Amalgamgünstling Mühlendahl verhöhnt die gesamte Umweltmedizin

Hier eine andere Stellungsnahme, siehe auch unsere:.

http://www.toxcenter.org/artikel/Kinderarzt-Muehlendahl-rechtfertigt-Amalgamtote.pdf

„Wir antworten auf die vorbezeichnete Erwiderung der Herren Prof. v. Mühlendahl und Dr. Otto auf unsere Stellungnahme (1) zum Tagungsbericht Kinderumwelt 11/2006 wie folgt:

 

Fachkommissionen und Grenzwerte

Die Autoren v. Mühlendahl und Otto (im Weiteren die Autoren genannt) pochen auf die Verlässlichkeit von Fachkommissionen samt den von ihnen festgesetzten Grenz-/Richtwerten und ziehen damit den Schluss, die Bevölkerung sei ausreichend vor schädlichen Umwelteinflüssen - insbesondere auch vor den von uns als Kardinalnoxen bezeichneten Gefahren Amalgam, Mobilfunk, Schulgifte und Pestizide - geschützt. Die Argumentation geht an den realpolitischen und wissenschaftlichen Tatsachen vorbei.

 

1. Die gepriesenen Fachkommissionen, die angeblich über das Wohl der Bürger wachen, sind kritisch zu hinterfragen. Tatsächlich sind in diesen Gremien vielfach Experten zu finden, die offenbar andere Interessen als die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung vertreten (2). Erinnert sei hier etwa an die jahrzehntelange manipulative Beeinflussung der Politik durch von der Tabakindustrie bezahlte Wissenschaftler (3, 4) sowie die Aushebelung demokratischer Regeln durch Lobbyisten bei der EU-Chemikalienrichtlinie REACH (5, 6 (S. 161-184)). Staatliche Funktionen (Gesetzgebung, Kontrolle... ) werden in weitem Maße durch von der Industrie besoldete Angestellte ausgeübt. Andernorts hieße das Korruption, wird u.a. auch in dem jüngst erschienenen sehr lesenswerten Buch "Der gekaufte Staat" festgestellt (6).

 

2. Auch die von Fachgremien festgesetzten Grenzwerte sind nicht so makellos, wie von den Autoren dargestellt. Grenzwerte sind in der Regel kaum toxikologisch, sondern überwiegend politisch begründet: *Der NOEL (no observed-effect-level) wird häufig auf der Basis von Tierversuchen ermittelt. Nicht alle Giftwirkungen aber sind sichtbar. So klagt eine Ratte nicht über ihre Kopfschmerzen,

Wortfindungs- oder Sehstörungen, jene Giftwirkungen also, die beim Menschen erste Zeichen einer neurotoxischen Schädigung sind. Der sog. Sicherheitsfaktor, der Unterschiede in der Empfindlichkeit zwischen Versuchstier und Mensch berücksichtigt, ist willkürlich festgelegt. ·Grenzwerte kranken an weiterer

Pauschalierung: Sie berücksichtigen weder individuelle Gegebenheiten noch Kombinationseffekte, sie lassen keinen Rückschluss zu auf die Bedenklichkeit/Unbedenklichkeit einer kürzeren Einwirkung der betreffenden Noxe in höherer Konzentration und sie gelten meist für Noxen im Arbeitsbereich, nicht im Alltag. (Bei Dauerexposition besteht im Gegensatz zur zeitlich begrenzten Exposition keine Regenerationsmöglichkeit für den Organismus). – Grenzwerte bieten also keine umfassende Sicherheit, wie offiziell suggeriert. Weitere spezifische Unzulänglichkeiten von Grenz-/Richtwerten sind bei verschiedenen Noxen gegeben, wie wir unten aufzeigen.

 

3. Ebenso fehl geht das pauschale Argument der Autoren "Die Dosis macht das Gift". Im weiteren Text räumen die Verfasser wenigstens noch die "Dauer einer Exposition" und die "Resorptionseigenschaften" als maßgeblich für die Risikoeinschätzung von Noxen ein. Tatsächlich aber sind weitaus mehr Faktoren verantwortlich für die Entstehung einer Umwelterkrankung. Zur Toxikokinetik und Toxikodynamik gehören: *Art der chemischen/physikalischen Noxe *Dosis *Dauer der Exposition *Aufnahmepfad *Verteilung und Speicherung des Giftes *Metabolismus *Ausscheidungsmodus *Kombinationseffekte durch zusätzliche Noxen *vorbestehende Erkrankungen *Ernährungszustand *Körpergewicht *Geschlecht *Alter *Suszeptibilität bzw. Leistungsfähigkeit des Entgiftungssystems. - Die von den Autoren grob verkürzten Kriterien der Risikobewertung von Noxen werden dem gebotenen Gesundheitsschutz für die Bevölkerung nicht gerecht.

 

Zum zweifelhaften Stellenwert von Grenzwerten und ihren Vätern, den nationalen und internationalen Expertengremien, im Detail folgendes.

 

 

Amalgam

1. Die Autoren betonen, dass die bei amalgambelasteten Kindern festgestellten Ausscheidungswerte von Quecksilber (Hg) im Urin "nach gut fundiertem Wissensstand" deutlich unterhalb einer toxischen Grenze lägen. Tatsächlich ist der wissenschaftliche Erkenntnisstand aber ein anderer: *Die Hg-Bestimmung im Urin (und Blut) ist kein verlässliches Diagnoseverfahren, um eine chronische Hg-Intoxikation festzustellen. Toxikologisch relevant ist allein die Quecksilberkonzentration im Gewebe, nicht in den Körperflüssigkeiten. Es besteht keine Korrelation zwischen Hg-Werten im Urin und in den Organen. Demnach kann bei niedrigen Hg-Werten im Urin - u.a. bedingt durch die teilweise genetisch bedingte interindividuell unterschiedliche Fähigkeit zur Aus-schei-dung von Hg - dennoch eine klinisch relevante Quecksilberbelastung bestehen. Auf diesen Fakt haben u.a. auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-produkte (BfArM) sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie folgt hingewiesen:

- "Auch aus Blut- und Urinuntersuchungen können nicht ohne weiteres Voraussagen über die toxischen Wirkungen durch die Aufnahme von Quecksilberdampf im Niedrigdosisbereich getroffen (...) oder gesicherte Rückschlüsse auf die innere Quecksilbergesamtbelastung des Individuums aus Amalgamfüllungen gezogen werden (7 (S. 8))."

- "Die Quecksilberkonzentration im Urin ist kein etablierter Indikator für die Quecksilberkonzentration im Gewebe (et vice versa) (7 (S. 15))."

- "it is not scientifically possible to set a level for mercury, e.g. in blood or urine, below which mercury-related symptoms will not occur in individual cases (zit. n. 7 (S. 13))."

- ÒOne important consequence is that concentrations of mercury in urine or blood may be low quite soon after exposure has ceased, despite the fact that concentrations in the critical organs may still be high (8)." Die von den Autoren als verlässlich angegebenen Hg-Grenzwerte im Urin sind also toxikologisch völlig irrelevant. Mit der Methode der Hg-Bestimmung im Urin werden tatsächlich falsch negative Befunde erhoben, womit eine chronische - z.B. durch Amalgam induzierte - Queck-silbervergiftung grundsätzlich nicht diagnostiziert wird - was anscheinend von Amalgambefürwortern gewünscht ist. Würden die durchaus zur Verfügung stehenden tauglichen - aber von offizieller Seite strikt ausgegrenzten - Verfahren zur Abklärung einer chronischen Hg-Intoxikation genutzt, würde das erschreckende Ausmaß der Amalgamvergiftung in der Bevölkerung evident. *Ohnedies gibt es keinen Wirkungs-schwellenwert, unterhalb dessen toxische Wirkungen von Quecksilber ausgeschlossen sind; diesen Fakt hat auch die WHO bestätigt (9, 10).

Fazit: Die Autoren ignorieren Prinzipien der Hg-Toxikologie. Für Hg gibt es grundsätzlich keinen sicheren Grenzwert. Es kann auch in kleinsten Dosen gesundheitsschädlich sein. Die genannte Hg-Bestimmung im Urin ist kein taugliches Verfahren zur Abklärung einer Hg-/Amalgamintoxikation.

 

2. Von einem nach Ansicht der Autoren quantitativ (und qualitativ) unbedeutenden Gesundheitsrisiko durch Amalgam kann nicht die Rede sein. Die Humanbiomonitoring (HBM)-Kommission des Umweltbundesamtes stellte 1999 fest, dass ein bis vier Prozent der Bevölkerung gegenüber Amalgam Unverträglich-keits-reaktionen in toxikologischem Sinne zeigen (11). Bei der Hochrechnung auf alle Amalgamträger (rund 50 Millionen in der BRD) reagieren demnach 500.000 bis 2 Millionen Bundesbürger auf Amalgam-füllungen mit Vergiftungserscheinungen. Tatsächlich ist das Schadensausmaß aber weit höher als von der HBM-Kommission eingestanden. Studienergebnissen zufolge haben mindestens 15 Prozent der Bevölkerung eine erhöhte Suszeptibilität gegenüber Hg (12). Das sind umgerechnet auf die Amalgamträger ca. 7,5 Millionen Menschen in der BRD, die höchstwahrscheinlich durch Amalgam gesundheitlich beeinträchtigt sind. Hinzu kommen weniger empfindliche Menschen, die dennoch aufgrund anderer ungünstiger Faktoren eine Amalgamvergiftung erleiden. Nach Einschätzung unabhängiger Experten liegt die Anzahl der Amalgam-geschädigten hierzulande im zweistelligen Millionen-bereich. Eben wegen dieser Brisanz des Amalgams haben umwelt-medizinische Verbände im Jahr 2002 ein Amalgamverbot gefordert. Zur Begründung wurde in der Resolution u.a.

ausgeführt: "Sowohl Grundlagenforschung als auch klinische Resultate belegen unzweifelhaft das besondere und häufige gesundheitliche Risiko durch die Inhaltsstoffe des Amalgams bei seiner Verwendung als dentaler Werkstoff. (...) Die Häufigkeit gesundheitlicher Störungen wird durch den angeführten Vorteil der Preis-würdigkeit und der leichten Verarbeitung in keiner Weise aufgewogen (13)."

Fazit: Es ist absolut unzutreffend, wenn die Autoren Amalgam lediglich als vereinzeltes Problem darstellen, das "durch Nahsicht falsch vergrößert gesehen wird." De facto sind Folgeschäden durch Amalgam weit verbreitet, d.h. eine Volkskrankheit.

 

3. Die Autoren weisen hinsichtlich der Risikobewertung von Amalgam auf die aktuelle Empfehlung des Robert Koch-Instituts (14) hin, das die Parole ausgibt, Amalgam sei weitgehend unbedenklich und somit auch künftig im großen Stil zu verwenden. Es handelt sich um die Mitteilung der Kommission "Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin", die ihrem Namen und ihrer Aufgabe hierbei leider nicht gerecht wird. Die Darstellungen der Kommission (resp. deren Amalgam-Arbeitsgruppe) basieren in wesentlichen Punkten nicht auf dem aktuellen Wissensstand, womit Ärzte und Patienten nicht sachgerecht informiert werden. Einem der beiden Autoren, Herrn Prof. v. Mühlendahl, sind die Ausführungen der Kommission detailliert bekannt, er war Sprecher der RKI-Amalgam-Arbeitsgruppe. Für die interessierte Leserschaft seien hier zur Veranschaulichung folgende Behauptungen der RKI-Kommission erwähnt (kursiv), die wir kurz kommentieren: *Amalgamrisiken werden von den meisten Experten als gering und vernach-lässig-bar eingeschätzt. - Das Gegenteil ist der Fall. Die Mehrheit der Umweltmediziner hält Amalgam für gesundheitsschädlich in quantitativ und qualitativ erheblichem Ausmaß, weswegen umweltmedizinische Verbände ein Amalgamverbot fordern (s.o.). *Bei der Amalgamentfernung sind kaum besondere Schutzmaßnahmen für Patienten erforderlich. - Tatsächlich sind alle bekannten Schutzmaßnahmen geboten wegen des frei werdenden hochtoxischen Hg-Dampfs, wobei die Grenzwerte - auf die doch sonst so viel gegeben wird! - bei Weitem überschritten werden können. Ärzte sind rechtlich verpflichtet, grundsätzlich die für die Patientengesundheit schonendste Behandlungsmethode anzuwenden, andernfalls begehen sie Körperverletzung. *Die Quecksilberbestimmung in Urin und Blut ist die einzige Diagnosemöglichkeit einer Queck-silberbelastung. - Wie oben bereits belegt, kann mit dieser Methode der Nachweis einer chronischen Hg-Intoxikationen gerade nicht geführt werden. *Der Epikutantest und orale Symptome sind die einzigen diagnostischen Instrumente für eine Amalgam-allergie. - Tatsächlich ist der Epikutantest aus biochemischen Gründen zur Abklärung einer Amalgamallergie im Allgemeinen ungeeignet (15, 16). Und Schleimhautreaktionen im Mundraum gehören in der Regel gerade nicht zum klinischen Bild einer Amalgamallergie (17, 18, 19, 20). Beide Methoden sind also untauglich zur Diagnose einer Amalgamallergie. *Es fehlen wissenschaftliche Belege für den vermuteten Kausal-zusammen-hang von Amalgam und Krankheiten. - Es gibt Tausende wissenschaftliche Publikationen zu Amalgam-Folgeschäden. Es ist schlicht unglaubwürdig, dass es darunter keine wissenschaftlich verlässlichen Daten geben soll.

Fazit: Die RKI-Kommission empfiehlt untaug-liche diagnostische und therapeutische Methoden und grenzt dagegen brauchbare Ver-fahren aus. Gesundheitliche Risiken, insbesondere auch durch mangelnden Schutz bei der Amalgamentfernung, werden völlig ignoriert. Auf diese Weise werden der Nach-weis von amalgambedingten Gesundheitsstörungen sowie der Schutz vor weiterer Vergiftung verhindert.

 

4. Der Tenor der RKI-Empfehlung überrascht nicht angesichts der Tatsache, dass das ausführende Gremium überwiegend mit Amalgamlobbyisten besetzt war (Elf Amalgambefürworter, zwei Amalgamkritiker). Zum Teil sind diese Amalgambefürworter nachweislich eng mit der Industrie, mit Zahnärzteverbänden und den Behörden liiert, also jenen Kreisen, die für das Inverkehrbringen des Amalgams verantwortlich sind, was einen Interessenkonflikt nahelegt. Es stimmt nachdenklich, dass kurz nach Veröffentlichung der besagten RKI-Empfehlung die offizielle Anordnung erging, dass am Freiburger Universitätsinstitut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene - der Arbeitsstätte der beiden der RKI-Arbeitsgruppe angehörenden Amalgamkritiker - trotz der dortigen bisher sehr erfolgreichen Behandlung von Amalgampatienten Amalgam künftig "kein Thema" mehr sein darf. Nachdem einer der beiden Amalgamkritiker, der Leiter des genannten Instituts, zwischenzeitlich emeritiert war, wurde der noch verbleibende Amalgamexperte kurzerhand in eine andere Abteilung des Krankenhauses versetzt. Damit sind der Nachweis von Amalgamschadensfällen und eine adäquate medizinische Hilfe für Amalgampatienten auch in dieser öffentlichen Einrichtung - der bis dahin einzig verbliebenen - nicht mehr möglich. Was nicht diagnostiziert wird, ist nach Maßgabe der Obrigkeit auch nicht existent.

Fazit: Auf die offiziellen Statements zu Amalgam, die erfahrungsgemäß von mit einem Interessenkonflikt behafteten Fachgremien verfasst werden, ist kein Verlass. Sie basieren in wesentlichen Punkten nicht auf dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand, womit kein angemessener Gesundheitsschutz für die Bevölkerung gegeben ist. "Natürlich wird bei Amalgam nicht nach dem Stand der Wissenschaft gehandelt." Diese unbesonnene, aber treffende Bemerkung entwischte dem ehemaligen Bundesumweltminister Trittin bei einer öffentlichen Diskussion (21). Die Politik weiß also sehr wohl um die Amalgamproblematik, negiert sie aber aus anscheinend taktischen Gründen.

 

 

Mobilfunk

1. Auch die von den Autoren als verlässlich hingestellten Mobilfunk-Grenzwerte, die angeblich "regelmäßig - mit Blick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse - auf ihre Gültigkeit hin überprüft werdenÒ, sind de facto nach wissenschaftlichen (und ethischen) Kriterien unhaltbar. Grundlage der derzeitigen Grenzwerte für Mikrowellenstrahlung ist die - von der ehemaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel vorgeschlagene - 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV)). Diese weist methodische Fehler auf. Die beiden wichtigsten sind: *Die Grenzwerte werden als Effektivwerte (gemittelt über 6-Minuten-Intervalle) erfasst, nicht als tatsächlich gemessene Spitzenwerte, was insbesondere bei der gepulsten Strahlung wie etwa beim digitalen Mobilfunk (Strahlung, Pause, Strahlung, Pause...) zu einer drastischen Unterbewertung der Gefahr führt. Ein Beispiel: Wenn man Frau Merkels Hand jede Minute für nur zehn Sekunden in kochendes Wasser tauchte und daraus einen über sechs Minuten gemittelten Wert aus echter Belastung (kochendes Wasser) und den dazwischen liegenden Pausen errechnete, dürfte nichts passiert sein, weil demnach das Wasser nur lauwarm wäre (22). Etwaige spitze Schreie unserer Kanzlerin wären demzufolge rein hysterischer Natur. Denn Frau Merkel befände sich ja in einer völlig unproblematischen Situation, die lediglich – mit den Worten der Autoren - "durch Nahsicht falsch vergrößert gesehen wird." Die Unsinnigkeit von Effektivwerten wird mit diesem Beispiel deutlich. *Nach der 26. BISchV wird nur die Wärmewirkung hochfrequenter Strahlung berücksichtigt, nicht-thermische Effekte bleiben unbeachtet. Laut wissenschaftlichem Erkenntnisstand gibt es aber auch Schädigungsmöglichkeiten athermischer Art, wie etwa die Verschiebung der Redox-Balance im Zusammenhang mit oxidativem und nitrosativem Stress, Defekte der Blut-Hirn-Schranke, Erbgutschäden und die Begünstigung von Krebs (23).

Fazit: Die Autoren lassen gewichtige wissenschaftliche Daten unerwähnt. - Ebenso übrigens wie ihre Tätigkeit für die Mobilfunkindustrie (24). Ihre These von der Harmlosigkeit des Mobilfunks kann somit nicht überzeugen. Der Mobilfunk birgt für die gesamte Bevölkerung ein Gesundheitsrisiko und ist daher - entgegen der Ansicht der Autoren - eine quantitativ bedeutende Umweltnoxe.

 

2. Auch die im Fall Mobilfunk von den Autoren so rühmlich erwähnten Fachgremien halten nicht unbedingt das, was ihre klangvollen Namen und Absichtserklärungen versprechen. Aus Platzgründen beschränken wir uns hier auf die Beleuchtung der von den Autoren u.a. genannten Weltgesundheitsorganisation (WHO). *Im

Allgemeinen: Die Ausschüsse der WHO werden personell durch Beauftragte der Mitgliedsstaaten besetzt, die entweder selbst einer Interessengruppe angehören oder Vorschläge zu einem großen Teil aus der interessierten Industrie erhalten. Von ihnen kann daher eine kritische Prüfung von Produkten der Industrie nicht unbedingt erwartet werden. Teilweise stehen Experten der WHO auch direkt in bezahlten Diensten der Industrie. Beispielsweise trat bei einer WHO-Konferenz zu Problemen der Überwachung von Arzneimittelrisiken derselbe Prof. Wilholm als Chef der staatlichen schwedischen Aufsichtsbehörde und als ãSenior DirectorÒ der Hoechst-Firma Marion Roussel auf. Er negierte die Risiken eines Medika-ments trotz gegenteiliger Beweise. Dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelt, wird mit dem diesbezüglichen Kommentar des seinerzeitigen Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber, deutlich: "Es zeigt sich, daß sich das europäische Gesundheits-system noch immer in den Fängen des Kapitals befindet (25)." *Im Speziellen: Die schiefe Haltung der WHO in Sachen Mobilfunk zeigt sich u.a. in dem skandalösen Vorgang, dass die ehemalige Generaldirektorin der WHO, Frau Prof. Gro Harlem Brundtland, wegen ihrer Mobilfunksensibilität für unzurechnungsfähig ("lunatic") erklärt und auf Betreiben des jetzigen Leiters der Mobilfunkforschung bei der WHO, Michael Repacholi, von ihrer Zuständigkeit für diesen Forschungsbereich entbunden wurde (26).

Fazit: Die fachliche Qualifikation bzw. die Neutralität der von den Autoren angeführten Fachgremien ist höchst fragwürdig. Hinsichtlich der Abschätzung von Risiken belegen Meinungsumfragen: Weder Risiko-experten noch Behörden und Parlamente genießen das größte Vertrauen der Bevölkerung, sondern jene Personen/Institu-tionen, denen das geringste Eigeninteresse zugetraut wird.

 

 

Der Wolf ist da

Aus Platzgründen müssen wir uns hier beispielhaft auf die vorgenannten Unregelmäßigkeiten bei der Bewertung von Umweltnoxen durch offizielle Fachgremien beschränken. Tatsächlich gibt es zu diesem Thema vieles mehr. Es wird damit vor allem eines deutlich: Offizielle Vorgaben in Umweltmedizin und -politik basieren oftmals nicht auf dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Evident werden "Tricks und Manipulationen industrienaher Kreise - einschließlich der Politik und Bundesoberbehörden, mit denen die Öffentlichkeit offenbar gezielt desinformiert wird", heißt es etwa in einer Rezension (27) zu dem jüngst in Sachen Mobilfunk erschienenen Buch "Die Fälscher". Es ist vor allem diese - von den Autoren bespöttelte - "Wahrheit", die Umweltgeschädigte "entdeckt" haben und sie in Patienten- und Bürgerorganisationen aktiv werden lässt. Ganz im Gegensatz zur offiziellen süffisanten Darstellung sind die Betroffenen keine eingebildeten, sondern ausgebildete Patienten, die mit großem Fachwissen und gesellschaftlicher Verantwortung für eine Politik der Raison streiten. Denn sie haben nicht nur entdeckt, was sie krank gemacht hat, sondern auch, dass sie und die gesamte Gesellschaft düpiert werden. Nicht Irrtum über toxikologische Zusammenhänge ist ein Wesensmerkmal hiesiger Umweltpolitik, sondern Irreführung. Eine bittere Wahrheit. Insofern hinkt die von den Autoren im Hinblick auf Umweltnoxen gebrauchte schulmeisternde Metapher vom Wolf. ("Wer zu häufig ruft 'Der Wolf ist da', der wird am Ende sehen, dass keiner mehr richtig hinhört, wenn der Wolf wirklich

kommt.") Nach unserem Eindruck ist der Wolf längst da; in großer Zahl und vielgestaltig. Er trägt Großmutters biederes Häubchen, frisst Kreide, gebärdet sich als edler deutscher Schäferhund oder hüllt sich in Schafspelz und gibt Pfötchen. Er scheint durch alle Institutionen zu streunen und hält sich auch und gerade in vermeintlich raubtierfreien Zonen auf: etwa in Medizin und Wissenschaft. Noch gehen ihm scharenweise die braven Bürger auf den Leim. Das zu ändern, gehört zum Programm der genannten Patienten- und Bürgerinitiativen, nicht Panikmache und Krawall wie von den Autoren unterstellt.

Fazit: Solange sich Experten nicht strikt an wissenschaftliche Fakten halten, ihre Verbindungen zu Industrie und Politik nicht offenlegen und mit ihresgleichen hinter verschlossenen Türen Grenzwerte, Richtlinien oder Unbedenklichkeitserklärungen aushecken, können sie keinerlei Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen. Wie in der medizinischen Wissenschaft und Praxis dokumentiert, ist bereits eine Vielzahl von Menschen durch Umweltnoxen erkrankt, die ihnen eine rücksichtslose Industrie und Politik aufzwingen. Dazu gehören auch und gerade Amalgam und der Mobilfunk. Die Entscheidung darüber, welches Gesundheitsrisiko den Menschen zuzumuten ist, darf nicht länger von kleinen, mehr oder weniger im Verborgenen arbeitenden Expertenkommissionen getroffen werden.

Nachweise

(1) Nowack, R.: Zukünftige Kinderumwelt. Soziale, physikalische und chemische Bedrohung - Leserbrief, Umwelt-Medizin-Gesellschaft 3/2007, S. 233 f.

(2) Bultmann, A., Schmithals, F.: Käufliche Wissenschaft - Experten im Dienst von Industrie und Politik. Knaur, München 1994

(3) Bornhäuser A. et al.: German Tobacco IndustryÕs Successful Efforts to Maintain Scientific and Political Respectability to Prevent Regulation of Secondhand Smoke, http://www.tabakkontrolle.de/ am 25.04.2006

(4) Spiegel online 05.12.05

(5) Lobbyismus - "U-Boote" in der EU-Kommission, WAZ 06.03.2008

(6) Adamek, S., Otto, K.: Der gekaufte Staat, Kiepenheuer & Witsch 2008

(7) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Widerspruchsbescheid an die Stufenplanbeteiligten vom 21.07.1995

(8) World Health Organisation: Environmental Health Criteria, 118, Inorganic Mercury, Genf 1991, S. 61

(9) World Health Organisation: Mercury in Health care, Policy Paper, August 2005, http://www.who.int/water_sanitation_health/medicalwaste/

mercurypolpaper.pdf

(10) U.S.CDC, Tocicology Division, Atlanta, Ga. and WHO, Environmental Health Criteria 101,1990

(11) Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes Berlin: Stoffmonographie Quecksilber - Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM), Bundesgesundheitsblatt 42/1999, S. 522-532

(12) Mutter, J.: Concern over health impacts of dental amalgams and latest scientific findings, in: European Environmental Bureau (EEB), Report from the conference Dental Sector as a Source of Mercury Contamination, Brussels, 25 May 2007, S. 39, http://home.arcor.de/rl1/amalgam/dental_conference_

report.pdf am 22.12.2007

(13) Ökologischer Ärztebund, Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner e.V., Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin e.V., Deutsche Gesellschaft für Umwelt- und Humantoxikologie e.V.: Resolution: Amalgamverbot gefordert!, Würzburg 09.06.2002, http://www.amalgam.homepage.t-online.de/dokument/resolution_

verbaende.pdf

(14) Empfehlung des Robert Koch-Instituts: Amalgam: Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht - Mitteilung der Kommission "Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin", Bundesgesundheitsblatt 10/2007, S. 1304-1307, http://www.rki.de/cln_049/nn_196980/DE/Content/GBE/

Auswertungsergebnisse/Umweltmedizin/UmweltKommission/Amalgam__

Stellungnahme,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/

Amalgam_Stellungnahme.pdf

(15) Müller, K.E.: Immuntoxikologie der Metalle, umwelt-medizin-gesellschaft 4/2004, S. 300

(16) Müller, K.E.: Stellungnahme zum Entwurf der Informationsschrift des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): "Amalgam in der zahnärztlichen Therapie", www.dbu-online.de/Stellung_BfArM.doc

(17) Bieger, W.P.: Immuntoxikologie der Dentalmetalle, Immunologie 118-7/97, S. 6

(18) Djerassi, E.: Fokalallergie und Sensibilisierungsvermögen des Organismus, Österreichische Zeitschrift für Stomatologie 67, 1970, S. 34

(19) Bergmann, M.: Side-effects of amalgam and its alternatives: local, systemic and environmental; International Dental Journal 40, 1990, S. 4, 6

(20) Roth, H. et al.: Unverträglichkeitsreaktionen auf Dentalmaterialien, MBZ 9/1996, S. 17

(21) Jürgen Trittin (Bundesumweltminister) coram publico bei einer Demonstration gegen Umweltgifte ("Frauen werden giftig") am 08.03.2005 auf dem Alexanderplatz in Berlin, Veranstalter: WECF (Women in Europe for a Common Future e.V.)

(22) Maes, W.: Stress durch Strom und Strahlung, Schriftenreihe Gesundes Wohnen, Institut für Baubiologie und Oekologie, Neubeuern 2000, S. 307

(23) Warnke, U.: Es gibt nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Hinweise darauf, dass elektromagnetische Felder gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen – Eine Entgegnung, Umwelt-Medizin-Gesellschaft 1/2004, S. 15-22 m.w.Nw.

(24) Umwelt-Medizin-Gesellschaft 1/2007, S. 6

(25) Berliner Tagesspiegel vom 01.12.1998

(26) Frentzel-Beyme, R.: Mobile Health and the Environment (8./9. März 2005, London), Umwelt-Medizin-Gesellschaft 2/2005, S. 152

(27) Umwelt-Medizin-Gesellschaft 1/2008, S. 82

 

 

Regina Nowack“