1989 Amalgamfüllungen rechtlich
als ein Kunstfehler eingestuft!!
Zusammenfassung
Amalgamtypische
Symptome sind u.a.: Apathie, Kopfschmerzen, gastrointestinale Schmerzen und
Infektanfälligkeit. Einige schwere Erkrankungen werden kasuistisch dargestellt.
Der Nachweis der chronischen Quecksilbervergiftung gelingt durch eine einfache
praxisgerechte Mobilisationsmethode mit DMPS. Die Mobilisation dient auch als
therapeutische Ausschwemmung der Hg-Organdepots nachdem die
Amalgamzahnfüllungen entfernt worden sind. Die Neufüllungen von Zahndefekten
mit Hg-Amalgam kann heute als obsolet angesehen
werden.
Kasuistiken
Ein neunjähriges
Mädchen bekam in einem Jahr 5 Amalgamfüllungen. Nach Sturz auf den Kopf trat in
jenem Jahr allmählich eine schwere Enzephalopathie auf. Das EEG wurde flach,
wie war extrem agitiert, zuckte rhythmisch und nahm mit der Umwelt keinen
Kontakt mehr auf, musste künstlich ernährt werden. Hg spontan 18,5 µg/l, nach
3,5 mg/kg KG DMPS* oral 213,5 µg/l im Urin.
Im Haar war
Quecksilber um das 6fache erhöht. Unter siebenmonatiger DMPS-Therapie (100
mg/Woche) bildeten sich die Vergiftungssymptome langsam zurück. Eine
wesentliche Besserung trat jedoch erst nach der Amalgamentfernung ein.
Eine 30jährige
Patientin litt seit Jahren u.a. unter ständiger Migräne und Schmerzen im
Unterbauch. Da ihr Zahnarzt die Amalgamfüllungen dafür verantwortlich hielt,
tauschte er sie gegen 11 neue aus. Daraufhin verschlechterten sich die
Beschwerden unmittelbar nach dem Austausch. Hg im Spontanurin 11 µg/l, nach 3
mg DMPS/kg KG i.v. 2.565 µg/l. Die Kopf- und Bauchschmerzen verschwanden nach
dieser Mobilisation schlagartig und traten nach 6 Wochen wieder leicht auf.
Nach Entfernung der Amalgamfüllungen und Remobilisation blieb die Patientin
beschwerdefrei.
Eine 33jährige
Patientin mit 14 Amalgamfüllungen seit 25 Jahren (zum Teil erneuert) fühlte
sich seit 3 ½ Jahren sehr müde, abgeschlagen und hatte ständig Schwindel,
Übelkeit, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, Kribbeln
u.a. Parästhesien an den Akren sowie eine deutlich erhöhte Infektanfälligkeit.
Sie klagte über einen bitteren Geschmack und Geruch, Bauchschmerzen, Blähungen,
Durchfall, Herzklopfen, Tachykardien und paroxysmale Arrhythmien. Sie
entwickelte eine Candidabronchitis, Asthma bronchiale und Nickelallergie. Hg im
Urin spontan 7 µg/l, nach 250 mg DMPS i.v.: Kreatinin 1,36 g/l, Pb 121 µg/l, Cu
2.493 µg/l, Hg 2.794,3 µg/l (Grenzwert nach unserer Erfahrung nach
Mobilisation: Beschwerdefreiheit bis 50 µg/l). Nach der Entgiftung durch
Mobilisation und Entfernung der Amalgamfüllungen wesentliche Besserung des
Beschwerdebildes.
Ein 64jähriger
Patient mit 21 Amalgamfüllungen bekam an der Stelle einer alten Wirbelfraktur
lanzierende Schmerzen in der Art wie bei einem Bandscheibenvorfall ohne
organisches Substrat. Nach Entfernung aller Zähne stieg durch die Gabe von Zink
die Hg-Ausscheidung von Normalwerten auf über 5.000 µg/l im Urin an und
normalisierte sich unter Fortsetzung der Zinksubstitution nach 2 Jahren.
Der Patient fühlte
sich danach wohl. Nach einer Implantation im Unterkiefer kam es 8 Jahre später
zu einer erneuten Ausschüttung des dor
Till wies die hohen Quecksilberkonzentrationen im Knochen unter den
Amalgamfüllungen nach.
Eigene Beobachtungen
Bei Überprüfung der
Frage, ob Amalgamträger mit einer neurologisch auffälligen Symptomatik stets
eine Hg-Ausschüttung nach Gabe des Antidots DMPS aufweisen, fanden wir bei
bisher 800 Patienten folgendes:
Patienten, die
niemals Amalgam im Mund hatten, zeigten Werte bis maximal 20 µg/l Hg im Urin
nach 3 mg DMPS/kg KG i.v. und keine wesentliche Erhöhung des mitmobilisierten
Kupfers.
Patienten, welche
regelmäßig Meeresfrüchte wie insbesondere Thunfisch und Krabben aßen, hatten
maximal 50 µg Hg im Liter Urin 30 Minuten nach 3 mg/kg KG DMPS i.v.
98% der Patienten
mit Amalgamfüllungen oder kürzlich entfernten Füllungen hatten über 50 µg/l Hg
im Urin nach der beschriebenen Mobilisation sowie eine signifikant erhöhte
Kupferausscheidung mit Werten über 500 µg/l Cu im Urin.
Sofort nach
Entfernen der Füllungen und nach Mobilisation besserten sich die neurologischen
Beschwerden deutlich.
Die Patienten mit
der gravierendsten Symptomatik wiesen in der Regel einen starken Zinkmangel
auf, einen erhöhten Kupferspeicher sowie erhöhte Cadmium- und
Bleikonzentrationen im Speicher. Diese Belastung führte ebenso wie gelegentlich
eine zusätzliche Belastung mit Holzschutzmitteln (Pentachlorphenol, „Lindan“)
zu einer Potenzierung der neurologischen Organschäden.
Das Ausmaß der
Vergiftungserscheinungen wird nicht nur von der Anzahl der Füllungen bestimmt,
sondern in erster Linie vom Zinkspiegel, der das Maß der Entgiftung der
Schwermetalle bestimmt. Kupfer wirkt antagonistisch zu Zink und potenziert die
neurologischen Beschwerden.
Leitsymptome der Amalgamvergiftung sind:
Apathie, Müdigkeit,
Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen,
Gedächtnisstörungen, Depression, Schlafstörungen und Infektanfälligkeit.
Typisch ist ein
plötzlicher Beginn der Beschwerden durch einen Infekt (Zinkmangel!) nach
jahrelanger Latenz.
Zinksubstitution
fördert die Ausscheidung des extrazellulären Quecksilbers, jedoch nicht die aus
den Depots.
Ein Selenmangel
wurde nur selten diagnostiziert.
Zahlreiche Fälle
einer Colitis (ulcerosa) und einer Multiplen Sklerose besserten sich nach
Entfernen der Amalgamfüllungen und Entgiftung durch DMPS.
Die Art der
Amalgame schien bei der Schwere der Vergiftung keine Rolle zu spielen.
Durch die
amalgambedingte Quecksilbervergiftung und den daraus resultierenden Zinkmangel
wurden vermehrt auch die anderen giftigen Schwermetalle wie Blei und Cadmium,
aber auch Arsen im Körper retiniert.
Solange die Amalgam
im Mund blieben, besserte sich die Symptomatik nach Antidottherapie nur
vorübergehend. Endgültige Heilung brachte erst die vollständige
Amalgamentfernung.
Das Quecksilber aus
Amalgamen lässt sich ziemlich exakt differenzieren von anderen Quellen durch:
1.
Mitbestimmung
der anderen Amalgamkomponenten (Cu, Ag, Sn u.a.)
2.
Den Kausalzusammenhang
des Auftretens von Symptomen nach Amalgamfüllungen
3.
Die
extrem hohe Depotbildung, die nur bei kontinuierlicher Giftfreisetzung entsteht
4.
Die
schlagartige Besserung des klinischen Bildes und der T-Helferzelldepression
nach
Amalgamentfernung.
Als Kofaktor
erhöhter Hg-Freisetzung aus Amalgamfüllungen gelten:
Häufige heiße
Getränke, saure Speisen, fluorhaltige Zahnpasta, Kaugummikauen, Zähneknirschen,
andere Metalle im Mund und der bereits erwähnte Zinkmangel.
In schweren
Vergiftungsfällen fand sich eine deutliche T-Helferzelldepression, die nach
Behandlung verschwand.
Bis zu 20 Jahre
nach der Entfernung von Amalgamfüllungen konnte bei weiter bestehender
Symptomatik noch ein Depot erkannt und behandelt werden.
Procedere
Nach einer Reihe von
Versuchen hat sich im Alltag der Kassenarztpraxis folgendes diagnostisches
Verfahren bewährt:
1.
Spontanurin
I: Untersuchung auf Quecksilber, Zink und evtl. Nickel
2. Injektion
von 3 mg/kg KG DMPS langsam i.v. (Unithiol ®)
3. Nach 30 Min. Urin II auf Quecksilber und Kupfer (plus Blei bei
Hochdruck, plus Cadmium bei Osteoporose)
Bei oraler
Verabreichung wird das Antidot sehr unsicher resorbiert, daher muss der Test
nüchtern durchgeführt werden. Da nur ca. 30% oral resorbiert werden, ist die
benötigte Dosis 10 mg/kg KG als Bolus. Die Kapseln sind seit 13 Jahren als
Dimaval® zugelassen. Unser erster gravierender
Vergiftungsfall (Arsenvergiftung) wurde 1976 erfolgreich damit behandelt.
Rechtliche
Konsequenzen aus der Sicht des Autors
1.
Selbst, wenn die beobachteten Fälle
Einzelfälle wären - (alles spricht dagegen) - verbietet die
Schwere
der beobachteten Nebenwirkungen und die Unmöglichkeit, diese zu verhindern, ab
sofort
jede weitere Anwendung von Zahnamalgamen,
die Quecksilber enthalten.
2.
Gold als kassenübliche Alternative muss
ebenso wie für Allergiker für Vergiftete genehmigt werden.
3.
Schadenersatzansprüche bei schweren
nachgewiesenen Folgekrankheiten mit privaten und
beruflichen
Einbußen müssen gestellt werden können.
4.
Alle zahnärztlichen Materialien müssen
bezüglich ihrer Langzeitwirkung gemäß Arzneimittelgesetz
überprüft
und zugelassen werden (Spargold: Indium, Gallium, Vanadium, Nicke, Beryllium,
Kunststoffe,
Formaldehyd in Wurzelfüllungen u.v.a.).
5.
Zahnärzte, Hausärzte, Neurologen u.a.
müssen eiligst über die diversen Vergiftungssymptome und
die
Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden.
6.
Einführung eines Zahnausweises mit allen
verwendeten Materialien.
Offene
wissenschaftliche Fragen
Immunschwäche durch Amalgame: werden Pilz- und
Viruserkrankungen, Multiple Sklerose, Colitis ulcerosa, rheumatische Formen
u.a. verstärkt oder induziert?
Quecksilber ist teratogen: können diese Konzentrationen
Missbildungen auslösen?
Quecksilber ist mutagen: in welcher Häufigkeit in dieser
Konzentration?
Frage nach irreversiblen Schäden (Missbildungen, Neoplasmen,
M.S.)?
Resümee
Das 1840 in den USA ausgesprochene Verbot von Hg-Amalgamen für
Zahnfüllungen hatte seine klare Berechtigung und wurde leider 1855 auf Druck
der Industrie zurückgenommen, weil es damals den naturwissenschaftlichen
Nachweis der Depotbildung nich
Literatur
Daunderer,
M.: Klinische Toxikologie, Bd. 13 Umweltgifte. Amalgam. Ecomed,
München - Landsberg - Zürich, 1989.
Quelle: (Von Dr. M. Daunderer)
VitaMinSpur 4 (1989) 179 - 182, ©Hippokrates
Verlag Stuttgart