrig genutzt. Aus ganz Europa kamen Klinikteams, um diese
„Musterstation“ zu besichtigen.
Neben den
Ideen, meinem guten Ruf und den Tipps, wie man alles billigst organisieren
kann, war es ein Leichtes, den Klinikaufenthalt wesentlich schöner zu
gestalten. Im Prinzip existiert heute auf jeder Station solch ein Raum.
Viele ältere
Kranke kamen ins Krankenhaus ohne Gebiss, Brille, das Haustier zu versorgen,
ohne Taschengeld. Niemand hatte dafür Zeit. Ich setzte ein Inserat in die
Tageszeitung. Es meldeten sich einige Rentnerinnen. Ihre Personalien wurden von
der Verwaltung erfasst, sie bekamen Essensmarken. Die Hilfe klappte einige
Zeit, bis Alzheimer-Patienten etwas zuhause vermissten, dann versiegte das
Engagement.
(Auszug aus meiner neuen Biografie)