Amalgam im mediz. Staatsexamen
Fragen zu Amalgam im 2. Staatexamen von 1993 bis 2001
Staatsexamen August 1993, Frage 40
Ihr Patient, ein 28jähriger Laborant, hantiert mit einer Vielzahl chemischer Gefahrstoffe. Ihnen fällt eine ausgeprägte Stimmungslabilität mit Neigung um Aufbrausen auf. Seine Ehefrau bestätigt Ihre Beobachtung. Bei der Untersuchung finden sich eine Rötung des Rachenringes sowie lockere Zähne, außerdem ein feinschlägiges Zittern der Finger. Der Patient berichtet, in letzter Zeit öfter Durchfälle gehabt zu haben. Rauschzustände seien bei der Arbeit nicht aufgetreten,
Als Diagnose kommt am ehesten in Frage ein(e)
A psychosomatisches Überlastungssyndrom
B chronische Quecksilbervergiftung
C chronische Vergiftung mit organischen Lösemitteln
D beginnende Encephalomyelitis disseminata
E subakute Bleivergiftung
Antwort B ist richtig!
Kommentar (offiziell von mediscript):
Chronische Quecksilbervergiftung: Bei chronischen Vergiftungen stehen Ulzerationen der
Mundschleimhaut und die Folgen einer Nierenschädigung mit Diurese, Albuminurie und
Hämaturie im Vordergrund,
Bei chronischen Vergiftungen sind charakter. Erkrankungen beschrieben:
- Erethismus mercurialis: im wesentlichen psychische Auffälligkeiten
- Tremor mercurialis: Zittern der Finger und Arme, Sensibilitätsstörungen
- Psellismus mercurialis: Stottern und verwaschene Sprache
Die akute Vergiftung außen sich in einer Reizung der Luftwege (Tracheobronchitis,
Bronchopneumonie), gastroenteritischen Erscheinungen (z.B. blutige Diarrhöen) und
Nierenversagen.
Staatsexamen März 1998, Frage 55
Eine Zahnarzthelferin beklagt Kopfschmerz, Gliederschmerzen und Abgeschlagenheit An
Befunden liegen ein feinschlägiger Haltetremor und eine sensomotorische Polyneuropathie vor.
Welcher Laborparameter ist für die Differentialdiagnose von Bedeutung?
A Cholinesteraseaktivität in Erythrozyten
B Delta-Aminolävulinsäure im Harn
C Platinausscheidung im Urin
D Quecksilber im Blut
E beta 2 - Mikroglobulin im Harn
Antwort D ist richtig!
Kommentar ("offiziell" von mediscript):
Die langzeitige Aufnahme kleinster Quecksilber-Mengen birgt die Gefahr einer Allergisierung sowie des Auftretens einer chronischen Quecksilbervergiftung. Initial treten unspezifische Allgemeinsymptome (Mattigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen), später Salivation, Mundschleimhautentzündungen, Zahnlockerung/-ausfall, der gerötete Quecksilberrachen und evtl. Mundtrockenheit sowie ein blauvioletter Zahnfleischsaum auf.
Charakteristisch sind die ZNS-Symptome:
- Erethismus mercurialis (Stimmungslabilität, Menschenscheu)
- Tremor mercurialis (anfangs Fingerzittern, später Schüttelbewegungen der
Hände, Arme, Beine und des Kopfes)
- sensomotorische Polyneuropathie
- Psellismus mercurialis (Sprachstörungen, Merkfähigkeits- und
Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsschwund)
Arbeitsmedizinisch wichtige Gefahrenquellen:
- Herstellung/Wartung/Reparatur von Hg-haltigen Meß- und Regelgeräten
- Quecksilberdampflampen/Leuchtstoffröhren/in der Hochvakuumtechnik
- Verwendung von Holzschutzmitteln/Saatbeizen
In modernen Zahnarztpraxen ist das Hantieren mit offenem Quecksilber und damit das
Auftreten einer Quecksilbervergiftung äußerst selten geworden. Zur Herstellung von
Zahnplomben wird Non-Gamma-2-Amalgam verwendet, das aus Quecksilber, Silber, Kupfer,
Zinn und Zink besteht.
Als Ursachen einer Intoxikation kommen in Frage:
- mangelnde Lüftung der Praxis
- mangelnde Quecksilberhygiene (Verschütten beim Be-/Entladen des
Mischgerätes, beim Füllen/Transport der Amalgampistole, Hautkontakt mit
Amalgamresten/kontaminierten Gegenständen)
- ungenügende Wasserkühlung/mangelhaftes Absaugen beim Entfernen alter Amalgame
- Verwendung von Ultraschallkondensatoren (veraltet)
Staatsexamen August 1999, Frage 570
Welche Aussage zu Amalgamfüllungen trifft zu?
A Bei mehreren Amalgamfüllungen steigt unter Stimulation (Zähneputzen
Kaugummikauen) der Quecksilbergehalt der Atemluft über die MAK von 100 mg/m3 (steht nicht µg!!!)
B Aus Amalgamfüllungen können organische Quecksilberverbindungen in den
Speichel diffundieren.
C Metallischer Quecksilberabrieb von Amalgamfüllungen wird im Verdauungstrakt zu
weniger als 20% resorbiert.
D Amalgam sollte nur noch zu Gußfüllungen (Inlays) verwendet werden
E Zur Abschätzung der Quecksilberbelastung des Organismus durch Amalgamfüllungen
ist die Messung der Quecksilberkonzentration im Speichel am besten geeignet.
Antwort C ist richtig!
Kommentar (offiziell von mediscript):
Hier handelt es sich wieder um eine ernstzunehmende Frage für einen Zahnarzt. Also nicht
verzweifeln. Meiner Meinung nach kann man diese Frage nur mit raten beantworten. Bei
Amalgam handelt es sich um eine Quecksilberlegierung von Quecksilber und anderen Metallen
(Silber-Zinn-Kupfer).
(A) Die Quecksilberfreisetzung erreicht selbst bei mehreren großflächigen Füllungen deutlich
geringere Werte als die umweltbedingten Belastungen. So geht man heute davon aus, dass man
einer täglichen Quecksilberbelastung aus Nahrung und Atemluft von ca. 20 mg/m3 ausgesetzt
ist. Von der WHO wird ein vertretbarer Grenzwert von 45 mg/Tag gesehen.
(B) In der sogenannten merkoroskopischen Expension entstehen nach dem Legen der Füllung
Korrosionen, wobei Quecksilber frei werden kann. Das meiste wandert zwar nicht in den
Speichel ab, sondern diffundiert in die Füllung zurück. Ein Teil geht jedoch in den
Körperkreislauf und kann über die Niere ausgeschüttet werden.
(C) Kommt es zu einem metallischen Quecksilberabrieb von Amalgamfüllungen, kann ein Teil
im Verdauungstrakt resorbiert werden. Der größere Anteil wird jedoch ausgeschieden.
(D) Amalgam sollte gerade nicht für Gußfüllungen (Inlays) verwendet werden. Dafür sind
Materialien der Wahl: Gold oder Keramik.
(E)Zur Abschätzung der Quecksilberbelastung des Organismus eignet sich der Speichel
nicht. Erst das resorbierte Quecksilber kann dem Körper Schaden zurügen. Aus diesem Grund
sollte man eher Blutuntersuchungen durchführen.