1979 ARSEN GEGEN  LIEBESKUMMER

 

Eine 18 jährige Botanik-Studentin hatte 1976 erstmals einen kleinen Streit mit ihrem Freund, daraufhin schluckte sie einen gehäuften Kaffeelöffel mit Arsensalz, das sie heimlich vom Universitätspraktikum zur Pflanzenbestimmung nach Hause mitgenommen hatte. Sofort nach dem Schlucken disponierte sie um und rief die Funkstreife. Diese verhalf ihr sofort beherzt zum Salzwassererbrechen und alarmierte den Notarzt. Dieser rief verzweifelt per Funk mich zur Hilfe. Ich riet ihm, sofort das Antidot (Gegengift) Sulfactin (=EDTA = Dimercaprol) zu spritzen, wegen des zu erwartenden Wasserverlustes eine Infusion anzulegen und die Patientin sofort zu mir in die Klinik zur Blutwäsche zu bringen.

 

Ich raste mit meinem Privatwagen am Sonntag in die Klinik und kam vor ihr an. Als sie mich sah, umarmte sie mich und fragte besorgt: „Bleibt hoffentlich nichts an meiner Leber zurück?“ und dies zu einem Zeitpunkt zu dem niemand mit ihrem Überleben rechnete! Nach Aufnahme der über 100-fachen tödlichen Dosis rechneten wir alle mit ihrem Tod.

Erstmalig in der Welt organisierte ich den Transport des Antidots DMPS mit dem Flugzeug aus  Berlin. Sie schluckte dann stündlich 2 Kapseln DMPS (Dimaval). Magenspülung, Medizinalkohle, hohe Darmspülung und Dialyse sowie sehr viele Infusionen halfen die extrem hohen Blutspiegel von Arsen rasch zu senken. Sie wurde wieder völlig gesund. Nichts blieb von dieser Vergiftung zurück. Sie war sehr glücklich und ihr Freund natürlich auch. Durch die hervorragende Wirkung von DMPS blieben der Patientin alle Organschäden erspart und sie wurde völlig gesund und froh wieder entlassen.

Laufend kamen Zeitungsreporter und Fernsehgesellschaften, weil von Anfang an dieser tragische Fall bekannt war und die Besonderheit der erstmaligen Antidotgabe im Westen dazukam.

Dimercaptopropansulfat (DMPS) war das Geheimmittel der Russen zum Schutz vor ihrem arsenhaltigen Kampfstoff, mit dem sie Deutschland angreifen wollten. Die Tatsache, dass der Westen dieses Gegenmittel nun auch besitzt und seinen Erfolg kennt, hat die östlichen Geheimdienste wahnsinnig geärgert. Die Chemiewaffe wurde dadurch stumpf, der Eiserne Vorhang begann langsam hoch zu gehen.

So hat man als dynamischer Arzt augenfällig die Möglichkeit, in die große Politik einzugreifen.

(Zusatz zur Biografie)

 

Arsen - Unser 1. DMPS-Fall: Hundertfache tödliche Dosis überlebt

 

Hitzekoller - Münchner Studentin schluckte Arsen

 

 

München, 28.5. 1979

Sonntagnachmittag in einem Appartement an der Sonnenstraße - wütend knallt Wolfgang F. (23) die Tür hinter sich zu. Streit mit Freundin Gaby S. (28): Sie will ins Kino, er zum Baden.

 

Die blonde Pharmazie-Studentin nimmt ein Päckchen Arsensalz vom Schreibtisch, verdünnt es mit einem Glas Wasser, trinkt alles.

 

Eine Kurschlusshandlung - die Hitze, der Föhn!

 

16.31 Uhr: in der Polizeieinsatzzentrale schrillt das Notruftelefon. Gaby verzweifelt: „Mein Gott, ich habe Arsensalz geschluckt, ABER ICH WILL NICHT STERBEN…..!

 

16.34 Uhr: Der Feuerwehrarzt telefoniert mit Oberarzt Dr. Max Daunderer (35) vom Krankenhaus rechts der Isar: „Das Mädchen hat 0,5 Gramm geschluckt!“ Dr. Daunderer: „Schon 0,3 Gramm wirken nach zwei Stunden tödlich. Spritzen sie ihr das Gegengift Sulfactin!“

 

16.38 Uhr: Fünf Ärzte stehen in der Toxikologischen Abteilung rechts der Isar bereit. Gaby S. wird an eine künstliche Niere angeschlossen.

 

16.50 Uhr: Gabys Blut droht zu gerinnen. Sie bekommt das neue Gegengift [b]Dimaval.[/b]

 

17.50 Uhr: Der Vorrat an Dimaval ist aufgebraucht, die Ärzte fordern es bei einer Berliner Firma an.

 

Gestern Mittag, 12.58 Uhr: mit Blaulicht übernimmt ein Sanka am Rollfeld in Riem das Medikament von einer Sondermaschine.

 

Minuten später atmen die Ärzte auf: Gaby kommt durch.

Quelle: Bild 28.Mai 1979