ADHS 60% dauerhafte Nebenwirkungen durch Medikamente

Zwar gebe es "in der Theorie hervorragende Instrumente zur Diagnostik und in der Therapie konsentierte Leitlinien", sagte Dr,Schlenker GEK bei der Vorstellung des neuen GEK-Reports zu ADHS bei Kindern und Jugendlichen. "Merkwürdig ist aber, dass dies in der Praxis nicht hinreichend beachtet und angewendet wird." Die Folge sei Unter-, Über- und Fehlversorgung, so Schlenker. Häufig würden dabei Arzneimittel zu früh oder isoliert angewendet.

Der aktuelle Report der Kasse, die überdurchschnittlich viele Kinder versichert, basiert auf einer Befragung von über 5100 GEK-versicherten Eltern, die für ihr Kind ein Rezept für ein ADHS-typisches Medikament eingelöst haben. 45 Prozent der Eltern beantworteten den Fragebogen. Schätzungen gehen bundesweit von 300 000 bis 700 000 Kindern und Jugendlichen mit ADHS aus.

Professor Gerd Glaeske von der Universität Bremen und einer der Autoren des Reports verwies auf Auffälligkeiten im geschlechterspezifischen sowie im regionalen und sozialen Auftreten der Erkrankung. So litten Jungen viermal häufiger an ADHS als Mädchen. Zudem betreffe ADHS häufiger Kinder aus Ein- oder Stiefelternfamilien. Außerdem komme ADHS öfter in Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status vor. Bei Kinder mit Migrationshintergrund gebe es indes seltener eine ADHS-Diagnose, so Glaeske unter Hinweis auf die Kinder- und Jugendgesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts.

Kritik übten die Autoren am deutschen Schulsystem. So unterstützten nur wenige Bundesländer ihre Lehrer im Umgang mit erkrankten Schülern, bemängelte Glaeskes Kollegin Professor Petra Kolip. Sie bezeichnete die Schulen daher auch als problematisches Umfeld für Kinder mit ADHS. Ausnahmen bildeten hier einige ostdeutsche Bundesländer, allen voran Thüringen. Dem Report zufolge gaben 90 Prozent der Eltern an, dass ihr Kind mit dem Schuleintritt massive Probleme aufgrund der Erkrankung bekam. Gleichzeitig stieg die Zahl der ADHS-Diagnosen.

Wie Schlenker bemängelte auch Kolip, dass Alternativen zur medikamentösen Behandlung, etwa die Verhaltenstherapie bei nicht massiv beeinträchtigten Kindern, zu wenig umgesetzt werden. Zudem gebe es Defizite bei der richtigen Dosierung der Medikamente.

Mehr als 60 Prozent der befragten Eltern klagten über zum Teil dauerhafte Nebenwirkungen durch die Medikation!