1973
Alkylphosphatvergiftung Prophylaxe mit Carbamat entdeckt
NATO profitierte von unserer Zufallsentdeckung.
1973 wurde
nachts auf meiner TOX-Station eine schwerste, über 100 fache tödliche E-605-Vergiftung falsch behandelt:
Der
versuchte Selbstmörder bat, keine Magenspülung durchführen zu lassen, da er vor
kurzem am Magen operiert worden wäre (was nicht stimmte). Der Dienstarzt
glaubte ihm aber.
Am nächsten Morgen war ich sprachlos über die unterlassene
Hilfe.
Aber vieles
passte hier nicht zusammen. Der Notarzt brachte auch eine leere Flasche mit
einem Carbamat, einem anderen hochgiftigen Pestizid mit. Auf Nachfrage bestätigte der Patient, dass er auch
dies geschluckt hatte.
Völlig
überraschend war der Patient trotz der immens hohen aufgenommenen Giftdosis
noch ansprechbar. Die Serumcholinesterase, die anfangs natürlich bei Null lag
erholte sich jedoch überraschenderweise sehr schnell wieder – ganz im Gegensatz
zu anderen viel leichteren Vergiftungen, in denen die Erholung mindestens 6
Wochen brauchte. Außer Kohle bekam der Patient keinerlei Entgiftung. Schnell
spürte ich, dass ich hier einem neuen Therapiekonzept begegnet sei:
Das kurzwirkende Carbamat blockierte vorübergehend die
Serumcholinesterase, so dass das Alkylphosphat sie nicht ruinieren konnte.
Danach wurde die Serumcholinesterase wieder frei. Der Patient wurde rasch
wieder gesund und hatte danach keine Depression wie die anderen
Alkylphosphatvergifteten.
Ich wollte
eine Schnellmitteilung in das Fachblatt der Toxikologie schreiben. Zufällig
erzählte ich es dem Cheftoxikologen der Bundeswehr, Prof.Dr.Nikolaus
Weger, der sich stark dafür
interessierte und dringend bat, nichts zu veröffentlichen. Er meinte, dass dies
zur Zeit des Kalten Krieges mit Russland und deren Absichten mit dem Kampfstoff
Tabun/ Sarin nicht zweckmäßig sei, eine effiziente Schutzmassnahme zu
veröffentlichen. Später hörte ich als Ausbilder der Sanitätsakademie der
Bundeswehr, dass Weger diese Therapieform für die NATO vermarktet hatte und im
Tierversuch an Beagle-Hunden meine klinischen Beobachtungen voll bestätigt
hatte. Alle NATO-Armeen wurden daraufhin mit Carbamat-Tabletten
zum Schutz vor Alkylphospat-Angriffen geschützt.
Versuche mit Carbamat-Pflastern haben sich wegen
deren kurzen Haltbarkeit als erfolglos herausgestellt.
Heute
spielt diese Schutzmassnahme wieder eine große Rolle seit man weiß, dass
Attentäter mit Tabun oder Sarin Großangriffe auf städtische U-Bahnhöfe planen.
Rechtzeitig das „Antidot“ zu schlucken kann Menschenleben retten!
(Auszug aus meiner neuen
Biografie)