2009 Wundermittel als Talisman

Eine Weihnachtsgeschichte

Vor 60 Jahren war mein Vater aus langjähriger Kriegsgefangenschaft zurückgekommen. Endlich hatte ich auch einen Vater, zudem einen kuscheligen. Mutter war sehr aktiv und eher sachlich, meine Tante, die an Vaters Stelle war, redete nur von ihrem Vater.

In der Vorweihnacht lag ich mit dem vom Praxisaufbau erschöpften Vater kuschelig auf der Couch als er erzählte:

 Jeder erfolgreiche alte Arzt hat „sein“ Wundermittel“ von dem seine Patienten schwärmen. Neugierig fragte ich ihn jahrelang danach nach seinem Wundermittel.

Jeweils erfuhr ich von einem Wundermittel, das es aber heute nicht mehr gibt.

So erfuhr ich von der Kampferspritze, die Alte und Sterbende wieder munter machte, sodass sie noch Jahre schön leben konnten. Angeblich hatte ich sie von Mutter bei einem Atemstillstand bei Diphtherie auch erhalten und hätte mir das Leben gerettet.

Dann hörte ich später von der Koffein-Spritze, die beide Eltern im Schwabinger Krankenhaus allen Schwerkranken spritzen ließen zur Wunderheilung beim Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Ich wollte auch ein guter Arzt werden und blieb auf der Suche nach dem Wundermittel.

!969 war ich der jüngste Medizinalassistent im Schwabinger Krankenhaus mit

700 DM Monatsgehalt, verheiratet mit Kind. Jeder bemitleidete mich.

Mein Oberarzt Bräuninger sagte eines Tages, er hätte jetzt eine Arzneimittelstudie mit dem Medikament, das unser Chef, der Klinikdirektor auf seiner riesigen Privatstation seit Jahren allen spritzt und von dem alle begeistert wären. Jeder sagte daraufhin, er sei ein guter Arzt. Wenn ich es verwende und den 70seitigen Fragebogen der Studie danach ausfülle, bekomme ich zehn Prozent der Prüfungsgebühr von ihm.

Zuerst versuchte ich jeweils eine der beiden zu mischenden Ampullen und stellte fest, dass dies keinerlei Effekt hatte. Als ich jedoch beide zugleich spritzte, trat eine sehr deutliche Verbesserung ein: die Patienten waren fröhlicher. Aufgeweckter, hatten mehr Appetit und waren beweglicher. Immer mehr Patienten bekamen die „Wunderspritze“. Meine Bezahlung funktionierte auch. Die Folgeeffekte waren verblüffend: Die Pflege der Patienten war erleichtert, da alle mitarbeiteten, die Liegezeiten waren verkürzt. Anfangs bekamen es nur die Krebspatienten, später auch die Schlaganfallpatienten. Eigentlich sollte man wöchentlich eine Spritze geben, aber meist reichte eine einzige zur Genesung.

                        In der Praxis kamen später nur ganz wenige Patienten, die einem durch ihr tragisches Schicksal ans Herz gewachsen waren, in den Genuss der Sonderbehandlung. Die Nichtbezahlung durch Krankenkassen schob der allgemeinen Verfügbarkeit einen Riegel vor. Vergiftete durften es nicht erhalten, da die Methylierung bei Nichtentgifteten den Einbau ins Gehirn fördert.

Jüngst habe ich es wieder entdeckt für Entgiftete, die Kraft für den Wiedereinstieg ins Leben brauchten.

Der „Sektkorkeneffekt“ bei Vergifteten aus vier Ampullen DMPS/DMSA im richtigen Verhältnis tritt bei Apathischen nach der Entgiftung durch eine Aufbauspritze auch ein.  

Ich hoffe zu Weihnachten, meine Kinder führen die glücksbringende Medizingeschichte einst erfolgreich weiter

.(Zusatz zur Biografie)