c
l
Ärztliche Sofortmaßnahmen
« in Praxis und Bereitschaftsdienst
Herausgegeben von Erhard Müller
Mit Beiträgen von
Karl Adolf Bungeroth
Max Daunderer
Konrad F. Dietrich
Gerhart Erdmann
Eberhard Gögler mit Hans Otto Beck, Anthony Best,
Manfred Seidel und Gerhard Schaffert
Max Josef Halhuber
Uta Hammer
Wolfgang Hirsch
Friedrich Kensy
Hans-Werner Koeppe
Sandor Marghescu
Erhard Müller
Hanns-Jürgen Merte mit Klaus Heilmann
Heinz Pickert
Hans Schäfer
Wolfgang Spann mit Erich Walter Liebhardt
und Gerhard Hauck
Heinrich Stamm
26 Abbildungen
Zweite überarbeitete und erweiterte Auflage
Urban & Schwarzenberg • München-Wien-Baltimore 1982
Vergiftungen 267
such
nur bei vitaler Indikation (Purpura fulminans) in-
diziert- Marghescu
266. Venenentzündung
->252
267. Vergiftungen
267 a Allgemeines
267 b Anticholinergika
267 c Augensymptome bei Vergiftungen
267 d Blausäure
267 e Lösungsmittel
267 f Lost
267g Metalle
267 h Opiate
267 i Phosphorsäureester
267k Pilze
2671 Reizgase, Rauchgase
267 m Säuren-, Laugenverätzung
267 n Schlafmittel
267o Waschmittel
Verätzungen s. auch —*268c
Schlangenbiß-* 232 Alkoholvergiftung, akute -* 20
|
267 a Allgemeines
Synonym Intoxikationen.
Ätiopathoge- Versehentliche oder absichtliche Ingestion, Inhalation oder
nese äußerlicher Kontakt
mit ätzenden oder perkutan resorbierba-
ren Substanzen. Intoxikationsgrad abhängig vom Alter, Gewicht, Füllungszustand des Magens, Therapiebeginn, Kräfte-zustand bzw. Begleiterkrankungen des Intoxikierten.
Symptomatik S. hierzu einzelne Vergiftungen -»267 b bis 267o. Ursache jeder veränderten Bewußtseinslage kann eine Vergiftung sein -> 48 (Bewußtseinsstörungen).
Soforttherapie Auch bei Verdacht auf eine Vergiftung wird so lange behandelt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Zunächst Elementartherapie unter dem Gesichtspunkt „Woran stirbt der Patient ohne Therapie?" - etwa in folgender Reihenfolge:
267 Vergiftungen
A. Atemwege freihalten
1. Bei Bewußtlosen, die erbrochen haben, wird der
Mund
mit
einem taschentuchumwickelten Finger von
Erbrochenem
gereinigt. Zahnprothesen entfernen.
2. Jeder Bewußtlose muß in stabile
Seitenlage gebracht
werden,
wobei der Kopf tiefer als der Oberkörper lie
gen sollte; Einlegen eines Guedel-Tubus. —> 4c
3. Bei Aspirationsgefahr
oder Glottisödem sofort In-
tubieren. -^ 4c
4. Entfernung des
Vergifteten aus dem Giftmilieu, nur
unter Beachtung der
Selbstschutzmaßnahmen
(Schutzmaske, Brandschutzkleidung, • Anseilen bei
Gruben
und Silos).
B. Beatmen
1. Stets Frischluft!
2. Bei Zyanose sofort mit der künstlichen Beatmung
~»
4b
beginnen. Bei allen über die Ausatmungsluft ge
fährlichen Giften, wie Pflanzenschutzmitteln (E 605),
Blausäure oder Lösungsmitteln, Beatmung mit
dem
Beatmungsbeutel, evtl. mit
Sauerstoffzufuhr.
C. Zirkulation (Kreislauf) aufrechterhalten
1. Bei Herzstillstand (Bewußtlosigkeit,
fehlender Ka-
rotispuls, fehlende Herztöne, Schnappatmung, Blässe)
sofort Herzmassage und künstliche Beatmung —> 4b
(Reanimation) durchführen.
2. Bei jeder Vergiftung Schockprophylaxe
durchfüh
ren (Ruhe, Wärme, Kopftieflagerung, warme Geträn
ke) bzw. bei Schocksymptomatik (Puls über 100, BJut-
druck
unter 100 mm Hg, Dyspnoe, aschgraue, kalte
Extremitäten)
sofort ein Plasmaersatzpräparat (z. B.
Haemaccel oder Plasmagel) infundieren. Bei Vejgif-
tungen ist ein Gelatinepräparat den Dextranen
vorzu
ziehen.
482
Vergiftungen 267
D. Drogenauskunft
|
1. Den Vergifteten bzw.
seine Umgebung befragen
„wann,
was, wie, wieviel, wer, wo, warum" er mit Gift
in
Berührung kam. Diese Umstände notieren und in die
Klinik
mitgeben.
2. Bei unbekannten Giften
oder Spezialitäten sofort
den Rat
der nächsten Giftinformationszentrale einho
len, die Tag und Nacht besetzt ist.
Zentren mit durchgehendem 24-Stunden-Dienst
Medizinische Kliniken
Berlin: Reanimationszentrum der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität im Klinikum Westend, l Berlin 19, Spandauer Damm 130. Tel.: (030) Durchwahl 3035466/215, Klinikzentrale 30351.
Berlin: Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen Universitätskinderklinik KAVH, l Berlin 1£, Heuk-nerweg 6.
Tel.: (030) 302 30 22.
Bonn: Universitäts- Kinderklinik, Informationszentrale gegen Vergiftungen, 53 Bonn, Adenauerallee 119.
Tel.: (02221) Durchwahl 213505, Klinikzentrale 217051.
Braunschweig: Medizinische Klinik des Städtischen
Krankenhauses, 3300 Braunschweig, Salzdahlumer
Str. 90.
Tel.: (0531) Durchwahl 62290, Klinikzentrale
691071. Freiburg: Universitäts-Kinderkhnik, 78 Freiburg,
Mathildenstraße 1.
Tel.: (0761)Durchwahl 2704361,Pforte2704301,
Klinikzentrale 2701.
Göttingen: Universitäts-Kinderklinik und Poliklinik, 34 Göttingen, Humboldtallee 38. Tel.: (0551) Durchwahl 396239/396241.
483
267 Vergiftungen
Hamburg: II. Medizinische Abteilung des Krankenhauses Barmbek, Giftinformationszentrale, 2 Hamburg 33, Rübenkamp 140.
Tel.: (040) Durchwahl 6385345/346, Zentrale 6395-1.
Homburg/Saar: Universitäts-Kinderklinik, Informationszentrale für Vergiftungen, 665 Homburg/Saar. Tel.: (06841) 162257 oder 162846.
Kiel: I. Medizinische Universitätsklinik Kiel, Zentralstelle zur Beratung bei Vergiftungsfällen, 23 Kiel, Schittenhelmstraße 12.
Tel.: (0431) Durchwahl 5973268, Klinikzentrale 5971.
Koblenz: Städtische Krankenanstalten Kemperhof, Medizinische Klinik, 54 Koblenz, Koblenzer Str. 115-155.
Tel.: (0261) 46021, App. 324 oder diensthabender Internist.
Ludwigshafen: Medizinische Klinik, Entgiftungszentrale, 67 Ludwigshafen/Rh., Bergmannstraße 1. Tel: (0621) Durchwahl 503431, Klinikzentrale 5031.
Mainz: Medizinische Universitätsklinik, 65 Mainz, Langenbeckstraße 1.
Tel.: Durchwahl (06131) 192741 und 192418. Zentrale 191.
München: II. Medizinische Klinik und Poliklinik rechts der Isar der Technischen Hochschule München, Toxikologische Abteilung, 8 München 80, Ismaninger Str. 22. Tel.: (089) Durchwahl 41402211, Zentrale 41401.
Nürnberg: II. Medizinische Klinik der Stadt. Krankenanstalten, Toxikologische Abteilung, 85 Nürnberg 5, Flurstraße 17, Bau 39, EG. Tel.: (0911) Durchwahl 3982451, Zentrale 3881.
Nürnberg: Städtische Kinderklinik, Am Kirchenweg. Tel.: (0911)3982277.
484
Vergiftungen 267
Für die Schweiz: Toxzentrum, Klosbachstr. 107, CH-8028 Zürich. Tel: (01) 2515151
Zentren mit noch nicht durchgehendem 24-Stunden-
Dienst
Bremen: Zentralkrankenhaus Allgemeine Anästhesie-Abteilung Tel.: (0421) 4973405 (Informationszentrum).
Göttingen: Universitäts-Kinderklinik und Poliklinik, 34 Göttingen, Humboldtallee 38. Tel: (0551) Klinikzentrale 3962-03/04 (Vermittlung an den diensthabenen Arzt), Zentrale 3962-10/11.
Münster: Medizinische Klinik und Poliklinik 44 Münster, Westring 3
Tel.: (0251) Durchwahl 83667 oder 836201 nachts Klinikzentrale 831 (Vermittlung an den diensthabenden Arzt)
Papenburg: Marienhospital, Kinderabteilung, 449 Pa-penburg.
Tel.: (04961) Klinikzentrale 2044 (Vermittlung an den diensthabenden Arzt).
3.
Transport eines Vergifteten in der Regel nach Ele
mentarhilfe unter ärztlicher Begleitung (Notarztwa
gen,
Rettungshubschrauber), nur in Ausnahmefällen
ausschließlich
mit Rettungssanitätern.
4. alle Giftreste, z.B.
die Verpackung, Erbrochenes,
Stuhl,
Urin und anderes aufheben und mit Beschriftung
beim Transport des Vergifteten in die Klinik mitgeben.
E. Entfernen des Giftes
|
1. nach Trinken einer unbekannten Lösung, Essen von unbekannten Pflanzenteilen oder Schlucken von Tabletten läßt man mit Ausnahme der unten (2.) angegebenen Fälle zunächst viel Flüssigkeit (jede Flüssigkeit außer Alkohol und Milch) trinken und führt dann durch Reizen der Rachenhinterwand ein Erbrechen herbei. Das Erbrechen muß in Kopftieflage (über Knie oder Bett gelegt) durchgeführt werden.
485
267 Vergiftungen
2. Kein Erbrechen bei Vergiftungen mit
Waschmitteln,
Seifen,
Laugen, Säuren oder bei Bewußtlosen.
3. Nach dem Erbrechen
oder auch in Fällen, bei denen
wegen
der geringen Giftmenge kein Erbrechen nötig
war, als
Adsorbens 20-50 Kohlekompretten
und als
Laxans 2 Eßlöffel Natriumsulfat in
einem Glas Wasser
aufgelöst
trinken lassen.
^.Magenspülung erst in der Klinik! Ausnahme: Vergiftungen mit Allylphosphaten, Blausäure (Cyanide), Flußsäuresalze und große Mengen Nicotin und Psychopharmaka vor der Resorption. 5. Entfernung von Giften aus dem Auge durch Spülen mit Leitungswasser (keine Neutralisationsversuche!); Partikelchen (Kalk) mit Gaze oder Taschentuchzipfel nasenwärts ausstreichen. Vgl. —> 267 c
F. Fürsorge für den Patienten
1. Beruhigend auf Patienten und
seine Umgebung ein
wirken.
Den Vergifteten warmhalten, weiterhin auf
richtige Lagerung,
Atmung und Kreislauf achten.
Krankenwagen
herbeiholen und Angehörige verstän
digen.
2. Vergiftete, bei denen
Verdacht auf Selbstmordab
sichten besteht, ununterbrochen durch eine befähigte
Aufsichtsperson
beobachten lassen. Allen weiteren
Möglichkeiten
eines Selbstmordes vorbeugen.
3. Verhindern, daß noch weitere Menschen mit dem
Gift in
Berührung kommen, Warnschilder aufstellen,
Neugierige
fernhalten und das Gift so schnell wie mög
lich unschädlich machen.
G. Gegengift
1. Folgende Antidote
müssen sofort gespritzt werden,
wenn der Transport als Notfall mehr Zeit beansprucht
als die
Beschaffung dieses Medikamentes.
2. Milch und rohe
Eierlösung nur bei Laugen, Säuren,
Schwermetallen und
Phenolvergiftungen anstelle von
Säften und Wasser trinken lassen.
3. Haut mit Lutrollösung oder Leitungswasser abwa
schen.
486
Vergiftungen 267
Antidote (Forts.)
Noxe
Gegengift
Dosierung
Blausäure
Phosphorsäureester (E 605)
E 605 (Forts.)
Fluor Schlangen
Opiate
Arsen, Lewisit Quecksilber
Anticholin-ergika (Alkohol, Psychophar-make, Atropin)
DMAP®
dann Natrium-thiosulfat
Atropin
dann Toxogonin®
Calcium
Schlangengiftserum „Behringwerke"
Lorfan® Narcanti®
(Narcan)
Sulfactin®
Physostigmin-salicylat
3,5 mg/kg KG (Erw. 250 mg) i. v. 50-100-500 mg i. v. (Erw. 50-100 ml 10 %ig)
initial 5-50 mg i. v.
alle 10-20 Min. nachspritzen
entsprechend der Symptomatik
1
Amp. i. v. (4-^8 mg/kg KG),
Wiederholung
nach 2 Std.
2
Amp. 20 %ig i. v.
20 ml i.
v. bzw. i. m.
2 mg i. v., Wiederholung nach ca. 20 min. 0,4-0,8 mg i. v., i.m-
200 mg i. m. (2,6 mg/kg KG), stündlich wiederholen
Erwachsene 2 mg, Kinder 0,5 mg i. m. Wiederholung bei Wiederauftreten der Symptome nach 1,2 oder 4 Stunden
|
4. Auxilosonspray zur Prophylaxe eines toxischen Lungenödems bei aller Gasen (Reizgase, Metalldämpfe) einatmen lassen (5 Hübe alle 10 Min.).
Weitere Nach Absprache mit dem ärztlichen Giftnotruf eilige
Maßnahmen Klinikeinweisung als Notfall unter vollständiger Mitteilung der Angaben von D l und 3 (Abschnitt Drogenauskunft) sowie der bereits ergriffenen therapeutischen Maßnahmen. Möglichst telefon. Voranmeldung, Arzt als Begleiter.
Daunderer
Rechts- Fast jede Vergiftung kann, mit einer strafbaren Hand-
medizinische lung (fahrlässig —
vorsätzlich) verbunden sein. Die An
Aspekte forderungen an die Sicherheit
des Beweises sind in foro
487
267 Vergiftungen
höher als bei akuten Notfällen. Giftreste (s. S. 468) sollten deshalb ebenso wie Proben der zweiten und dritten Giftwege (Blut, Urin) in ausreichender Menge einer toxikologischen Untersuchung zugeführt werden. Eventuell bei Giftnotruf Labors über besondere Maßnahmen der Asservierung nachfragen.
Spann/Hauck
267 b Anticholinergika
Synonyma Trizyklische Antidepressiva, Phenothiazine, Benzodiazepine,
Butyrophenone, Antihistaminika, Magentherapeutika, Spasmolytika, Atropin, atropinhaltige Pflanzen (Tollkirsche), Alkohol H 20).
Definition Versehentliche oder suizidale Überdosierung von Arzneimit-
teln oder Pflanzenteilen — oder Alkohol — auch in Kombination mit diesen und Schlafmitteln.
Symptomatik l. Zentrale anticholinergische Wirkung wie Atemdepression, Koma, Delirium, Stupor, Desorientiertheit, Gedächtnisstörungen, Krämpfe, Positiver Babinski, Choreoathetose, Halluzinationen (optisch, akustisch), Angst, Bewegungsdrang, Agitiertheit, unkoordinierte Bewegungen, EPMS-Symptomatik. 2. Periphere anticholinergische Symptome: Mydriasis, Sinustachykardie oder andere Herzrhythmusstörungen, Harnverhaltung, Fehlen von Darmgeräuschen, Hyperthermie, später Hypothermie, Mundtrockenheit, rote trockene Haut, Flush, Schock.
Differential- Von
Schlafmittel- oder Alkoholintoxikationen oft
diagnose nicht klinisch, sondern nur durch
positiven Physostig-
mintest zu unterscheiden (siehe Soforttherapie 1).
Soforttherapie l. Physostigmin i. m. oder i. v. (Erwachsene 2 mg, Kinder 0,5 mg), Wiederholung stündlich, zwei- oder vierstündlich je nach Bedarf bei Wiederauftreten gefährlicher Symptome. Im Notfall Neostigmin nur gegen kar-diale Symptome.
2. Erbrechen, falls noch
keine Resorptivwirkung wie
Lähmung
des Brechzentrums. Kohle Natriumsulfatga
be.
3. Frühzeitige
Magenspülung, Kohle- und Glauber
salzgabe.
488
Vergiftungen 267
Weitere Maßnahmen
Komplikationen
Stets Klinikeinweisung und 72 Stunden Monitorkontrolle (falls nicht rechtzeitig Antidot Physostigmin oder Neostigmin gegeben wurde).
1. Nach mehr oder minder
langer Latenzzeit plötzlich und un
vorhersehbar
Auftreten schwerer kardialer Symptome wie
ventrikuläre Bradykardie, Kammerflimmern
oder Asystolie,
die auf
übliche antiarrhythmische Therapie nicht ansprechen.
Ursache
sind Herzmuskelnekrosen, Spättodesfälle noch bis zu
12
Tagen nach Intoxikation.
2. Tödliche
Lungenembolien. Daunderer
|
267 c Augensymptome bei Vergiftungen
Definition Akute Vergiftungssymptome manifestieren sich an den Augen vor allem als Pupillenveränderungen, Akkom-modationslähmung und Sehstörungen.
Symptome 1. Miosis: Phosphorsäureester (E 605), Morphingruppe, Opium, Sympatholytika, Parasympathomime-tika, Barbiturate, Chloralhydrat, Pikrotoxin, Koffein, Nikotin.
2. Mydriasis: Belladonna-Derivate (Atropin),
Para-
sympatholytika,
Antihistaminika, Botulismus,
Kampfer,
Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Blausäure,
Barium, Secale, Thallium, Akonitin.
3. Schleiersehen: Belladonnagruppe (Atropin),
Me
thylalkohol,
Äthylalkohol, Botulismus, Tetrachlor
kohlenstoff, Cholinesterasehemmer,
Chloralhydrat,
Kämpfgase
(Lost), Kampfer.
4. Doppeltsehen:
Äthylalkohol, Kohlenmonoxid.
5. Erblindung:
Methylalkohol, Ritalin.
6. Gelbsehen: Digitalis, Haschisch, Kohlenmonoxid.
7. Lichtempfindlichkeit, Tränenfluß, Schmerzen:
Kampfstoffe (Lost), Tränengas (Bromazeton u.
a.).
Soforttherapie Richtet sich nach der Ursache, keine besonderen oph-thalmologischen Maßnahmen erforderlich (mit Ausnahme von Lost -» 267 f und Verätzungen ->268c). Einweisung in toxikologische Abteilung, bei bloßer Augenläsion in Augenabteilung.
Merte/Heilmann
489
267 Vergiftungen
267 d Blausäure
Synonyma Cyanwasserstoffsäure, Cyankali, Chlorcyan, Ungezieferver-tilgungsmittel.
Ätiopathoge- Wird frei bei Filmbränden (Cellulose) auch bei
Wohnungs-
nese branden, bei denen
Kunststoffe unter Sauerstoffmangel ver-
schwelen, und beim Verbrennen von Trockenspiritus (Esbit), in Kokerei und Gichtgas, Metallhärtungs- und Lösungsmittel (KCN), Entroster, Photoentwickler, Silberputzmittel, in bitteren Mandeln, Pfirsich-, Kirsch-, Pflaumen- und Apfelkernen.
Blockiert Ch-Aufnahme in die Zelle (Hemmung der Cyto-chromoxydase). Durch Gabe eines raschen Ferrihämoglobin-bildners (DMAP), der sich mit dem Cyanidkomplex bindet, wird das dreiwertige Eisen der Cytochromoxydase wieder frei. Das anschließend gegebene Natriumthiosulfat beschleunigt die durch das Enzym Rhodanase katalysierte Umwandlung von HCN zu HSCN, das ausgeschieden werden kann.
Symptomatik Typischer
Bittermandelgeruch in der Ausatmungs
luft, Kratzen im Hals, Hyperpnoe,
Angstgefühl, Spei
chelfluß, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen, Ko
liken, Atemnot; ,
oder: sofortige Bewußtlosigkeit mit oder ohne tonisch- klonische Krämpfe. Anfangs rosa Hautfarbe, später Zyanose.
Soforttherapie 1. Sofort l Amp. DMAP® (250 mg) bzw. 3,5 mg/kg i. v. bzw. evtl. i. m. (auch bei Verdacht)
2. 100 ml
10 %ige Natriumthiosulfatlösung i. v.
(100-500
mg/kg).
3. Infusion eines Plasmaersatzpräparats (Haemaccel).
4.
Ausgleich der Azidose (Natriumbikarbonat i. v.).
Weitere Maßnahmen
1. Künstliche Beatmung
vor Gabe vor DMAP sinnlos!
2. Mit Toluidinblau (2 mg/kg, z. B. 3,5 ml der 4 %igen
Lösung
bei Erwachsenen) i. v. kann man jederzeit die
Wirkung
von DMAP® aufheben, falls es sich nicht um
eine
Blausäurevergiftung gehandelt hat.
Klinikeinweisung.
Daunderer
490
Vergiftungen 267
Synonyma Definition Ätiopatho-genese Symptomatik |
267 e Lösungsmittel
Trichloräthylen, Tetrachloräthylen, Dichloräthan, Halogenkohlenwasserstoffe.
Inhalatorische oder perorale Aufnahme. Lösungsmittel für fetthaltige Substanzen, Schnüffelsucht. Hepa- und Nephrotoxizität, Abbau nur über die Leber.
Zunächst meist sehr diskret, Übelkeit, Brechreiz, Er-regungszustände, Krämpfe, Herzrhythmusstörungen, Zyanose, Koma, Schock.
Differential- Pilzvergiftung (Knollenblätterpilz): Negativer Gift
diagnose nachweis in Ausatemluft und
Urin, positiver Pilzsporennachweis in Erbrochenem und Stuhl.
Soforttherapie 1. Durch Gabe von Eisstückchen am Erbrechen hindern.
2. Paraffinölgabe (3
ml/kg), Kohle (30 Kompretten).
3. Haut (mit Lutrol E 400) und Augen spülen.
4. Frischluft, beatmen,
Ruhe, Wärme.
' 5. Giftreste aufheben, Gift erfragen.
6. Valium bei Krämpfen, Psyquil bei Erbrechen (in
Kochsalzinfusion).
7. Einweisung,
möglichst auf toxikologische Station.
Weitere Maß- 1. Magenspülung möglichst erst nach Intubation.
nahmen
2. Plasma(expander).
3. Giftnachweis mit Dräger-Gasspürgerät in Ausatemluft,
Urin asservieren.
4. Forcierte Abatmung
mit CO2, eventuell Hämodialyse.
Komplikationen
Anurie, Leberversagen.
Daunderer
|
267 f Lost Synonyma
Symptomatik
S-Lost, Senfgas, Yperit, Mustardgas, Zytostatikum.
2—6 (—8) Std. nach Hauteinwirkung Juckreiz, Rötung, Schwellung, dann nach ca. 24 Std. Blasenbildung, inhalatorisch schwere Reizerscheinungen an den Atemwegen, toxisches Lungenödem, am Auge eitrige Entzündung.
491
267 Vergiftungen
Soforttherapie l. Sofort (bis 20 min. nach Vergiftung) Natriumthio-sulfat-Infusion (100-500 mg/kg).
2. Nach inhalatorischer Vergiftung Auxiloson®-Spray
(5 Hübe
alle 10 min.), weiter s. Reizgase. -»267 m.
3. Kleider ausziehen
und vernichten.
4. Hautspritzer
abtupfen, Haut mit Chloramin-T oder
10 %iger Sodalösung abwaschen. Zäh-Lost mit Messer
abkratzen.
Daunderer
267 g Metalle
Ätiopathoge-nese
Symptomatik
Weitere Maßnahmen
Meist Laugen^ oder Säurenwirkung, als Spätfolgen meist Schäden des Nervensystems, der Leber und der Nieren.
örtliche Gewebsschäden, Brechdurchfall, Darm-krämpfe, evtl. Krämpfe, Atemnot, Atemstillstand, Herzrhythmusstörungen, Allergie, Glottisödem, Hirn-Ödem, Schock. Nach inhalatorischer Vergiftung Metalldampffieber mit Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen, Muskel- und Gelenkschmerzen (Rückbildung in 12-24 Std. ohne Schaden).
i
1. Bei Arsen und Quecksilber sofortige Antidottherapie mit ebenso auch bei Gold, Antimon, Kupfer, Nickel und Wismut.
2. Sofort trinken und erbre
chen lassen, anschließend Kohlegabe.
3. Beatmen, Plasmaexpandergabe.
4. Lungenödemprophylaxe.
-» 182
5.
Valium 5-15 mg langsam i. v. bei Krämpfen.
6. Haut und Augen mit
Wasser bzw. Lutrol spülen.
Daunderer
267h Opiate Synonyma
Morphin, Codein, Opium, Heroin, synthetische Opiate (Dolantin®, Dilaudid®, Cliradon®, Eukodal®, Polamidon® u. a.) Apomorphin, Lorfan.
492
Vergiftungen 267
Symptomatik Miosis, Bradykardie, unregelmäßige Atmung (Cheyne-Stokes), epileptische Krämpfe, Harnverhalten, Darmlähmung, Übelkeit, Erbrechen, Hypothermie, Zyanose, toxisches Lungenödem, Hautblässe, Atemlähmung, Schock.
Soforttherapie 1. Sofort künstliche Beatmung; falls vorhanden, kann stattdessen auch Narcanti:® (0,4 mg i. v.) gespritzt werden, Wiederholung in 10-20 min. Abständen.
2. Voll
Ansprechbare nach Schlucken
des Giftes
(Opium) Wasser und Kaliumpermanganatlösung (bur-
gunderrot, frisch zubereitet) trinken und erbrechen las
sen. Anschließend Kohle- und
Natriumsulfatgabe.
3. Evtl. Herzmassage.
—> 4b
4. Schocklagerung.
5. Bei Krämpfen Valium®
5-15 mg langsam i. v.
6. Therapie eines
Hirnödems (Heroin!) mit Kopf
schmerzen, Somnolenz, motorische und psychische
Unruhe, Desorientiertheit,
Pyramidenzeichen, Menin
gitis: 2 Amp. Lasix® i. v., 40 mg Dexamethason
i. v.
(oder Urbason
5-10 ml langsam i. v.)
Weitere Daran denken, daß der mit Lorfan® erfolgreich thera-
Maßnahmen pierte Atemstillstand nach ca. 20 Min. (Abbau von
Lorfan) wieder auftritt! Überwachung während des
Daunderer |
Transports ins Krankenhaus!
|
267 i Phosphorsäureester Synonyma
Alkylphosphate, E 605, Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel, Kampfstoffe, Lösungsmittel, Weichmacher.
Ätiopathoge-nese Symptomatik |
Tödliche Giftwirkung auch über Lunge, Auge und Haut! Cho-linesterasehemmer-Acetylcholinvergiftung.
Extreme Miosis, Sehstörungen, Hypersalivation, abdominale Krämpfe, Durchfälle, Bradykardie, Erre-gungszustände, fibrilläre Zuckungen, tonisch-klonische Krämpfe, Dyspnoe, Zyanose, Bewußtlosigkeit, finale Mydriasis!
493
267 Vergiftungen
Soforttherapie 1. Sofort beatmen (Vorsicht vor Selbstintoxikation!).
2.
Benetzte Kleidung enfernen,
Haut gründlich reinigen (Lutrol).
3.
Hohe Dosen Atropin i.v. (5-50-500 mg) initial.
4.
l Amp. Toxogonin
i. v.
5.
Sofort Erbrechen (-» 267 a, Ziffer E), Kohleinstilla-
tion, anschließend möglichst bald Magenspülung!
6.
Weiterhin hohe Dosen Atropin
(z. B. 5 mg i. v. alle
10 min)
entsprechend der Symptomatik: Verenge
rungstendenz der weiten Pupillen, Krämpfe, Brady-
kardie.
7. Klinikeinweisung
möglichst erst nach Antidotthera-
pie und Giftelimination!
Rechtsmedizinische
Aspekte —»267 a
Daunderer
267k Pilze
Ätiopathogenese Symptome
A. Knollenblätterpilze (Grüner,
Weißer und Frühlings-Knol
lenblätterpilz), Lorchel,
orangefuchsiger Hautkopf.
B. Bitterpilz, Bleicher Ziegenbart, Dickfuß, Falscher Halli
masch, Flockenstieliger
Hexenröhrling (roh), Gelbfleckende
Champignons, Grüner Becherling, Kahler Krempling,
Kar-
bol-Egerling, Kartoffelbovist, Scharfe Milchlinge, Tiger-Rit
terling, Wiesenröhrling, Fliegenpilz, Pantherpilz, Faltentint-
ling, Schopftintling,
Hexenpilz, Dünnfleischiger Champignon,
Mairitterling, Rißpilze,
Satansröhrling, Täublinge, Trichter-
linge, Gallentäubling, Gelblicher Knollenblätterpilz,
Grün
blättriger Schwefelkopf, Riesenrotling, Satansröhrling, Bir
kenreizker.
Die gefährlichsten Pilzgifte sind die des Knollenblätterpilzes und der Lorchel, die beide eine Latenzzeit von über fünf Stunden haben. Alle eßbaren Pilze (Steinpilze!) können durch falschen Transport (Plastiktüte), langes Lagern (über 24 Stunden) und durch Aufwärmen giftig werden.
Übelkeit, heftiges Erbrechen, Durchfall, Sehstörungen, Herzrhythmusstörungen, Dyspnoe, Schock.
Soforttherapie 1. Bei geringstem Verdacht alle möglichen Pilzesser sofort erbrechen lassen (vorher viel Wasser oder
494
|
Vergiftungen 267
irgendeine andere Flüssigkeit außer Milch trinken lassen), anschließend Kohlegabe (50 Kompretten) und Natriumsulfatlösung (2 EßL, in Wasser gelöst) eingeben.
2. Zweimal stündlich l
EßL Laevilac® oder Bifiteral®,
um
Durchfall zu erzeugen.
3. Plasmaexpandergabe (Haemaccel).
4. Evtl. sedieren mit Valium® (Valium 10 mg i. m.)
5. Klinikeinweisung ist
in jedem Fall zur stationären
Beobachtung
zu empfehlen. In begründeten Fällen
(Verdacht
auf eine Knollenblätterpilzvergiftung, La
tenzzeit über 5 Stunden) Einweisung auf eine toxikolo
gische Station notwendig.
Weitere Maßnahmen
1. Möglichst exakte Anamnese:
Artbestimmung der genossenen Pilze, Befragung des Sammlers oder Händlers,
Zeitpunkt
des Pflückens,
Transport, Lagerung, Zubereitung, Verfärbung, Geruch, Einnahmezeitpunkt,
Darreichungsform, Zuspeisen, Namen aller möglichen Pilzesser erfassen,
i 2.
Trotz Erbrechen zusätzlich möglichst bald Magenspülung
in der Klinik, Darmeinläufe, laufende Natriumsulfatgabe über Duodenalsonde, Frischplasma, Substitution von Gerinnungsfaktoren, forcierte Diurese, Cortison, Elektrolytsubstitution.
3.
Nach Vergiftung mit Falten- und Schopftintling,
Hexenpilz
Alkoholverbot
für 8 Tage.
4.
Nach
Fliegenpilz und Pantherpilz evtl. Antidot Physostigmin.
Daunderer
2671 Reizgase, Rauchgase
Ätiopathoge- Brandgase,
Kohlenmonoxid,
Kohlendioxid, Ammoniak,
nese Benzin, Benzol,
Chlor, Fluor, Brom, Narkotika, Nitrose Gase,
Phosgen, Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, Trichloräthylen. Bei Verbrennen von Kunststoffen s. auch Blausäure —>245c.
Symptomatik Schleimhautreizung, Husten, Heiserkeit, Atemnot, Zyanose, Glottisödem, toxisches Lungenödem.
Soforttherapie l. Vergifteten sofort an die frische Luft bringen, entkleiden (Selbstschutz! In Gruben anseilen; geschlossene Räume nur mit Sauerstoffatemgerät betreten; kein offenes Licht!).
Vergifteten in stabile Seitenlage
bringen, zudecken;
absolute
Ruhigstellung. Keine Flüssigkeitszufuhr.
2. Bei Bedarf künstlich beatmen,
möglichst zusätzlich
mit
Sauerstoff. Bei Alkylphosphaten (E 605), Chlor,
Phosgen
und Säuren. Vorsicht bei Mund-zu-Mund-
Beatmung
(Selbstschutz).
3. Jedem Patienten mit Verdacht auf eine Reizgasver
giftung auch bei Fehlen jeglicher Symptome sofort Au-
xiloson®-Spray (alle 10 min 5 Hübe) einatmen
lassen
und dann für einen sofortigen, liegenden,
äußerst scho
nenden Transport ins nächste Krankenhaus sorgen.
4. Therapie eines
toxischen Lungenödems: 2 Amp. La-
six i.v. Digitalisieren (Lanicor,
2 Amp) Sedieren mit
Dolantin®-S o. ä., Hustenbekämpfung mit Paracodin®,
Cortison i.v. (initial 250 mg, stündlich
100 mg nach
spritzen), Überdruckbeatmung mit O2, absaugen,
Oberkörper
hochlagern.
/
Weitere In der Klinik Azidosetherapie, Elektrolytausgleich (Kalium),
Maßnahmen Antibiotikum, Röntgen Thorax, Spätfolgen bei Kohlenmono-xidvergiftung.
Daunderer
267m Säuren-, Laugenverätzung
Synonyma Entkalker (Ameisen-, Essigsäure), Backofenreiniger (Na-
tronlauge), Toilettenreiniger, Rußentferner, Bleichmittel (Laugen), Bodenreiniger (Laugen).
Definition Ingestion von mehr oder minder hochprozentigen sauren oder
alkal. Lösungen von Haushalts-, Hobby-, Industrie-, Handwerkschemikalien.
Ätiopatho- In ca. 20 Sekunden wird ein
Schleimhautdefekt im Oesopha-
genese gus und eventuell bei
großen Mengen auch im Magen gesetzt.
Symptomatik örtlich (Haut, Mund, retrosternal, Magengrube) Schmerzen, Erbrechen blutig, typischer Schorf: Blutig-glasige Verquellung — Laugen, Flußsäure - zunächst minimaler oder kein pathologischer Lokalbefund, Salpetersäure — gelber Ätzschorf, Salzsäure -weißer Ätzschorf, Azidose (Säuren), blutiger Urin (Hämolyse), Nierenversagen, Lungenödem, Schock.
496
|
Vergiftungen 267
Differential- 1. Lösungsmittelintoxikation: Typischer Geruch.
diagnose 2. Herbizidintoxikation (Paraquat): Jeden Verdachts-
fall schnellstmöglich auf toxikologische SpezialStation (Giftnotruf befragen).
Soforttherapien 1. Haut, Augen und Mund mit viel Wasser spülen (duschen).
2. Herzmassage bei
reflektorischem Herzstillstand,
Schockprophylaxe mit Plasmaexpandern, Azidose-
therapie mit Bikarbonat.
3. Bei verschluckten
Giften kann Wasser, Milch (nicht
bei
zusätzlichen Tensiden oder Lösungsmitteln) oder
irgendeine
Flüssigkeit getrunken werden und damit das
Gift für
das Spontanerbrechen verdünnen.
Bei größeren verschluckten Giftmengen Schocktherapie, Beatmung und sofortige (prophylaktische) Gastrektomie, keine vorherige Oesophago-Gastroskopie. Verlegung in eine damit vertraute chirurgische Abteilung (eventuell mit Hubschrauber). Opiatgabe bei Schmerzen.
4. Cortisonfrühprophylaxe
einer Oesophagusstruktur.
5. Pufferung der
Magensäure mit Antazida (Stündlich).
6. Prophylaxe eines
Lungenödems mit Dexamethason-
spray (Auxiloson 5 Hübe alle 10 Minuten).
7. Bei Krämpfen (Alkalose - Laugen) Valium i. v.
Weitere Maß- 1. Calcium gluconicum lokal und parenteral bei Flußsäure.
2. Infusionstherapie
nach Neunerregel bei großflächigen Verätzungen wie bei Verbrennungen (1/3Plasma,
1/3Elektrolyte,
1/3 Bikarbonat).
3. Wiederholtes
Auftragen von Cortisonschaum zur Verhinderung
von Narbenzügen auf der
Haut
(Gesicht, Hände).
267 n Schlafmittel
Synonyma Barbiturate, Barbiturfreie (Bromide, Paraldehyd, Ureide, Gluthetimid, Methaqualon), Narkotika, Antihistaminika, Antidepressiva. S. auch Anticholinergika —» 267
497
267 Vergiftungen
Symptome Übelkeit, Erbrechen, Ataxie, Erregungszustand, Somnolenz, reagiert nicht auf Schmerzreize, Reflexe nicht auslösbar, Krämpfe, anfangs enge und reaktionsträge Pupillen, oberflächliche Atmung, Verlegung der Atemwege durch Zurückfallen des Zungengrundes und Aspiration, Atemlähmung, Schock, Hypothermie, später Hyperthermie (Pneumonie), Lungenödem, Haut aschgrau bis bräunlich, Ödeme, Blutungen, Dekubitus, Tod nach 2-4 Tagen an Atemlähmung oder früher durch Ersticken.
Soforttherapie 1. Voll Ansprechbare sofort Medizinalkohle.
2. Mund von Erbrochenem reinigen, Prothesen
entfernen.
3. Seitliche Schocklagerung.
4. Künstliche Beatmung,
möglichst mit O2. Intubation,
geblockte Manschette.
5. Sofort Infusion eines Plasmaersatzpräparats.
6.
Atropininjektion (2 Amp. ä 0,5 mg i. m.).
7. Nur bei alleiniger
Vergiftung mit trizyklischen Anti-
depressiva (z. B. Tofranil,
Sinquan u. a.) als Antidot
Physostigmin (Physostigminsalicylat-Köhler) 0,5-2
mg i.v.
Weitere 1. Keine Umlagerung für den Transport ins Kranken-
Maßnahmen haus, bevor nicht Atmung und Kreislauf stabilisiert sind.
2. Alle schweren Fälle
müssen während des Transports
unter
ärztlicher Überwachung stehen.
3. Keine peripheren
Kreislaufmittel anstelle des Plas
maersatzpräparats geben!
Rechtsmedizinische
Aspekte —» 267 a.
Daunderer
498
Vergiftungen 267
267 o Waschmittel
Synonyma Tenside, Spülmittel („Pril"), Polster- oder Teppichreinigungsmittel, Fensterreinigungsmittel.
Definition Ingestion von Haushaltsmitteln, die Waschmittel ausschließ-
lich oder in Kombination enthalten.
Ätiopatho- Im Prinzip ungiftig, jedoch durch
Schleimhautreizung oder
genese Flüssigkeitszugabe
Brechreiz möglich, wodurch Schaumbla-
sen aspiriert werden können und zum toxischen Lungenödem führen können.
Symptomatik Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, später Durchfall, nach Erbrechen Lungenödem.
Differential- 1. Laugen-
oder Säurenverätzung (Schorf),
siehe
diagnose —»267nv
2. Lösungsmittel, siehe—»267e, Ausschluß durch Untersuchung des Urins (Giftnotruf befragen).
Soforttherapie 1. Erbrechen verhindern durch Lutschenlassen von Eisstückchen oder Bonbons, keine Flüssigkeitszufuhr. 2. Sofort Silikone (Sab simplex, Lefax) in großer Menge (Kinder 2 Kaffeelöffel, Erwachsene 2 Eßlöffel) oder besser Kohlesuspension trinken lassen.
Weitere Maß nahmen Über nächsten Giftnotruf Zusammensetzung des Mittels erfragen, um Laugen-, Sauren- oder Lösungsmittelbeimengung auszuschließen.
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